
Was hat zu dieser Entwicklung geführt? Es gibt nicht den einen Faktor, auf den man die Erfolgsgeschichte zurückführen könnte. Selbstverständlich spielen künstlerische Milieus eine Rolle, darunter die Straßenrap-Entwicklung um das Label Aggro Berlin und die Hamburger Schule. Aus letzterer ging die Band „Wir sind Helden“ hervor, die 2003 eine Art Auslöser für die sogenannte „neue neue deutsche Welle“ war. Kurz danach folgten Silbermond und Juli. Es war frische, anders klingende Musik von jungen Bands, mit pointierten Texten. Plötzlich wurde auch im Mainstream wieder deutsch gehört, es gab ein neues Selbstwertgefühl für die Heimatsprache, die auch eine Generationenfrage ist (mehr dazu unten).
Sicherlich haben aber auch die Medien zu dieser Entwicklung beigetragen, sie sind es, die Millionen Zuschauer und Hörer erreichen. Sie üben eine große Macht über das aus, was wir konsumieren. Wir listen vier Dinge auf, die zum Phänomen beigetragen haben – ohne Anspruch auf Vollständigkeit:

Er ist vielleicht der größte Förderer deutscher Musik in den letzten Jahrzehnten gewesen, und dieser Verdienst wird bei all den Lobesreden auf sein Schaffen gern vergessen. Schon in den 90ern war Raab als Produzent aktiv, 2000 trat er inmitten seines großen Erfolgs mit «TV Total» beim Grand Prix an. Es waren die Klamauk-Jahre, die die deutsche Musik nicht weitergebracht haben. Aber seinen zunehmenden Erfolg – und damit seine Macht im Sender – nutzte er später konsequent, um sich als Förderer ernsthafter deutscher Musik zu positionieren. Seine Castingshows («SSDSGPS» etc.) galten schnell als die besten in der Branche. Manche Künstler sind heute noch bekannte Namen im Geschäft, darunter Stefanie Heinzmann und Gregor Meyle. Damit haben Raabs Castingshows allen anderen in der Branche etwas voraus. Später wurde die Castingshow, in der die deutschen Teilnehmer für den «Eurovision Song Contest» gesucht wurden, in der Primetime des Ersten und von ProSieben gezeigt. Der größte Erfolg dann 2010, als Lena den Grand Prix gewann – eine beispiellose Erfolgsgeschichte.
Noch wichtiger für die Förderung deutscher Künstler war wohl der «Bundesvision Song Contest», der vielen jungen und unbekannten Bands die Chance auf der großen Bühne gab. Nicht nur in dem jährlichen Event selbst, sondern auch in den «TV Total»-Shows konnten sich die Musiker präsentieren. Die Teilnehmerliste liest sich heute wie ein Who’s Who der deutschen Musiklandschaft. Für viele war es damals aber der erste, manchmal der wichtige Schritt zum Erfolg.
Castingshows

Auf der nächsten Seite: 1Live, das Musikfernsehen und eine neue Haltung gegenüber der deutschen Sprache in der Musik
Es gibt 1 Kommentar zum Artikel
15.04.2016 19:59 Uhr 1