Die Idee
Jeden Montag um 18.15 Uhr spricht man zukünftig 60 Minuten lang über die Themen der vergangenen und anstehenden Fußballwoche. Somit verliert man zwar ein wenig an Aktualität zum vorangehenden Wochenende, gewinnt aber weitere Erkenntnisse über zum Beispiel die Sonntagsspiele, die man bei den Kollegen vom «Doppelpass» nie beleuchten kann.
Ziel ist es, „gemeinsame Themenschwerpunkte zu setzen und das Streitgespräch im Fußball auf eine neue Ebene zu bringen“. Mit einem Experten des Kicker und bis zu drei weiteren Studiogästen, die je nach Lage ausgewählt werden, wird man versuchen, relevante Themen „kontrovers, tiefgründig und leidenschaftlich“ zu diskutieren. So weit Theorie und Pressetext.
Der Host
Moderator der Sendung ist Fußball-Fachmann Marco Hagemann. Der 39-jährige gebürtige Gütersloher ist nicht nur ein ehemaliger Fußball- und Tennisspieler auf Amateurniveau und bekennender Sympathisant von Borussia Dortmund und des FC Liverpool, er ist den meisten vor allem als Moderator und Kommentator bei Sport 1 und Sky sowie neuerdings auch RTL und Spox.com bekannt.
Von Bundesliga über Europa League und Champions League bis hin zu Spielen der Nationalmannschaft und seiner Tätigkeit als Tenniskommentator aus Wimbledon (bis 2013) hat der sympathische Wahl-Münchener schon viel erlebt, was er nun sicher gewinnbringend in sein neues Tätigkeitsfeld einbringen kann. Hagemann ist durchaus schlagfertig, gewitzt und wird sicher den einen oder anderen Gast in Verlegenheit bringen können – eine durchaus potente Wahl seitens der Macher.
Abzuwarten wird hingegen sein, ob er auch zu einer Art Sendergesicht für Eurosport werden kann, oder ob er durch seine anderen, durchaus vielfältigen Beschäftigungsfelder auf diesem Sektor eher keinen Mehrwert für den Spartensender darstellt.
Die Gäste
Für die Premiere ließ man sich bei den Gästen der Show nicht lumpen und lud direkt drei Schwergewichte und meinungsstarke Macher der Szene ein. Oliver Kahn, ehemaliger Bayern- und Nationaltorwart und heutiger Experte für das ZDF gesellte sich zu den nicht auf den Mund gefallenen Trainern Christoph Daum und Felix Magath. Daum ist seit seiner Entlassung bei Bursaspor vor zwei Jahren nicht mehr in Amt und Würden aufgetaucht. Magath führte zuletzt Fulham in die zweite englische Liga und nicht wieder zurück nach oben (vor seiner Entlassung setzte es zum Start einen Punkt aus sieben Spielen) - auch das ist bereits zwei Jahre her. Beide Coaches im Wartestand brennen sicher auf neue Herausforderungen und sind ohnehin immer für den einen oder anderen Spruch gut. Dazu gesellte sich mit Kicker-Chefreporter Karlheinz Wild ein eher ausgeglichener, sachlicher Charakter. Ein guter Mix.
Dass es zum Auftakt um den FC Bayern, das morgige Champions-League-Rückspiel gegen Atletico Madrid und den scheidenden Pep Guardiola ging, war dabei sicher Kalkül. Erstens setzte man damit natürlich auf eine breite Masse an Fans und Interessierten und stochert nicht in einem Nischenthema herum, andererseits bot man Ex-Bayern-Trainer Magath, Ex-Bayern-Torwart Kahn und (Ex-)Bayern-Intimfeind Daum hier durchaus guten Nährboden für markige Worte.
Das Setting
Was den Ort des Geschehens angeht, entschied man sich für ein gemütliches, aber noch schlichtes Ambiente. Warme Farben (mit Bezug zu Eurosport und Kicker), klare Formen, die Logos der beteiligten Marken, im Hintergrund auflockernde Monitore und mittendrin ein langer Tresen für Karlheinz Wild und die drei Gäste, der durchaus an den Expertentisch der Kollegen von Sky erinnerte. Ein Best of bekannter Formate und durchaus auf Nummer sicher gegangen.
Erster Eindruck
Nach einem kurzen, modernen Intro ging es dann direkt los. Erfreulicherweise entschied man sich für ein kleines Studiopublikum und vermied so ein zu statisches Ambiente. Zuerst ließ man Hagemann nach einem kurzen Eröffnungsmonolog einige Kernaussagen der Gäste zitieren - ähnlich dem «Doppelpass». Sicher kein schlechter Einstieg, wenn auch ein wenig abgenutzt.
Dann galt es: Hagemann eröffnete das Thema und ließ jeden Gast noch eine Art Eröffnungsplädoyer zu einer vorgefertigten Frage abgeben. Danach folgte ein erster Einspieler - weitere sollten folgen. Fünfzehn Minuten dauerte es, bis Felix Magath den ersten Lacher landete und die Stimmung zumindest ein wenig aufbrach. Doch änderte sich in der erste Hälfte und bis nach der ersten Werbeinsel wenig am Gesamtflow. Keine Interaktion am Tresen, nur ruhige Antworten auf Stichworte von Hagemann.
Das veränderte sich zumindest in der zweiten Hälfte ein wenig: Hier sorgten der engagierte Guardiola-Kritiker Wild und auch der immer ein wenig patzig-laute Magath für etwas mehr Feuer. Die Sachlichkeit des Olli Kahn und ein oft entspannter Daum ließen diese jedoch auch immer wieder ins Leere laufen. Und im "Notfall" sprang Marco Hagemann mit einem Einspieler, einer neuen Frage oder einer Statistik ein. Verbesserungswürdig. Auch das als "hochemotional" angekündigte Thema zur angeblich mangelnden Kommunikationsfähigkeit des Pep Guardiola verpuffte viel zu schnell - die vorgefertigten Zitate von Ottmar Hitzfeld, Mario Mandzukic und Zlatan Ibrahimovic fielen bei den vier Gästen als zu manipulativ durch. Zurecht. Somit landete man nach einem kurzen Peak in der Mitte der Stunde gen Ende doch wieder beim reinen Abfragen von Statements. Als Randnotiz und zur Vervollständigung kann man noch anmerken, dass weder das Studiopublikum zu Wort kam, noch die sozialen Medien Verwendung fanden. Hier liegt vielleicht noch Potential.
Am Ende hatte das Publikum somit viele Meinungsbekundungen gehört, das meiste davon blieb jedoch unreflektiert im Raum stehen. Das Konzept ist dabei durchaus wohlgemeint, läd aber vermutlich auch zukünftig stark zur Selbstdarstellung der Gäste ein und eher weniger zu den angekündigten und gewünschten kontroversen Diskussionen. Spannende Beobachtung am Rande: So souverän (wenn auch zurückhaltend) Marco Hagemann agierte, so sehr war eigentlich Oliver Kahn im Verlauf der Show das Herz der Runde. Man wird sehen, wie sich dieser Aspekt mit wechselnden Gästen zukünftig entwickelt.
Fazit
Das war sie, die erste Stunde «Kicker.tv - Der Talk». Die Machart ist solide, der Moderator gut vorbereitet wenn auch stark am Konzeptpapier orientiert. Die Gäste wirkten gerade für die doch explosive Zusammenstellung fast ein wenig brav und zahm. Der Ablauf zeigte einen gewissen Hang zur Statik und ließ letztlich noch zu wenig Freiraum für wirkliche Diskussionen oder Wortgefechte. In dieser Form ist die Sendung zwar eine Kombination gelungener Zutaten, aber in letzter Konsequenz weder Fisch noch Fleisch. Für Fans des «Doppelpass» vermutlich zu leise, für «Sky90»-Freunde fast überflüssig - weil eventuell zu ähnlich. Doch vielleicht gibt es ja genau dazwischen ein Zielpublikum für dieses eher gediegene Frage-und-Antwort-Spiel. Die Zeit wird es zeigen - lassen wir das Format einfach mal in Ruhe reifen.
Die 60-minütige Fußball-Talkshow wird ab dem 2. Mai auf dem regelmäßigen Sendeplatz am Montagabend um 18.15 Uhr live bei Eurosport 1 im Free-TV ausgestrahlt und zudem parallel auf kicker.de und eurosport.de im Livestream übertragen. Eine Wiederholung der Sendung ist um 22.15 Uhr im TV zu sehen.
Es gibt 4 Kommentare zum Artikel
02.05.2016 19:42 Uhr 1
Beginnt doch die ARD um 18 Uhr mit ihrem Vorabendquiz und das ZDF mit seinen SOKOs!
Die Zuschauermengen, die diese beiden ziehen, sind ja allgemein bekannt.
In diesen Kreisen würde sich aber am ehesten Publikum für den Fußball-Talk finden lassen.
02.05.2016 22:55 Uhr 2
Auch die Ein-Themen-Ausrichtung finde ich gut... da kann man gut in die Tiefe gehen, was beim Dopa ja teils nicht der Fall ist, wo obendrein der Moderator auch kein allzuguter trotz gutem Wortwitz ist. Ich bin mal gespannt, welche Gäste da sich so blicken lassen... es bleibt spannend; der Starttermin ausgerechnet jetzt werte ich eher als Zeichen an die DFL, wirklich Interesse an der BuLi zu haben denn dem Grund, dass es gerade einfach passte... Sollte man die BuLi-Rechte in irgendeiner Form bekommen, sollte man den Talk an diesen koppeln... ich glaube ja immer noch, dass sie das ein oder andere Live-Spiel bekommen...
03.05.2016 09:10 Uhr 3
03.05.2016 12:00 Uhr 4