Filmfacts: «Victor Frankenstein - Genie und Wahnsinn»
- Kinostart: 12. Mai 2016
- Genre: Horror/Drama
- FSK: 16
- Laufzeit: 110 Min.
- Kamera: Fabian Wagner
- Musik: Craig Armstrong
- Buch: Max Landis
- Regie: Paul McGuigan
- Darsteller: Daniel Radcliffe, James McAvoy, Jessica Brown Findlay, Bronson Webb, Daniel Mays, Spencer Wilding
- OT: Victor Frankenstein (USA 2015)
Damit ist ein dramaturgisch andersartiger Ansatz gegeben, der der melancholischen Vorlage tatsächlich überraschend nah kommt. Doch die anfangs so stimmig in Szene gesetzten Kulissen, einhergehend mit einem mehr dramatischen denn gruseligen Tonfall, beißen sich schließlich mit dem, was Regisseur Paul McGuigan («Sherlock») in der zweiten Hälfte aus seinem Film macht: ein CGI-überfrachtetes Actiongewitter, das die Atmosphäre vom Anfang – im wahrsten Sinne des Wortes – mit Blitz und Donner zunichte macht.
Wer war eigentlich Igor?
Der radikale Wissenschaftler Victor Frankenstein (James McAvoy) und sein ebenso brillanter Schützling Igor Strausman (Daniel Radcliffe) teilen eine noble Vision: Durch ihre bahnbrechenden Forschungen wollen sie der Menschheit zur Unsterblichkeit verhelfen. Aber Victors Experiment geht zu weit und seine Obsession hat grauenvolle Konsequenzen. Nur Igor kann seinen Freund am Rande des Wahnsinns erreichen und ihn vor seiner monströsen Kreation retten.
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Beziehungsweise zuzuhören, denn sobald sich Victor und Igor ihren irrwitzigen Vorstellungen von der menschlichen Sterblichkeit hingeben, erweist sich «Victor Frankenstein» auch auf der dramaturgischen Ebene als äußerst gelungen. Wenn Victor seinem Zögling davon berichtet, dass er eine Kreatur aus toten Einzelteilen wieder zum Leben erwecken möchte, dafür aber zwei Herzen, zwei Lungen und einen Torso aus wesentlich mehr Knochen denn normalerweise benutzen möchte, dann entsteht der filmische Unterhaltungswert allein daraus, sich diese skurrilen Ideen selbst vorzustellen. Angereichert mit der Einblendung von Kreidezeichnungen beflügeln die Gespräche der beiden Protagonisten die morbide Fantasie des Zuschauers.
Viel Potenzial verschenkt
Leider ist es damit dann aber vorbei, sobald sich Victor und Igor auch an die Umsetzung ihrer Pläne wagen. Plötzlich weicht die bedrohliche Stimmung aus den wirren Fantasien der beiden Männer abstrusen Monstern aus der Hölle der Computertechnik, die für sich genommen zwar okay geraten sind, dem Ganzen aber fast vollständig den zu Beginn noch so betörend-realistischen Charme rauben. Das Gothik-Märchen wird zum CGI-Overkill und die Gespräche über das kranke Vorhaben der beiden Herren dadurch wesentlich interessanter als das Ergebnis derselben. So kommt, was kommen muss: Je weiter die Geschichte auf ihren insgesamt recht kurzweiligen 106 Minuten voranschreitet, desto mehr bekommt man den qualitativen Abfall von Dramaturgie und Inszenierung zu spüren. Fast scheint es so, als hätten hier zwei vollkommen unterschiedliche Visionen von der «Frankenstein»-Geschichte in einem einzigen Film Platz gefunden; irgendwann kann Paul McGuigan diese Gratwanderung aus Drama und Effektehorror aber nicht mehr stemmen. Spätestens aus der Zielgeraden verliert «Victor Frankenstein» folglich den letzten Rest an Atmosphäre und ist in seiner Effekthascherei einfach nur noch anstrengend und nervig. Und das ist gerade deshalb so schade, weil der Film nicht von vornherein jegliches Potenzial hat vermissen lassen, sondern einen Großteil der Trumpfkarten einfach schon innerhalb der ersten halben Stunde ausspielt.
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Fazit
«Victor Frankenstein» fährt das in der ersten halben Stunde dargebrachte Potenzial mit Schwung an die Wand, um Platz für ein halbherziges Effektegewitter zu machen. Am Ende bleibt ein nicht mal durchschnittliches Horrordrama übrig, das so viel mehr könnte.
«Victor Frankenstein - Genie und Wahnsinn» ist ab dem 12. Mai in den deutschen Kinos zu sehen.
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