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«CSI» - Langsamer Tod einer formelhaften Erfolgsgeschichte

von   |  7 Kommentare

Am Dienstag läuft die letzte Folge des Krimi-Dauerbrenners auch bei uns im Fernsehen. Wir haben uns gefragt, warum die Erfolgsformel so beliebt ist.

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Abweichungen von der Serienformel erhöhen den Nährwert


Formelhafte Serien bergen einen weiteren Nachteil, der zwar abstrakter erscheint als der ewige Wiederholungsfaktor, aber dennoch vorhanden ist: Bis auf ein paar vereinzelte Episoden, wird sich wohl kaum jemand in ein paar Jahren an eine spezifische Episode erinnern, als einer der gesichtsloseren Besetzungsmitglieder einem noch gesichtsloseren Kriminellen mittels einer elaborierten Kamerafahrt in das Innere eines Leichnams das Handwerk legte. So ist es nun einmal beim Fast Food: Der Nährwert tendiert gegen Null. Logisch, dass zumindest die Episoden, welche sich gegen diese formelhafte Diktatur wehrten, im Gedächtnis verhaften blieben:

In Anlehnung an den Film «Rashomon» des berühmten Regisseurs Akira Kurosawa, erzählt die neunte Episode der ersten Staffel «Über den Wolken» nicht von grenzenloser Freiheit, sondern von einem Mord an einem Passagier in der ersten Klasse eines Flugzeugs. Beim anschließenden Herleiten des Sachverhaltes und der Befragung, schildert jeder der 10 Zeugen den Fall aus seiner eigenen Perspektive. Die Helden in der Not sind natürlich kalte und nackte Fakten sowie die Wissenschaftler, welche die Ausgangssituation im Flugzeug nachspielen. Abgetrennte Finger und düstere Gestalten mit Hasenmasken prägen die 14. Episode der zweiten Staffel, «Ein schmutziges Spiel», die auch beweist, dass andere Castmitglieder neben der Hauptfigur Platz für Sternstunden finden. Ehemalige Stripperin und jetzige, geniale Kriminologin, Catherine Willows (Marg Helgenberger) darf hier als dreidimensionaler, emotional überzeugender und starker Charakter hervorstechen.

«Der pelzige Rivale», Episode 5 der 4. Staffel, etablierte «O.C. California»-Darstellerin Melinda Clarke in ihrer wiederkehrenden Rolle als Dominatrix und Femme Fatale Lady Heather, die gleichzeitig Herausforderung und ewiges Faszinosum für Gil Grissom darstellte. Eine kontroverse Episode, einerseits weil die dort dargestellten „Plushies und Furries“ sich fehlrepräsentiert sahen, andererseits wegen Moralaposteln, denen ein Dorn in Auge war, dass solche sexuellen Praktiken überhaupt Thema einer populären Serie während der besten Sendezeit war. In der Doppelepisode «Grabesstille» am Ende der fünften Staffel vergrub Gastregisseur Quentin Tarantino den Ermittler Nick Stokes (George Eads) bei lebendigen Leibe und versorgte die Zuschauer mit neuem Alptraumfutter. Tarantino drückte der Episode seine üblichen Stempel und Tarantinoisms auf, die auch charakteristisch für seine Filme sind: lange ausschweifende Dialoge, die augenscheinlich nichts mit der eigentlichen Handlung zu tun haben, aber dennoch Figuren mehr Tiefe verleihen sowie gleichzeitig und ganz postmodern das Showkonzept unterwandern.

«CSI: Die Spieler auf der Spur» (8. Staffel, 8. Episode) gönnt den Hauptakteuren eine wohlverdiente Pause und beschäftigt sich mit den Helden aus der zweiten Reihe. Bei diesen handelt es sich um noch verkopftere Nerds als die sowieso schon verkopften Wissenschaftler, die noch nicht einmal aktiv im Einsatzfeld unterwegs sind, sondern sich lieber im heimischen Labor mit Gedankenspielen und Fantasiemorden beschäftigen. Die Episode ist mit ihrer verqueren Perspektive und Sicht der Nebencharaktere auf die Hauptfiguren hauptsächlich auf den komödiantischen Effekt ausgelegt.

Zeit, den Fall abzuschließen


Steckbrief

Stefan Turiak ist als Redakteur bei Quotenmeter zuständig für Quoten-Analysen, Rezensionen & Schwerpunkte. Er ist außerdem freier Mitarbeiter bei Widescreen und Triggerfish sowie Fachmann in Sachen internationaler Film.
Vielleicht wäre es - und ist es wahrscheinlich auch - an diesem Punkt redundant, noch mehr Episoden aufzuzählen, und vielleicht hat auch jeder Leser dieses Artikels und Fan der Serie sein eigenes, persönliches Highlight. Möglicherweise hat das «CSI»-Franchise zu lange überlebt oder es nimmt genau zum richtigen Zeitpunkt seinen Abschied. Nur leider hat das noch niemand «CSI-Cyber» mitgeteilt. Es wird sich zeigen, ob der letzte Ableger zu neuen Höhen finden und dem altem Konzept noch ein paar Innovationsspritzen verabreichen kann - bis jetzt sieht es allerdings nicht danach aus. Der Ausstieg von Ted Danson, der Patricia Arquette kurzzeitig zur Hand ging, verheißt jedenfalls nichts Gutes.

«CSI» kündigte zur Jahrtausendwende mit seinen Titeltracks von The Who und seinen Kameraspielereien seine eigene Coolness mit den Holzhammer an. Die klischeehaften Dialoge und die Fetischisierung der Kamera von Leichnamen machte es zu dem, was in der Fiktion allgemein hin als „Pulp“ bezeichnet wird. Dies hin und wieder zu genießen und gleich wieder zu vergessen ist keine Schande. Allerdings ist dringend an der Zeit für etwas Abwechslung.

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Es gibt 7 Kommentare zum Artikel
Nr27
10.05.2016 18:57 Uhr 1
Wegen mir hätte "CSI" gerne noch ein paar Jahre länger laufen können, gerade weil es das Las Vegas-Team im Gegensatz zu den Miami-Kollegen auch in den späteren Staffeln und mit stark verändertem Cast fast immer geschafft hat, gute Unterhaltung mit sympathischen Protagonisten abzuliefern. Klar, die Fälle wurden in den späteren Staffeln zwangsläufig unrealistischer (um das zu vermeiden, hätte man mit noch mehr Wiederholungen altbekannter Muster langweilen müssen), aber Spaß gemacht haben mir die meisten Folgen, zumal man konsequent auf eine Abwechslung zwischen ernsten, humorigen und dramatischen Episoden geachtet hat. Kurzum: Ich werde "CSI" vermissen ...
Sentinel2003
10.05.2016 22:10 Uhr 2


Vor allem Denson, Shue und Harnois haben Mir sofort gefallen!!



Ich hätte diese 3 gerne noch in einigen Folgen mehr gesehen!!
tommy.sträubchen
11.05.2016 08:53 Uhr 3
Hab das Finale von CSI gesehen und fühlte mich sofort wieder an die besten Zeiten erinnert. William Peterson ist einfach der Boss vom CSI ( auch wenn die Synchronisation etwas ungewöhnlich war).Hab ab Staffel 11 nur noch selten reingeschaut. Ich will nicht sagen das die neuen Figuren schlecht waren aber es fehlte einfach was.Die Quoten wären so oder so mal zurückgegangen das ist bei der Laufzeit klar. Ich werds aufjeden Fall auch vermissen.
Kunstbanause
11.05.2016 10:41 Uhr 4
Tut mir leid, aber auch wenn die neuen Charaktere allesamt cool waren, war mir das spätestens ab der zweiten Danson-Staffel zu ausgelutscht. Immer das Gleiche, nur anders. Die Charaktere in ihren Kischees gefangen. Das Strickmuster der Folgen hat kaum variiert. Und so wurde CSI: Vegas irgendwann zum Abziehbild seines selbst. Ein Grund, weshalb ich dann irgendwann ausgestiegen bin - sporadisches Reinschauen hat meine Meinung dann zementiert.
Sentinel2003
12.05.2016 21:53 Uhr 5
Und gerade wegen Denson, Shue und Harnois hat CSI nochmals frischen Wind erhalten!!
Sentinel2003
20.12.2018 09:13 Uhr 6
Tja, vielleicht erlebt ja diese Serie auch nochmal ein Reboot in einigen Jahren...??
Kunstbanause
20.12.2018 23:21 Uhr 7
Man muss den halbtot gerittenen Gaul nicht extra noch mal aus dem Stall holen.

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