Cast & Crew
Vor der Kamera:Senta Berger («Kir Royal») als Betty, Günther Maria Halmer («Ein Drilling kommt selten allein») als Peter, Anja Kling («Wo ist Fred?») als Simone, Anna Fischer («liebeskind») als Liv, Nicholas Ofczarek («Falco – Verdammt wir leben noch!») als Alexander, Max Hemmersdorfer als Adam, Antonia Gerke als Sybille, Thomas Huber («Lindenstraße») als Friedrich, Michael Wittenborn als Leo, Maren Kroymann («Oh Gott, Herr Pfarrer») als Jutta und Neithardt Riedel als Herr Reinhard
Hinter den Kulissen:
Regie: Connie Walther, Buch: Sophia Krapoth, Horst Sczerba und Connie Walther, Musik: Rainer Oleak, Kamera: Birgit Gudjonsdottir, Schnitt: Sabine Brose, Produktion: Real Film Berlin
Ohnehin ist es die Familie, um die es vielmehr geht als ums Heiraten. Da wäre die jüngste Tochter Liv, die mit ihrem idealistisch-wunderschönen Veganerfreund Adam ein eigenes Restaurant betreibt, wobei Peter und Betty kulinarisch so weit von ihr entfernt sind, wie das Saarland von Popkultur. Nicht nur deswegen machen beide auf der Eröffnungsfeier der Lokalität den polnischen Abgang und kommen sich dabei unheimlich rebellisch vor. In Anbetracht der Ereignisse des Abends allerdings ist es retrospektiv betrachtet wohl sogar besser, sich schnell vom Acker zu machen: Livs Schwester Simone nämlich fällt in einem Anfall von Wahnsinn kombiniert mit einem zufälligen gemeinsamen Aufenthalt in einem abgeschlossenen Raum über Adam her und rutscht über ihn wie der Pinguin über die Eisscholle. Und sie hat Glück: Obwohl es mit ihrem Ehegatten jahrelang nicht geklappt hat und der Geschlechtsverkehr zwischen dem Paar aus Gründen der Zeitersparnis in der Zwischenzeit ganz eingestellt wurde, reicht ein einziger Samenerguss Adams schon zum Touchdown: Yes, Simone ist schwanger. Ein Dutzend vollurinierter Teststreifen können nicht lügen und so dekoriert am Tag der Hochzeit ein Dezenter Haufen Erbrochenes Simones eigenen Autoreifen. Auch eine Art Design.
Steckbrief
Frederic Servatius schreibt seit 2013 für Quotenmeter. Dabei ist er zuständig für Rezensionen und Schwerpunktthemen. Wenn er nicht für unser Magazin aktiv ist, arbeitet er im Verlag der Frankfurter Allgemeinen Zeitung oder schreibt an seinem Blog. Immer wieder könnt Ihr Frederic auch bei Quotenmeter.FM hören. Bei Twitter ist er als @FredericSrvts zu finden.«Die Hochzeit meiner Eltern» – Eine Komödie?
Nun hat das ZDF den Film als Komödie deklariert. Weil einem das beim Konsum des Films aber nicht sofort ins Auge fällt, lohnt der Blick in eine bekannte Online-Enzyklopädie. Die definiert eine Komödie als Drama mit erheiterndem Handlungsverlauf. Und tatsächlich: Von Konfliktbildung über Klimax bis zum Abbau ist die Spannungskurve wie im Deutschbuch aufgezogen. Wirklich erheiternd allerdings wird es nur in wenigen Momenten. Klar, die Produktion setzt nicht auf ein Gagfeuerwerk sondern versucht es eher subtil. Dabei aber bleibt auch der Erfolg eher auf der Strecke.
Gelegentlich wird es aber doch amüsant, beispielsweise wenn die fremd-schwangere Simone in ihrem Pfarrers-Haushalt gezeigt wird, ihr Mann die Kreuze in der Küche auswechselt und sich freut, wie gut die Termine heute liefen: „Fünf Beerdigungen, zack, alle pünktlich“, prahlt er dann und sieht eine Frau die kaum unglücklicher sein könnte, dass ihr Gatte schnell wieder daheim ist. Darum zeigt sie auch Nervosität und verspricht sich harsch, als sie im normalen Gespräch mit Anspielung auf die Schwangerschaft das Wort „wegmachen“ fallen lässt und dabei eigentlich „weglassen“ meint.
Zwischen Spießigkeit und Rebellentum
Weniger pointiert ist es da schon, wenn Liv ein T-Shirt mit dem äußerst kreativen Aufdruck „I’m a vegan pussy“ zur Schau stellt und ihre Eltern erwartungsgemäß eher irritiert sind. Immerhin: Sie verstehen die Message. Toll, Oma und Opa können Englisch. Dass die eigentlich so gar nicht spießige Familie im Folgenden ein Rede-Glöckchen in der Küche stehen hat, das nur erklingen darf, wenn etwas Wichtiges zu sagen ist, passt da so gar nicht in die Ideen des Films und macht auch im Nachgang betrachtet nur wenig Sinn. Vielleicht aber soll das zeigen, wie der Schein in der Familie gewahrt werden soll. Doch dass Peter im nächsten Moment vom Rebellentum seiner Jugend spricht, will dann nicht wirklich eingehen.
Doch man muss den Film eben als das betrachten was er ist: Das Portrait einer Familie, bei der viel drunter und drüber geht und bei der am Ende doch zumindest eine gewisse Geschlossenheit steht. Das macht sich im Finale bemerkbar, ohnehin aber durchweg bei den Charakteren die miteinander harmonieren, selbst wenn sie nicht immer auf den Punkt spielen. Gerade der sonst oft derb-großartige Nicholas Ofczarek allerdings überzeugt mit einem leicht sensibleren Spiel besonders, obschon er zu selten sichtbar ist und seine Rolle zu klein gehalten wird. Im Hintergrund verharrt dabei der dezente Score, der oft stumm bleibt, wenn er aber hörbar ist meist treffend die Sequenzen umspielt. Viel mehr allerdings gewinnt die Produktion durch liebevolle Details wie die GoPro auf den Köpfen der Enkelkinder von Peter und Betty, die den Blick auf das Schöne stets in rotstichigen Bildern beibehält und die Sicht der Kleinen auf Alle überträgt. Das darin letztlich auch der Finale Schlüssel liegt ist erwartbar aber nicht verheerend.
Und so ist es letztlich ein interessantes, nicht immer konsistentes und gerade deshalb realistisches Familienkonstrukt, das «Die Hochzeit meiner Eltern» darzustellen versucht. Zu oft rutscht die Produktion dabei ins Klischee ab, beispielsweise wenn die Vegan-Regierung und die Fleisch-Opposition aufeinanderprassen. Doch hinterfragt man sich selbst, dann kennt vermutlich jeder eine Familie, die ähnlich chaotisch ist und bei der Konflikte vergleichbar ausbrechen. Sicherlich, die Darstellung ist überspitzt, wie soll es in einer tragischen Halbkomödie auch anders sein. Das aber stört weniger als die viel zu offensichtliche Entwicklung hin zur Eskalation. Um dann noch überragend zu sein, reicht ein ordentlich harmonierendes Ensemble kaum. Doch immerhin ist die Konstellation nicht uninteressant: Für den Zuschauer nämlich gibt es eine Familie wie ein Brotmesser zu sehen: Nicht gedacht um jemanden zu verletzen, aber ein falsch gesetzter Stich tut halt doch verdammt weh.
«Die Hochzeit meiner Eltern» läuft am Donnerstag, 12. Mai um 20.15 Uhr im ZDF.
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