Eine Serie, die mit den bisherigen Erfolgsformeln bricht, ist die Sky-Koproduktion «Gomorrha». Das bedeutet aber nicht, dass die Serie Handlung und Darstellung ihrer Charaktere vernachlässigt. «Gomorrha» arbeitet hingegen mehr mit der klassischen Erzählung des jungen Helden und seinem Aufstieg und fällt vor allen Dingen durch ihr besonderes Setting auf. Denn «Gomorrha» ist nicht im Mafia-typischen Umfeld von New York, Boston oder Chicago angesiedelt, sondern verlagert die Handlung in die alte Heimat nach Neapel in Italien.
Die Handlung
In der ersten Staffel zeichnete sich Ciro (Marco D’Amore) als überaus loyale rechte Hand des Paten Pietro Savastano (Fortunato Cerlino) aus. Gemeinsam kämpften die beiden und ihr Klan um die Vorherrschaft in Neapel und Umgebung. Um ein Statement gegenüber dem rivalisierenden Conte-Klan zu setzen, forderte Savastano sein Protegé jedoch dazu auf, gegen eigene Gefolgsleute gewaltsam vorzugehen, was schließlich zum Bruch zwischen beiden führte.
Nachdem jedoch Savastano zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt wurde, entstand innerhalb des Klans ein Machtvakuum, welches Ciro für sich nutzen wollte. Zu allen Querelen rund um den internen und externen Machtkampf, musste er sich auch noch um Savastanos Frau und dessen Sohn kümmern. Durch einen Pakt mit seinem größten Feind versuchte sich Ciro an die Spitze zu kämpfen, doch plötzlich stand sein Mentor wieder auf der Matte.
Die zweite Staffel setzt unmittelbar nach dem Ende der zwölf Episoden der ersten Staffel an und wartet erneut mit zwölf Folgen auf. Pietro Savastano gelang die Flucht und nun möchte er seinen vakantierten Posten als Oberhaupt des Klans zurück und seinen Ruf sowie den seiner Vereinigung wiederherstellen. Denn vor seiner Inhaftierung zählte sein Teil des organisierten Verbrechens zum Mächtigsten, was die italienische Camorra zu bieten hatte.
Nun teilen sein früherer Schützling und sein größter Feind sein einstiges Territorium untereinander auf und sein Sohn ist nach einem Hinterhalt lebensgefährlich verletzt. Der Verrat Ciros wiegt schwer und eine Rückkehr an die Spitze des Klans ist kaum noch möglich. Gleichzeitig entwickelt sich ein dritter Block, der ebenfalls nach der Macht in und um Neapel strebt.
Der Hintergrund
«Gomorrha» zählt zu den größten Projekten der italienischen Film- und TV-Landschaft der vergangenen Jahre. Bereits im Jahr 2006 veröffentlichte der italienische Autor Roberto Saviano den gleichnamigen Roman, in dem er über die Hintergründe der neapolitanischen Mafia berichtete. Das Buch entwickelte sich zu einem Bestseller und veränderte das Leben des Autoren grundlegend. Doch nicht in der klassischen „Vom Tellerwäscher zum Millionär“-Thematik wie bei «Harry Potter»-Autorin Joan K. Rowling, die zu einer der wohlhabendsten Engländerinnen aufstieg, sondern in einer überaus negativen Art und Weise.
Saviano wurde nach der Veröffentlichung mehrfach bedroht, so dass er und seine Familie sich gänzlich aus der Öffentlichkeit zurückzogen und inzwischen an einem geheimen Ort leben. Die Familie befindet sich unter permanentem Polizeischutz. Gegenüber der Zeitung Die Welt sagte Saviano: „Dieses Buch hat mein Leben zerstört. Es ist wichtig zu berichten, keine Angst zu zeigen, sich nicht zum Schweigen bringen zu lassen. Aber genauso wichtig ist es, seine Straße zum Glück zu verteidigen.“
Zwei Jahre nach Erscheinen des Romans drehte Regisseur Matteo Garrone den Spielfilm «Gomorrha – Reise in das Reich der Camorra», der auf dem Savianos Roman basierte. Der Streifen entwickelte sich zu einem Erfolg für das italienische Kino und gewann bei den Filmfestspielen von Cannes den Großen Preis der Jury.
Nach dem Erfolg des Buches sowie des Films vergingen einige Jahre, ehe sich Sky Italia die Rechte an einer Serienadaption sicherte. Im Heimatland begannen die Dreharbeiten zu den zwölf Episoden der ersten Staffel unter heftigem Protest der Politik im Jahre 2013. Bürgermeister einiger Stadtteile Neapels sowie der umliegenden Gegenden versuchten sich gegen die Produktion zur Wehr zu setzen. Sie hatten Vorbehalte, dass ihre Gegend mit der Mafia assoziiert werden könnte, was schlecht für die lokale Wirtschaft, den Tourismus und das Image sei. Nichtsdestotrotz ging die erste Staffel am 6. Mai 2014 erstmalig auf Sendung und fand fünf Monate später auch ihren Weg ins deutsche Fernsehen. Zur zweiten Staffel gab es erneut Proteste der lokalen Politik gegen die Produktion.
Die Kritik
Die erste Staffel von «Gomorrha» erzeugte international ein überwiegend sehr positives Echo. Ursula Scheer von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung fasste zusammen: „In «Gomorrha - Die Serie» ist kein Platz für Mafia-Romantik, keiner für die Lust an der ästhetisch inszenierten Grausamkeit, keiner für Naherholungsgebiete in Form romantischer Nebenhandlungen und auch nicht für heroische Auflehnung. Der federführende Regisseur Stefano Sollima («Romanzo Criminale») inszeniert ein Panorama des Bösen, das zum Besten und Suggestivsten gehört, was es zurzeit im Fernsehen zu sehen gibt. Den Vergleich mit dem«Gomorrha»-Film muss die Gemeinschaftsproduktion von Sky Italia, Cattleya, La 7 und Beta Film ebenso wenig scheuen wie den mit der HBO-Serie «The Sopranos».“
Quotenmeter.de-Redakteur Sidney Schering veröffentlichte im Oktober 2014 eine umfangreiche Kritik zur ersten Runde und urteilte dabei: „Dennoch ist dieses Projekt ein echtes Serienhighlight, das beweist, was auf dem europäischen Fictionmarkt möglich ist. Starke Bilder, faszinierende Figuren und eine dichte Atmosphäre machen «Gomorrha» zu einer klaren Einschaltempfehlung für alle Anhänger guter Ganovensagen.“
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10.05.2016 13:34 Uhr 1