Chelsea Handlers Karriere
- 2004: Auftritte als Comedienne im TV
- 2006: Sketch-Show «The Chelsea Handler Show», Korrespondentin der «Tonight Show»
- 2007-2014: Late-Night «Chelsea Lately»
- 2011-2013: Mockumentary «After Lately»
- 2012: Sitcom «Are You There, Chelsea?»
- 2016: Doku «Chelsea Does», Late-Night «Chelsea»
Dass man sich nun bei Netflix unterhält und nicht bei irgendeinem Sender, macht «Chelsea» von Anfang an deutlich, womit wir wieder bei der Revolution wären, bei den großspurigen Ankündigungen. Gleich mehrmals dankt sie ihrem neuen Arbeitgeber, und sie macht deutlich, dass uns Zuschauer nicht die typische Talkshow erwartet. Sondern die Show, die Handler schon immer machen wollte. Stichwort Kreativität, anders, nonkonformistisch. Wie gesagt: Die großen Worte müssen skeptisch gesehen werden bei den digitalen Mediengiganten wie Google, Apple, Facebook – oder eben auch Netflix. Oft genug wurden Revolutionen versprochen und Revolutiönchen geliefert. Das weiß man selbstverständlich auch bei «Chelsea»: Gleich mehrmals macht man sich auch über den Streaming-Giganten lustig, über seine Algorithmen und das Netflix-„Gefühl“.
Worin sich «Chelsea» in den ersten Episoden einzig vom Late-Night-Mainstream unterscheidet, ist in der expliziten Sprache und der Freiheit der Themenwahl. In der zweiten Show fragt Handler ihr Studiopublikum danach, wer Schlafmittel konsumiert. Die erste Antwort aus der Menge: „Ich nehme Melatonin.“ Die Moderatorin schlagfertig: „Go fuck yourself, das ist nicht einmal eine richtige Droge.“ Und kommt auf die Vorzüge von Cannabis zu sprechen. Nur wenige Minuten später diskutiert sie mit Gwyneth Paltrow über Gleitmittel beim Sex. Früh zeigt man: Wir dürfen Alles hier bei Netflix, also machen wir’s auch.
Demgegenüber steht allerdings die typische Portion Talk und Late-Night: Es gibt eine schlichte Kulisse mit Sofa und Schreibtisch, es gibt zwei Talkgäste, es gibt komödiantische Einspieler. Und es gibt einen Monolog am Anfang, den Chelsea aber bewusst nicht als solchen bezeichnet – sondern als Erklärung. Ihre alte Show «Chelsea Lately» war eine Art Get Together der Showbiz-Branche, es ging um Gossip Talk und um Hollywoodgeflüster. Handlers neue Show – so zumindest verspricht sie es in ihrer „Erklärung“ – steht unter dem Motto „Lernen und Entdecken“. Zumindest in den ersten beiden Episoden hält sie dieses Versprechen ein: Sie besucht Mexiko und dreht dort für eine Telenovela, ohne ein Wort spanisch fließend sprechen zu können (ein komödiantisches Highlight!). Ein ironischer Trailer der „Netflix University“ erklärt, wie man spielend einfach durch Netflix von zuhause aus schlau werden kann, ohne je eine Universität zu besuchen. Etwas ernsthafter wird der Talk mit Chris Anderson, dem Manager der berühmten TED Talks.
Es ist eine gute Mischung, die «Chelsea» hinbekommt. Vorrangig in der zweiten Folge. Die erste sollte man sich sparen, sie wirkt verkrampft und monoton. Neu erfunden hat man das Genre bisher keinesfalls, ungewöhnlich gewöhnlich wirkt die Show im Zeitalter der viralen Trends, die sich so viele andere Hosts wie Jimmy Kimmel oder Jimmy Fallon zu Eigen machen. Das muss nicht gleich schlecht sein. Denn unabhängig davon ist Chelsea Handler als Gastgeberin eine willkommene Abwechslung auf der Late-Night-Bühne: schlagkräftig, fluchend, böse. Am Ende wird der Erfolg davon abhängen, ob Chelsea gute Gespräche hinbekommt, für die es sich einzuschalten lohnt. Und ob ihre neue ehrliche und konsequentere Seite beim Publikum ankommt.
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