360 Grad

Auf in den Hobbykeller

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Horst Seehofer nahm Reinhold Beckmann für seine Reportage mit in den Hobbykeller zur Modelleisenbahn. Und das war nicht einmal boulevardesk.

Horst Seehofers Modelleisenbahn gilt als legendär: In seinem Wochenendhaus nahe Ingolstadt hat der bayerische Ministerpräsident, wie er sagt, „sein eigenes Leben“ nachgebaut, mit Miniaturzügen und –gleisen, Spanplatten und einem digitalen Steuerungspult. Alles selber verlegt, geschreinert und verkabelt, größtenteils selbst programmiert. Eine Exzentrizität des in der Öffentlichkeit eher grobschlächtig-populistischen Politikers, die man sich gerne (journalistisch innovativ aufbereitet) erzählen lässt.

Zum Beispiel in einem Text von René Pfister, in dem er Seehofers Hobbykeller detailliert beschrieb, ohne ihn je gesehen zu haben. Als das bekannt wurde, war er den Henri-Nannen-Preis wieder los, den er für seinen Beitrag erhalten hatte.

Oder in einem kurzen Gespräch von Michael Glos, als der Gast in der ZDFneo-Talk-Show von Benjamin von Stuckrad-Barre war, und kurz analysierte, wie gut man sich das vorstellen kann und wie das zu der Person Seehofer passt, dass der nach Dienstschluss die Weichen stellt und die Miniaturzüge kommandiert.

Am Dienstagabend hat uns nun Reinhold #Beckmann mit in den Hobbykeller genommen. Mit Seehofer himself. Und Rüdiger Grube, dem Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bahn AG, gewissermaßen als Sachverständiger.

Die Beschäftigung mit Seehofers legendärer Modelleisenbahn könnte nun freilich boulevardesk wirken – gerade in einem journalistischen Portrait, wie diese Ausgabe von «#Beckmann» angelegt war. Doch die Analyse und Darstellung der leicht exzentrischen Freizeitgestaltung des bayerischen Ministerpräsidenten ist keine plumpe Menschelei, sondern entspricht eher der intellektuellen Faszination einer Stuckrad-Barre-Reportage: Es geht nicht darum, hinter eine Fassade zu blicken oder sie einzureisen, sondern erst einmal darum, die Fassade genau anzusehen. Seehofers Modelleisenbahn mag nun nicht seine Haltung in der Flüchtlingskrise oder sein absonderliches Verhältnis zu den Koalitionspartnern auf Bundesebene erklären. Aber es erlaubt einen Blick in das Umfeld, das er sich schafft, in das, was jemanden wie ihn fasziniert und einnimmt. Und das erklärt dann wahrscheinlich doch mehr, als man zunächst glauben mag.

Die Minuten, die #Beckmann zusammen mit Seehofer und Grube im Hobbykeller zeigten, waren vielleicht auch deshalb die gehaltvollsten der Reportage. Was wohlgemerkt weder zynisch noch negativ gemeint ist. Doch trotz einer journalistisch fundierten und dramaturgisch ansprechend strukturierten Analyse von Seehofers Dauersticheleien und den Rest des Landes hin und wieder befremdenden Politikstils waren die interessantesten Momente die, die Seehofer nicht in der künstlichen Situation eines Interviews zeigten, sondern am Steuerpult der heimischen Modelleisenbahn.

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