Filmfacts «The Nice Guys»
- Regie: Shane Black
- Produktion: Joel Silver
- Drehbuch: Shane Black, Anthony Bagarozzi
- Darsteller: Russell Crowe, Ryan Gosling, Angourie Rice, Matt Bomer, Margaret Qualley, Keith David, Kim Basinger
- Musik: David Buckley, John Ottman
- Kamera: Philippe Rousselot
- Schnitt: Joel Negron
- Laufzeit: 115 Minuten
- FSK: ab 16 Jahren
Wir schreiben das Jahr 1977. Los Angeles verliert allmählich seinen Status als Stadt voller Glanz und Glamour – der Smog verpestet die Luft und der legendäre Sunset Boulevard verwandelt sich Schritt für Schritt in einen Sündenpfuhl der Pornografie. In dieser Stadt, deren frühere Identität verblasst, schlägt sich Jackson Healy (Russell Crowe) als Mann fürs Grobe durch: Wer sich jemanden vom Leib halten will, heuert ihn an. Zur Not reicht auch ein kleines Trinkgeld. Jacksons Weg kreuzt sich eines Tages mit dem des abgehalfterten Privatdetektivs Holland March (Ryan Gosling), der sich allein um seine pubertierende Tochter Holly (Angourie Rice) kümmert und eine Flasche Alkohol nach der nächsten leert. Eingangs verfolgen Jackson und Holland unterschiedliche Ziele. Doch als die nicht-ganz-so-netten Jungs feststellen, dass eine als vermisst geltende, junge Frau namens Amelia (Margaret Qualley) im Mittelpunkt einer verworrenen, millionenschweren Verschwörung stehen könnte, machen sie sich auf, sie zu finden, ehe ihnen skrupellose Profikiller zuvorkommen …
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Der hier einen kugelrunden Bauch vor sich hertragende Oscar-Gewinner Crowe wiederum unterwandert als Jackson Healy die Erwartung, seine Figur sei sozusagen die Faust des Zweiergespanns. Auch wenn Healy knallhart auszuteilen vermag und in einer Rückblende fast schon psychopathisch wirkt, so legt ihn Crowe in der eigentlichen Handlung, aller Gewaltneigungen zum Trotz, überraschend kühl und mit großer Bauernschläue an. Wann immer er und Gosling im Doppel auftreten, schießen sie sich staubtrocken und mit zumeist stoischer Miene die spritzig-einfallsreichen Dialogwitze Blacks und seines Ko-Autors Anthony Bagarozzi um die Ohren. Dadurch, dass March und Healy ihre Wortgefechte nur selten als gezielte Witze präsentieren, ist «The Nice Guys» trotz der hohen Gagdichte keine persiflierende Hommage wie «Kiss Kiss, Bang Bang» geworden, sondern ein strikter Buddy-Actionkrimi – der halt bloß überhöht und in seiner Figureninteraktion etwas abstrus geraten ist.
Als ein solcher Retrokrimi krankt «The Nice Guys» allerdings an seinem zentralen Kriminalfall. Obwohl die Hintergründe von Amelias Verschwinden zunächst in einem Wust aus bruchstückhaften Informationen verborgen werden, klart sich zur Hälfte des Films bereits alles schlagartig auf – zumindest für das genreaffine Publikum, während die beiden Helden weiter im Dunkeln tappen. Dadurch, dass Black den Fall trotz pointierter Zusammenfassung aller denkbaren, typischen 70er-Elemente so nüchtern und ernst präsentiert, fällt die durch die sich laut ankündigende Lösung rapide abfallende Spannungskurve sehr negativ ins Gewicht.
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Während die ausdrucksarme Instrumentalmusik von David Buckley und John Ottman Probleme hat, 70er-Flair zu versprühen, besticht «The Nice Guys» auf visueller Ebene mit immensem Retrofeeling. Kameramann Philippe Rousselot hüllt die Szenen bei Tageslicht in sonnengegerbten Farben, während nachts nicht nur die Großstadlichter, sondern auch die kunterbunten Klamotten der Figuren leuchten. Am knalligsten strahlt aber die Farbe Rot, denn Black hält zu komischem Effekt voll drauf, wann immer seine Titelhelden zuschlagen oder ihre Waffen abfeuern – und somit Kollateralschäden verursachen. Dieser Blick über den Tellerrand der eigentlichen Handlung verleiht «The Nice Guys» einen kleinen Hauch der Selbstironie, der sonst nur in den frühreifen Kommentaren von Hollands Tochter Holly (vielversprechend: Angourie Rice) zu spüren ist.
Fazit: «Kiss Kiss, Bang Bang»-Fans könnte der nur geringe Schuss an Ironie enttäuschen, während Black Freunde des etwas bodenständigeren «Lethal Weapon»-Stils durch die extravagante Verpackung zu verlieren droht. Mit zwei engagierten Hauptdarstellern und raffinierten Dialogen ist «The Nice Guys» trotzdem eine unterhaltsame Sache geworden – auch wenn das in den Trailern suggerierte Tempo nie erreicht wird.
«The Nice Guys» ist ab dem 2. Juni 2016 in vielen deutschen Kinos zu sehen.
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