Welches Jahr?
«Renegade» wurde zwischen 1992 und 1997 produziert, wirkt aber wie von Mitte der 80er….
Wem zu verdanken?

Worum geht’s?
«A-Team» reloaded, dieses Mal allerdings mit nur einem super-kernigen Kerl im Mittelpunkt, nämlich dem ultra-toughen Biker-Cop Reno Raines. Der wird auf seinen korrupten Kollegen Buzzy Burrell aufmerksam, der in allerhand zappendustere Machenschaften verwickelt ist. Reno ist allerdings nicht nur unfassbar gut frisiert, sondern auch ein penibler Vertreter von Recht und Ordnung und will den schlimmen Finger vor Gericht zerren; da er genug Beweise hat, dürfte einer Verurteilung nichts im Wege stehen. Burrell ist aber nicht das eigentliche Übel, der Oberbösewicht ist Polizeichef Donald „Dutch“ Dixon. Der sorgt vor und lässt den verurteilten Mörder Hogg Adams aus dem Bau, als Gegenleistung soll er Raines abmurksen. Der Anschlag geht schief, Hogg erwischt nicht den eifrigen Gesetzeshüter, sondern dessen Verlobte. Reno hetzt mit ihr zum Krankenhaus, lässt aber seine Waffe am Tatort zurück. Als Burrell nachschaut, ob der Anschlag geglückt ist, wird er von Dixon mit Renos Waffe erschossen, was diesen natürlich schwer verdächtig macht.
Reno flieht, Dixon setzt den indianischen Kopfgeldjäger Bobby Sixkiller auf ihn an, doch der Flüchtige rettet seinem Jäger das Leben. Sixkiller dämmert nun so langsam, dass der angebliche Mörder eigentlich zu den Superguten gehört und arbeitet fortan mit ihm zusammen. Raines macht Straffällige dingfest, der Kopfgeldjäger übergibt sie der Behörde und kassiert die Belohnung, die dann brüderlich geteilt wird. Natürlich schwebt dabei immer die Gefahr einer Enttarnung und Verhaftung in der Luft, weswegen Raines sicherheitshalber eine neue Identität verpasst kriegt und sich fortan „Vincent Black“ nennt. Sein schon sehr hervorstechendes Aussehen wird aber nicht im Geringsten modifiziert und er fährt auch nach wie vor mit einem extrem auffälligen Motorrad durch die Gegend, aber hey, so waren sie nun mal, die unschuldigen TV-Serien der guten, alten Zeit….
Wer macht mit?
An dieser Stelle gleich mal ein Plädoyer für Hauptdarsteller Lorenzo Lamas. Der schöne Lorenzo wurde dank «Falcon Crest» (1981-1990) einem weltweiten Publikum bekannt, der Versuch mit «Body Rock» (1984) auf der großen Leinwand Fuß zu fassen, scheiterte allerdings erbärmlich, die goldene Himbeere war fällig, was rückblickend aber etwas unfair erscheint, denn Lamas schlägt sich durchaus wacker, vielmehr hat der Film so seine Probleme - es ist bezeichnend, dass Regisseur Marcelo Epstein nie wieder auf einen Kinofilm losgelassen wurde.

Natürlich, Lamas ist kein Schauspieltitan, aber er ist bei weitem nicht so schlecht, wie gerne kolportiert wird, in der deutschen Version von «Renegade» zieht ihn leider auch der ansonsten sehr geschätzte Synchronsprecher Ekkehardt Belle, dessen knarzendes, irgendwie „altes“ Organ zwar beispielsweise zum brummig-massigen Steven Seagal, aber irgendwie so gar nicht zum drahtig-jugendlichen Lamas passt, deutlich runter (die bei 80-Jahren-TV-Serien üblich schlechte Tonmischung ist noch ein weiteres Problem). Englischkundige sollten daher definitiv zur amerikanischen Originalversion greifen.
Das Besondere an Lamas ist aber: Mit seinen schulterlangen Haaren, seinem Motorrad, den Jeans, seinen Cowboystiefeln, der offenbar selbst von führenden Fachärzten nur mühselig in Griff zu kriegenden Allergie gegen Oberbekleidung (man kann Wetten abschließen, dass sein von Michelangelo gemeißelter Stahlkörper in jeder Episode auf irgendeine Weise unauffällig auffällig präsentiert wird) und seiner absolute Überlegenheit ausstrahlende Chef-Attitüde wirkt der Mann, als ob er auf einer komplett anderen Zeitachse wandelt. Lamas - der auch bei seinen zahlreichen Actionfilmauftritten bis zum Ende des Jahrzehnts keinen Millimeter von dieser Linie abweichen sollte - riecht nach Whisky, Bar-Schlägereien, Komplettverweigerung von Gartenarbeit und anderen häuslichen Kleinkram, Legionen an willigen Verehrerinnen und, wenn man die glänzende Geschmeidigkeit seiner Haare in Betracht zieht, nach einer besonders teueren Pflegespülung.
Das Schöne ist aber: Er weiß dieses Auftreten mit viel, immer leicht rotzigem Charme zu verkaufen, der Mann ist einfach eine Marke, ein Typ - er kann sich seine Art leisten, eben weil er es kann.
Wer ist noch zu sehen?
Weiterhin am Start ist der in den 80ern und frühen 90ern allgegenwärtige Branscombe Richmond in seiner wohl bekanntesten Rolle als witzelnder Sidekick Bobby Sixkiller (passend gesprochen von einer weiteren Synchro-Legende, Arne Elsholtz). Sixkillers Reines anschmachtende Schwester Cheyenne wird gespielt von Kathleen Kinmont, die zwischen 1989 und 1993 mit Lamas verheiratet war und sich hier vor allem durch sparsame Oberbekleidung auszeichnet (was somit ja auch wieder passt). Als Dauerbösewicht Dixon gibt sich Serienerfinder Stephen J. Cannell die Ehre und stellt mit seiner Darbietung eindrucksvoll unter Beweis, wieso er hinter der Kamera weitaus erfolgreicher war als vor.

Staubig oder frisch?
Natürlich ist da mittlerweile ordentlich Staub drübergerieselt, was vor allem an der typischen Cannell-Standardisierung liegt, sprich: Kennt man eine Episode, kennt man wirklich alle Serien aus seiner Werkstatt: Inhaltlich ist natürlich Flachland angesagt (auch wenn man eine gewisse, von Haus aus eingepflanzte Kurzweiligkeit nicht leugnen kann).

Endabrechnung:
Taugt nicht gerade zum Serienmarathon, ist aber wirklich immer gut für einen kurzen, entspannten Absacker.
RTL Nitro zeigte die Serie letztens, derzeit aber pausiert sie im deutschen Fernsehen.
Es gibt 1 Kommentar zum Artikel
07.06.2016 15:21 Uhr 1