Die Kritiker

«Tatort - Wir - Ihr - Sie»

von

Schwammige Motive und ein fahriger Erzählduktus. Alles bleibt vage - und damit ziemlich nichtssagend.

Cast & Crew

Vor der Kamera:
Meret Becker als Nina Rubin
Mark Waschke als Robert Karow
Emma Drogunova als Paula Zink
Cosima Henman als Louisa Müller
Valeria Eisenbart als Charlotte Buske
Valerie Koch als Birgit Hahne
Ursina Lardi als Christine Maihack

Hinter der Kamera:
Produktion: Ziegler Film
Drehbuch: Dagmar Gabler
Regie: Torsten C. Fischer
Kamera: Konstantin Kröning
Produzentin: Tanja Ziegler
Im Parkhaus eines Berliner Einkaufszentrums wird eine Frau totgefahren. Den Halter des Wagens haben Nina Rubin und Robert Karow schnell ausfindig gemacht – und das obwohl sie auch in „Wir – Ihr – Sie“, wie aus den bereits gezeigten zwei Folgen bekannt, wieder stark mit privaten und juristischen Problemen beschäftigt sind.

Jedenfalls ist das Mord-Fahrzeug, ein ominöser Jeep mit getönten Scheiben, auf eine gewisse Birgit Hahne zugelassen. Die kellnert in einem abgefuckten Laden auf dem Kiez und bessert sich ihr Gehalt mit dem Verticken von Drogen auf. Die wirtschaftliche Lage ist schlecht, vor allem für alleinerziehende Mütter aus der Unterschicht, Sie verstehen. Karow und Rubin, gestählt von ihrer kriminalistischen Erfahrung, wissen, wie man da in «Tatorten» vorzugehen hat: Schnell ein paar Informationen abgenötigt, und dann beide Augen zugedrückt.

Durch die Auswertung der Aufnahmen der Videoüberwachung im Einkaufszentrum geraten aber bald andere Verdächtige ins Visier der gebeutelten Cops: drei Mädchen namens Louisa, Paula und Charlotte, zwischen vierzehn und sechzehn Jahre alt. Auch ihre Rollen sind schnell erklärt und wenig verwirrend (lies: eindimensional) gestaltet: Louisa ist die Anwaltstochter aus gutem Hause, Paula die Mitläuferin, Charlotte die Arbeitertochter überforderter Eltern. Die Mädels hängen viel bei einem aus Schleichwerbungs-Umgehungsgründen generisch gehaltenen WhatsApp-Klon ab und profilieren sich in den sozialen Medien. Rubin und Karow finden keinen Zugang zu ihnen. Auch wenn sie sich immer sicherer sind, dass die drei Teenager im Jeep saßen und die Frau überfahren haben. Warum auch immer.

„Wir – Ihr – Sie“ tappt von da an in viele dramaturgische Fallen, die nicht hätten sein dürfen, sofern man hier einen ambitionierten, aussagestarken Krimi erzählen wollte. Da ist zunächst einmal der unangenehm suggestive Duktus, mit dem sich die Narrative zunehmend darauf einschießt, wie sich die Mörder-Mädels auf Social-Media-Kanälen gerieren. Eher mit erhobenem Zeigefinger denn elegant in den narrativen Kontext verwoben, soll das ein Baustein in dem Erklärungsansatz werden, wie drei junge Frauen zu kaltblütigen Killerinnen werden. Sinnig ist das nicht. Weder psychologisch noch dramaturgisch.

Noch unangenehmer wird es allerdings, als Nina Rubin beim Verhör die Hand ausrutscht und Kollege Karow, der gerade einen Widersacher aus seinem privaten Umfeld in seinem Kofferraum gefangen hält (lange Geschichte), Rubin die Beweise für ihr Fehlverhalten vernichtet. Sonderlich problematisiert wird das nicht, sondern soll eher als ein Ausfluss von Rubins kompliziertem Privatleben verstanden werden. Sie ist angespannt, wird dann auch noch provoziert, und nun brennen ihr eben kurz die Sicherungen durch. Alles halb so wild. Problematisch an der Sache: Das schaffe ein unangenehm starkes Verständnis für eine überforderte Rubin, die im Zweifel Geständnisse aus rotzfrechen Gören eben herausprügelt.

Deren Motive bleiben letztlich schwammig, die psychologischen Hintergründe vollkommen oberflächlich – und auch an dem horizontalen Plot, der die ersten vier Folgen der Berliner «Tatort»-Reihe verbinden soll, geht wenig voran.

Das Erste zeigt «Tatort – Wir – Ihr – Sie» am Sonntag, den 5. Juni um 20.15 Uhr.

Kurz-URL: qmde.de/85987
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