ARD-Quizaufgebot am Vorabend
- «Quizduell»: 3 Staffeln (Mai 14, Feb-Mai 15, Aug-Okt 15)
- «Gefragt - Gejagt»: 2 Staffeln (Mai-Jul 15, Nov 15-Feb 16)
- «Quizduell-Olymp»: einige Wochen als «Quizduell»-Modifikation, seit Mai wöchentlich freitags um 18:50 Uhr
- «Wer weiß denn sowas?»: 2 Staffeln (Jul-Aug 15, seit Mär 16)
- «Paarduell»: 1 Staffel (Feb-Mär 16)
In diesem Beitrag wollen wir aber einmal nicht über weitere Quotenmärchen schreiben, allzu sehr auf programmplanerische Konzepte eingehen oder uns auf die Stärken und Schwächen einer Sendung stürzen. Nein, der Autor dieses Artikels versucht sich daran, fernab des Erfolgs zu benennen, welche Sendung inhaltlich die größte Bereicherung für den deutschen Fernsehmarkt darstellt und welche Ideen zwar bei der Masse nicht durchgefallen sind, aber dennoch die eine oder andere dramaturgische Schwäche offenbart haben. Selbstredend ist die dabei entstandene Rangliste subjektiver Natur und Sie als Leser sind dazu aufgerufen, sie eifrig zu diskutieren.
5. «Paarduell» - Dröges Promi-Plapperquiz ohne Mehrwert
Eine Mixtur aus Shitstorm und Häme brach über die ARD-Verantwortlichen herein, nachdem sie Ende Februar im Anschluss an die zweite Staffel von «Gefragt - Gejagt» dieses Quiz mit Jörg Pilawa ausstrahlten. Und in der Tat gibt es diverse Angriffsflächen bei dem täglichen Duell zwischen Frank Plasberg und Anne Gesthuysen auf der einen und einem wechselnden Promi- oder Normalo-Paar auf der anderen Seite: Das Spielprinzip besteht zu weiten Teilen aus einer beliebigen Abfolge nur selten spannender Multiple-Choice-Fragen, angereichert durch mäßig gewinnbringende Anekdoten aus dem täglichen Pärchenleben der Prominenten und einem Moderator, der wieder in alte Verhaltensweisen zurückfiel und keinerlei Spontaneität an den Tag legte. Ganz nett waren die Einspieler, in denen Kinder Begriffe erklärten oder Spielfilme nachstellten, doch das war auch schon die Speerspitze der Innovation dieser Sendung.
Unterm Strich wurde hier maximal mittelmäßige Unterhaltung in einem starren, belanglosen Spielprinzip angeboten, das wieder den alten ARD-Spirit des Großmütterchen-Bügelfernsehens verkörperte. Insbesondere Anne Gesthuysen strengte mitunter mit ihrem äußerst ausgeprägten Mitteilungsbedarf mitsamt eines beinahe obligatorischen Lachanfalls im Nachgang an ihren Redebeitrag an, die beiden Herren vermochten ebenfalls keine Dynamik in die Show zu bringen. Somit entstand in den fünf Testwochen bis Ende März eine leichte Delle im Quotenverlauf des Senders - und ein rapider inhaltlicher Sturz im Vergleich zum Vorgängerformat.
4. «Quizduell-Olymp» - Mäßiger Hybrid aus bestehenden Formaten
Die «Olymp»-Version des «Quizduells» wurde erstmals Ende Oktober für wenige Tage ausgetestet, um zum Ende der zweiten Staffel hin ein wenig Abwechslung in die monatelange Präsentation der Show zu bringen. Wenn man sich allerdings einmal das eine oder andere Interview mit Jörg Pilawa zu Gemüte geführt hat, kann man für diese konzeptionelle Modifikation auch eine andere Erklärung finden: Im Gegensatz zum Original muss diese Variante nicht live ausgestrahlt, sondern kann bequem vorproduziert werden. Dadurch lässt sich flexibler mit der Zeit umgehen, denn im Zweifel lässt sich in der Nachbearbeitung noch einiges zusammenschneiden. Da man nun nicht mehr an die App gebunden ist, entstehen weniger Wartezeiten und weniger Gefahr, an der Technik zu scheitern. Ein Traum für jeden nach größtmöglicher Planbarkeit strebenden Verantwortlichen.
Aber eben nicht für den Zuschauer, der mit dieser Sendung mittlerweile wöchentlich freitags um 18:50 Uhr einen eher mäßigen Mischmasch aus dem ursprünglichen «Quizduell» und «Gefragt - Gejagt» geboten bekommt. Die zum "Olymp" hochstilisierten Quiz-Experten haben allerdings weder das Charisma noch das Wissen in der Breite, um mit anderenorts in den Ring geworfenen "Jägern" konkurrieren zu können. Die Sendung ist stark abhängig vom Unterhaltungswert der mittlerweile wieder ausschließlich prominenten Rategäste, Pilawa bekommt nur noch wenige Anlässe, aus dem Korsett des nett vor sich hin plaudernden Quizonkels auszubrechen und die Einbindung der Zuschauer-App kommt äußerst lieblos und alibimäßig daher. So recht will der Plan bisher auch noch nicht aufgehen, zumindest im Vergleich zum Vorprogramm hat der «Quizduell-Olymp» doch recht deutliche Einbußen zu beklagen.
3. «Wer weiß denn sowas?» - Simples Konzept, leichte Unterhaltung
Sicherlich auch kein Fall für einen Drehbuch-Oscar ist die Sendung, die aktuell einen Rekord nach dem anderen bricht: Zwei Promi-Duos beantworten abwechselnd Fragen mit drei Antwortmöglichkeiten, bei der Finalfrage müssen sie Teile ihres bis dato erspielten Geldes setzen und bekommen die genannte Summe entweder auf ihr Konto angerechnet oder von ihrem Konto abgezogen, nur das Team mit dem Mehr an Geld bekommt dieses auch ausgezahlt. Nicht gerade der Stoff, der für begeisterten Experten-Applaus sorgt - aber dem Massenpublikum mundet genau diese Mahlzeit herausragend gut. Das mag einerseits an der wirklich sympathischen Idee liegen, die Finalsumme an das Publikum auszuzahlen, weshalb die Stimmung der Menschen im Studio stets ausgelassen und am Showgeschehen interessiert wirken.
Vor allem aber ist die Personalwahl der Programmverantwortlichen löblich hervorzuheben: Kai Pflaume gibt einen gewitzten, sympathischen Moderator ab, der von affektierten Pilawa'esken Lachanfällen weitgehend absieht und das Feld überwiegend seinen Promis überlässt. Und hier machen Bernhard Hoecker und Elton als dauerhafte Teamkapitäne schlicht und einfach eine ungleich bessere Figur als Plasberg und Gesthuysen beim «Paarduell». Zudem dürfte die Ausrichtung der Fragen, die weniger auf Faktenwissen als viel mehr auf Kuriositäten und praktische Alltagstipps abzielen, viele Menschen eher zum Einschalten bewegen, die sich nicht primär als Quizfans bezeichnen würden. Dennoch: Das Konzept ist so lasch, gewöhnlich und vorhersehbar, dass man sich über den Quotenerfolg schon wundern kann.
2. «Quizduell» - Live-Feeling und Interaktion machen den Reiz aus
Ob man nun ein Freund Pilawas ist oder nicht: Als Fan klassischer Quiz- und Gameshows in der Daytime muss man ihm zumindest einmal zugute halten, dass er das Genre aus der televisionären No-Go-Area herausgeholt hat. Und nicht nur das: Er hat den nötigen Mut für eine tägliche Live-Show aufgebracht, die im hohen Maße abhängig war vom Gelingen technischer Hilfsmittel und als anfangs so ungefähr alles schiefging, was schiefgehen konnte, die Not zur Tugend gemacht und erstaunlich viel Spontaneität und Gelassenheit an den Tag gelegt. So sind bis heute vor allem jene erste Folgen im kollektiven Gedächtnis geblieben, die eben gerade nicht so verlaufen sind, wie es auf dem vorstrukturierten Ablaufplan stand. Und es war ein Erlebnis, dem Treiben in den ersten Tagen zusehen zu können - nicht unbedingt eines, auf das der ohnehin schon nicht für sonderlich große Kompetenz im Netz bekannte Sender stolz sein kann. Aber eines, das nach dem Dauer-Siechtum von «Verbotene Liebe» ungewohnt viel Vitalität verkörperte.
In der Folge professionalisierte sich die Show zunehmend, blieb allerdings abhängig vom App-Geschehen und beinhaltete deshalb stets kleinere Längen zwischen den Spielrunden. Zudem war das Spielprinzip analog zur App konzipiert, sodass es durchaus auch schon mal vorkam, dass eine Partie bereits nach weniger als 18 Fragen entschieden war - und man entweder neue Duellanten für wenige Minuten ins Spiel holen oder massiv Zeit schinden musste. Mit anderen Worten: Man kam diverse Male nicht so recht hin mit der Sendezeit, da sie entweder ein paar Minuten zu kurz oder zu lang ausfiel. Da Pilawa zudem für die Show über Wochen und Monate hinweg täglich live zur Verfügung stehen musste, entwickelte sich trotz steigender Quoten bei Sender wie Moderator eine gewisse Sympathie für den Gedanken, die «Quizduell»-Dosis runterzufahren und stattdessen die «Olymp»-Variante sowie das «Paarduell» zu produzieren. Rational betrachtet mag dies nachvollziehbar sein, doch qualitativ bleibt das Original unerreicht.
Zumindest von Pilawa, denn es gibt da ja noch eine Sendung, deren reine Existenz in täglicher Ausstrahlung bei einem großen deutschen Fernsehsender den Autor dieses Artikels noch immer in ekstatisches Erstaunen versetzt..
1. «Gefragt - Gejagt» - Moderner Quizhit internationaler Couleur
Bezeichnenderweise handelt es sich dabei um die einzige Show, die keine primär deutsche Kreation ist, sondern eine (sich sehr nahe am Original befindende) Adaption des britischen Hits «The Chase». Mit für deutsche und gerade öffentlich-rechtliche Fernsehverhältnisse atemberaubendem Tempo eilen hier Kandidaten durch die Quizfragen, um einem der vier "Jäger", der absoluten Quiz-Elite unseres Landes, mitsamt ihrer erspielten Geldsumme zu entkommen. Neben dem hier wirklich ernsthaft verfolgten Duell-Charakter zeichnet dieses Format vor allem ein hohes Fragen-Niveau, eine überaus hohe Hürde bis zum Geldgewinn und das abwechslungsreiche Konzept bestehend aus Schnellrate-Einzelrunden, klassischen Multiple-Choice-Aufgaben sowie einem abschließenden Schnellrate-Duell aus.
Es wäre gerade in der Retrospektive interessant zu erfahren, wie letztlich die Entscheidung zustande kam, dieses zuvor jahrelang irgendwo im NDR-(Spät-)Abendprogramm versteckte Juwel in seiner vollen Pracht zu präsentieren, denn der vorherrschenden Laien-Diagnostik zu den Bedürfnissen des typischen Vorabend-Zuschauers läuft es in vielerlei Hinsicht zuwider: Es erfordert Aufmerksamkeit und lässt sich nicht mal eben zwischen Gasherd und Bügelbrett wegschauen, es zelebriert das Wissen und die Wissenden, sodass Ottonormalverbraucher mit den diversen Versäumnissen im eigenen Wissenserwerb konfrontiert wird, es ist kühl inszeniert und verschwendet keine Sendezeit mit minutenlangen Diskussionen oder Anekdoten. Kurz gesagt: Es fordert den Rezipienten und biedert sich ihm nicht gleich an.
Zeugnisnoten für die Quizshows
- «Paarduell»: 5 (schwache Protagonisten, wenig Abwechslung, uninteressantes Konzept)
- «Quizduell-Olymp»: 4+ (solide konzipiert, aber relativ starrer Ablauf, Unterhaltungswert hängt an Promi-Team)
- «Wer weiß denn sowas?»: 4+ (guter Cast, mitunter interessante [wenn auch wenige] Fragen, aber einfallsloses Spielprinzip)
- «Quizduell»: 2- (Live-Atmosphäre mit viel Spontaneität, gutes interaktives Element, aber einige Längen)
- «Gefragt - Gejagt»: 1 (hohe Dynamik, hoher Spannungsfaktor, viele und anspruchsvolle Fragen, innovatives Konzept)
Das «Paarduell» wird nicht versetzt und muss die Klasse wiederholen.
Und auch die "Jäger" sind nicht unbedingt Typen, die man tagein, tagaus im Fernsehen zu Gesicht bekommt: Der "Bibliothekar" Klaus-Otto Nagorsnik verkörpert den klassischen Intellektuellen, der dem Fernsehen generell kritisch gegenübersteht. "Besserwisser" Sebastian Klussmann ist so etwas wie der liebenswürdige Nerd, der darüber hinaus auch noch gut genug ausschaut, um auf die Damenwelt attraktiv zu wirken - oder zumindest ihren Beschützerinstinkt zu wecken, wenn er in der Finalrunde mal wieder nervös wird. Und "Gigant" Holger Waldenberger ist äußerst schlagfertig, gewitzt und direkt, interagiert mitunter herausragend mit Alexander Bommes, ohne aber zu einem anstrengenden Plappermaul zu verkommen. Zudem ist seinem Verhalten oftmals eine dezente "eigentlich ist mir das alles zu blöd hier"-Attitüde zu entnehmen, die er sich auch deshalb leisten kann, weil er der leistungsstärkste Mann auf dem Expertenstuhl ist. Am "normalsten" wirkt da schon "Quizgott" Sebastian Jacoby, ein vergleichsweise telegener Charmeur mit Vorliebe für auswendig gelernte Kalendersprüche.
Bis es neue «Gefragt - Gejagt»-Folgen zu sehen geben wird, werden wohl noch einige Monate ins Land ziehen. Aber dass es die Sendung überhaupt in täglicher Ausstrahlung ins Hauptprogramm schaffen würde, hätte vor gut einem Jahr noch kaum jemand für möglich gehalten. Insofern heißt es: Abwarten und sich mit den kleinen Quiz-Gaben von Pflaume und Pilawa begnügen.
Es gibt 6 Kommentare zum Artikel
08.06.2016 19:44 Uhr 1
Wwds kann ich nicht mehr Sehen.
09.06.2016 03:21 Uhr 2
Knapp dahinter auf Platz = Gefragt - Gejagt
Mit einigem Abstand folgen in der Reihenfolge Quizdfuell, Quizolymp und Paarduell.
09.06.2016 04:50 Uhr 3
09.06.2016 07:24 Uhr 4
09.06.2016 15:29 Uhr 5
Kann ich irgendwo schon nachvollziehen, wenn du dir meine Meinung nicht nochmal in lang durchlesen möchtest - auch wenn ich denke ich schon noch ein bisschen mehr zu einigen Sendungen geschrieben habe als hier. Aber der Artikel hat schon eine andere (breitere) Leserschaft angezogen, als das hier im Forum der Fall ist. Unter anderem Sebastian Jacoby. :mrgreen:
09.06.2016 17:26 Uhr 6
Joah, war auch nicht als Kritik gemeint, nicht jeder liest ja das Forum und für diejenigen ist der Meinungsartikel sicherlich nicht uninteressant zu lesen. :mrgreen: