Historie von «Deutschlands Superhirn»
- zwischen 2011 und 2013 fünf reguläre Folgen und ein «Kids»-Ableger mit Jörg Pilawa
- grandiose Auftakt-Quoten: 6,40 Mio. (21,0% / 10,2%), auch danach stets über Senderschnitt
- nach Pilawas Wechsel zurück zur ARD gab es keine weiteren Ausgaben mehr
Ob er das bei der Neuauflage von «Deutschlands Superhirn», bei dem verschiedene Menschen erstaunliche geistige Leistungen vollbringen, denn auch geschafft hat? Nunja, wenn man sich nun nicht als dickbäuchiges Astro-Medium versuchen und die Quoten anhand von Twitter-Trends (wo sich die Sendung übrigens relativ schwer tat) oder des hauseigenen Kartendecks vorhersagen möchte, fällt dies nach Sichtung der ersten Folge gar nicht so leicht zu sagen. Mit Gätjen selbst steht und fällt jedenfalls auch diese Sendung nicht: Er moderiert über die gesamten 90 Minuten hinweg gewohnt solide, ohne zu glänzen. Er generiert den einen oder anderen Schmunzler, ohne jemanden in schallendes Gelächter zu treiben. Und er stört nicht, ist aber auch kein Verlust, wenn man ihn mal einige Minuten lang nicht zu sehen bekommt.
Nur ein «Wetten, dass..?»-light?!
Die Sendung an sich war einst bei ihrem Start mehr oder minder als «Wetten, dass..?»-Klon bezeichnet worden - zumindest, wenn man sich die Skurrilität des Kulthits, die Couchtalks sowie die die Showacts wegdenkt, gilt dies noch immer. So etwas wie Glamour verkörpert die Show zu keiner Zeit, immerhin arbeitet sie aber stark zielgerichtet auf die mitunter wahrlich beeindruckenden Geistesleistungen ihrer Kandidaten hin. Der Ablauf gerät somit etwas schematisch, bleibt aber auf der anderen Seite vor größeren Längen verschont. Und mit einer Dame, die es sich zum Ziel gesetzt hat, die Fassade eines Hochhauses hinabzuklettern und sich dabei noch 40 Farbcodes zu merken, die jeweils für ein überschrittenes Stockwerk stehen, hat man dann doch zumindest auch etwas von diesem Thrill, der allen "es muss immer schneller, höher, weiter gehen!"-Debatten zum Trotz schon immer auch ein wenig den Reiz des Wett-Klassikers ausgemacht hatte - und wiederum dem ansonsten doch recht ruhigen «Superhirn» ein bisschen mehr Bewegung verleiht.
Mit dieser Intention dürfte sich das ZDF auch dazu entschieden haben, Sportkommentator Norbert König das Geschehen für den TV-Zuschauer kommentieren zu lassen. Schließlich entstehen innerhalb der Sendung schon einige Momente, in denen nicht allzu viel passiert und es sogar zum akustischen Waterloo eines jeden quotenorientierten Programmplaners kommt: Stille. Ja, würde König nicht noch einmal das verbalisieren, was er und jeder über Augenlicht und einen funktionierenden Bildschirm verfügende Rezipient ohnehin sieht, wäre es manchmal sehr ruhig. Und außerdem müsste man auf höchst kompetente Prognosen der Marke "also wenn der Kandidat eine falsche Primzahl dabei hat, könnte das normalerweise (mit der Orthogonalen) eventuell nicht funktionieren" verzichten. Unter Umständen ist es jedoch möglicherweise auch denkbar, dass der durch den Kommentar hinzu gewonnene Mehrwert für den vielleicht doch noch Fernsehenden vergleichsweise relativ überschaubar sein dürfte.
Ein wenig problematisch ist ferner, dass sämtliche Wetten - oder wie immer man das offiziell nennen möchte, um die Ähnlichkeiten zu «Wetten, dass..?» nicht allzu offensichtlich erscheinen zu lassen - nach dem selben Strickmuster ablaufen: "Kandidat X sagt, dass er in fünf Beispielfällen seine Gedächtnisleistung Y vollbringt." Ein wenig Abwechslung hätte hier gut getan, auch wenn ein kauziger Mathematiker mit Vorliebe für Primzahlen und Orthogonalen sowie ein etwas vorlauter zwölfjähriger Junge doch immer wieder für einen gewissen Unterhaltungswert garantieren.
Lass uns die Wolke 4 bitte nie mehr verlassen...
So bleibt die Neuauflage von «Deutschlands Superhirn» ordentliches Unterhaltungsfernsehen, dem man aber nicht so recht die Rückendeckung seines ausstrahlenden Senders anmerkt. Zu gering mit 25.000 Euro die Gewinnsumme, zu kurz die Sendezeit, zu undankbar der Ausstrahlungstag und zu austauschbar die Studiokulisse, als dass man das Gefühl bekäme, das ZDF hätte hier wirklich Geld und Mühe investiert, um der Sendung den letzten Glanz zu verleihen. Um den vorerst letzten fußball-losen Abend angenehm hinter sich zu bekommen, taugt Gätjens Format allemal - doch mehr als denkbar, dass dem Publikum das nicht ausreicht und dem Moderator die dritte Show-Enttäuschung im dritten Anlauf beschert. Sein Sender jedenfalls gab sich mit einer Show zufrieden, die ein wenig an die Message von Marv & Philipp Dittberners Charthit "Wolke 4" erinnert: Sich lieber mit besserem Mittelmaß begnügen, als viel zu investieren - um dann am Ende tief zu fallen. Sheldon Cooper würde dieser Pragmatismus begeistern.
Am 23. Juni wird es dennoch eine zweite anderthalbstündige Folge von «Deutschlands Superhirn» zu bestaunen geben.
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14.07.2016 09:12 Uhr 1