Facts zur UEFA Euro 2016
- 13 der 16 EM-Teilnehmer von 2012 sind auch diesmal dabei
- Vier Stadien wurden für die EM neu gebaut, viele andere renoviert
- Rund 20.000 Tickets gehen an soziale Organisationen für junge Erwachsene
- 1,5 Millionen ausländische EM-Gäste erwartet Frankreich
- Circa 6500 Volunteers unterstützen die EM-Organisation
- Rund 1 Milliarde Euro erwartet die UEFA an TV-Einnahmen
Auf den ersten Blick wirkt nicht allzu viel neu, auf den zweiten aber schon. Die ARD setzt verschiedene Schwerpunkte, ein Potpourri aus unterhaltsamer und taktisch-innovativer Berichterstattung. Damit unterschiedet sie sich vom eher seriös-klassisch und taktisch geprägten ZDF. Und das, obwohl beide Sender diesmal aus einem gemeinsamen Studio senden. Das wiederum bringt Vorteile: Die hohen Kosten werden geteilt und ermöglichen hohe technische Standards, zum Beispiel große Spielergrafiken oder Tabellen, die ins Studio projiziert werden. Der große Hingucker ist die mehrere Meter große LED-Wand im Hintergrund des Geschehens: So kann beispielsweise ein Live-Bild aus dem Stadion zumindest halbwegs für Fußballtempel-Atmosphäre sorgen. Bei der vergangenen Weltmeisterschaft fehlten Stadion-Moderationen komplett.
Noch besser macht es die ARD beim Topspiel am Abend: Dann wird nicht mehr aus dem stationären Studio gesendet, sondern mobil aus der jeweiligen Spielstätte. Matthias Opdenhövel und Mehmet Scholl bilden das – mittlerweile sehr gut eingespielte – Team, das die Zuschauer begleitet. Endlich wieder Stadion! Die Atmosphäre überträgt sich so am besten, insbesondere vor dem Spiel, wenn sich die Ränge im Hintergrund langsam füllen. Im Vergleich zur inspirationslosen WM-Berichterstattung 2014 ist dies eine deutliche Aufwertung.
Die Experten und Kommentatoren
Bei den „Experten“ ist in den letzten Jahren ein klarer Trend auszumachen: der zum klaren Wort, zur klaren Haltung. Oliver Kahn lebt dies im ZDF vor, Mehmet Scholl macht es ähnlich, auch wenn er sich nach einst kritisierten Äußerungen („Gomez hat sich wund gelegen.“) zahmer geworden ist, leider. Aber in Sachen Haltung ist es nur konsequent, dass die ARD kurzerhand Stefan Effenberg als Nachmittags-Experten aufbot. Im Vorfeld angekündigt wurde dies nicht, in der leisen Vorahnung, dass sein Auftritt polarisieren dürfte. Was er dann auch tat. Allerdings: Seine Taktik- Analysen waren schlüssig, seine Prognosen zu einem spanischen Geduldsspiel gegen Tschechien traten ein. Es gab schon schlechtere Experten – und vor allem: langweiligere. Spannend ist dagegen der innovative Ansatz in der Taktik-Analyse von Mehmet Scholl, Stichwort „Packing“, eine statistische Kenngröße zur Erklärung des Erfolgs und der Überlegenheit einer Mannschaft. Es ist mutig, diesem Segment so viel Sendezeit zu widmen wie nach dem DFB-Spiel gegen die Ukraine – gerne wieder!
Wie immer eine Bereicherung ist Arnd Zeigler, der mit seinem Schreibtisch voller Fußballkultur nun auch in der regulären Berichterstattung Platz nehmen darf. Seine Anekdoten bereichern die Sendungen mit unterhaltsamen Momenten. Dies gilt nur mit Abstrichen für den nächtlichen EM-Ausklang mit «Beckmanns Fußballschule», dessen Konzept sich nicht ganz erschließen will. Diese Mischung aus «Waldis Club» und dem «Sportschau-Club» – also zwischen weißbier-getränkt und seriös – wirkt bemüht cool, vielleicht wäre sie vor fünf Jahren noch echt cool gewesen. Aber Fernsehen entwickelt sich weiter, auch heutzutage noch.
Von den Kommentatoren ist die übliche ARD-Riege im Einsatz. Tom Bartels: teils einschläfernd, aber umso mitreißender, wenn seine Stimme bei großen Szenen explodiert. Gerd Gottlob: Manchmal zu sehr Chronist, ansonsten extrem unterhaltsam, floskel- und schnörkellos, vor allem fesselnd in seiner begeisternden Art, die auf den Fan überschwappt. Nicht umsonst durfte er das wichtige erste Spiel der DFB-Elf kommentieren. Steffen Simon: Er kann das Spiel taktisch hervorragend lesen und verzichtet auf simple Beschreibungen des Geschehens. Ein gutes Team.
Der vielleicht größte Vorwurf, den man der ARD (und auch dem ZDF) machen muss: Wie bei der WM mischt man keine kritische Position zu den gesellschaftspolitischen Umständen ein, die diese Europameisterschaft begleiten. Zumindest muss man diesen Eindruck gewinnen angesichts der mageren Sendezeit, die man diesen Themen einräumt. Der Tod eines Polizisten, die Krawalle in Marseille und Lille, die Ausschreitungen im Stadion – nur wenige Sendeminuten sollen das vermeintliche Fußballfest trüben. Vielleicht auch, um den Fans die Stimmung nicht zu vermiesen. Aber das wäre ein reichlich schwaches Argument angesichts des Aufklärungsauftrags der öffentlich-rechtlichen Sender. Man wünschte sich mehr Flexibilität: Menschen, die zu diesen kritischen Themen wirklich etwas zu sagen haben, zum Beispiel die Korrespondenten der jeweiligen Landesstudios. Stattdessen wirkt es so, dass diese Szenen so gar nicht reinpassen in das fröhliche ARD-Sendekonzept. Als hätte man es nicht kommen sehen.
Am Donnerstag folgt die Analyse der EM-Berichterstattung des ZDF bei Quotenmeter.de
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15.06.2016 19:36 Uhr 1