Die Kino-Kritiker

«Central Intelligence»

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So richtig hatte den wohl keiner auf der Rechnung, doch die (leider) während der EM versendete Actionkomödie «Central Intelligence» ist bisher einer der lustigsten Filme des Jahres.

Filmfacts: «Central Intelligence»

  • Kinostart: 16. Juni 2016
  • Genre: Komödie/Action
  • FSK: 12
  • Laufzeit: 112 Min.
  • Kamera: Barry Peterson
  • Musik: Ludwig Göransson, Theodore Shapiro
  • Buch: Ike Barinholtz, David Stassen , Rawson Marshall Thurber
  • Regie: Rawson Marshall Thurber
  • Darsteller: Dwayne Johnson, Kevin Hart, Danielle Nicolet, Amy Ryan, Ryan Hansen, Tim Griffin
  • OT: Central Intelligence (USA 2016)
Mit «Wir sind die Millers» lieferte Regisseur Rawson Marshall Thurber im Jahr 2013 die hierzulande erfolgreichste Hollywoodkomödie ab, die nicht Bestandteil eines bereits existierenden Franchises war. In den USA wurde die Geschichte um einen etwas anderen Familienausflug ganz knapp von Paul Feigs «Taffe Mädels» geschlagen. Doch für Thurbers Quasi-Comeback im Comedy-Bereich – der Regisseur, Drehbuchautor und Schauspieler hatte bis dato lediglich die Krawall-Komödie «Voll auf die Nüsse» vorzuweisen – war dieser überraschende Publikumszuspruch ein echter Glücksfall und wohl vor allem auf die namhafte Besetzung zurückzuführen. Damals schickte er Jason Sudeikis, Jennifer Aniston und Emma Roberts auf eine Tour-de-Force in einem bis unters Dach mit Weed vollgepackten Wohnmobil. Das Ergebnis: Eine humoristisch ausgewogene Mischung aus derben Kalauern und einer sympathischen, nicht zu emotionalen Geschichte. Das konnte dann sogar einen Großteil der Kritiker überzeugen. Und wenn man aktuellen Gerüchten Glauben schenkt, soll «Wir sind die Millers» schon sehr bald fortgesetzt werden. Bis es soweit ist, kommt Thurber aber erstmal mit einer Komödie von gänzlich anderem Kaliber daher. Derben Humor mit emotionalem Unterbau gibt es zwar auch in «Central Intelligence» zu sehen, doch anders als in «Wir sind die Millers» mischt der Filmemacher dieser explosiven Mischung eine gehörige Portion Actionklamauk bei. Deshalb und aufgrund der beiden phänomenal spritzig aufspielenden Hauptdarsteller Kevin Hart («Ride Along») und Dwayne Johnson («San Andreas») ist die Spy-Komödie schon jetzt einer der lustigsten Filme des Jahres, der das Herz zu jedem Zeitpunkt am rechten Fleck hat.

Ein kleiner Hart, ein großer Johnson


Einst war er in der Schule der Nerd, auf dem alle herumgehackt haben. Heute, ganze zwanzig Jahre später, steht das Klassentreffen bevor und aus Bob (Dwayne Johnson) ist ein muskelbepackter Strahlemann geworden, der mit seinem Loserleben längst abgeschlossen hat. Doch es kommt noch besser: Für einen vermeintlich streng geheimen Fall rekrutiert er seinen ehemaligen Klassenkameraden Calvin (Kevin Hart), dem Bob damals die Rettung aus einer äußerst misslichen Lage zu verdanken hatte. Calvin, der früher den Schulhof im Griff hatte, ist heute ein verheirateter Buchhalter und träumt noch immer von seinen glorreichen Tagen an der High School. Die Zusammenarbeit mit Bob könnte ihn aus seinem Alterstrott herausbringen, doch worauf er sich eingelassen hat, merkt der seriöse Schreibtischtäter erst, als sein unberechenbarer neuer Freund ihn längst in ein bleihaltiges Spionage-Abenteuer verwickelt hat.

Man braucht sich nur den Prolog von «Central Intelligence» anzuschauen, um zu erkennen, wie viel der Film im Vergleich zu manch anderer, ungleich platteren US-Komödie richtig macht. In der Eröffnungssequenz sehen wir Dwayne Johnsons Figur Bob als im Vergleich zu heute wesentlich beleibteren Schuljungen, der nackt unter der Schuldusche zu En Vogues „My Lovin‘“ die Hüften kreisen lässt. Der Film eröffnet uns diese Szenerie zwar als auslösendes Moment eines folgenschweren Mobbinganschlags; Schon wenig später wird der junge Bob im Adamskostüm in die Sporthalle getragen und somit vor allen Schülern bloßgestellt. Das Interessante daran ist allerdings, dass sich das Herabwürdigen der Figur einzig und allein auf der Leinwand und somit im dargestellten Kontext abspielt. Wo ein weniger durchdachteres Skript dazu animieren würde, sich gemeinsam mit den Idioten über den Streich zu amüsieren, forciert das Skript von Rawson Marshall Thurber, Ike Barinholtz und David Stassen («The Mindy Project») hier die charakterliche Entwicklung von Bob und Calvin, indem diese eine Szene mit kleinen Gesten die Gesinnung beider Figuren herausstellt. Sogar für die Äußerung, Bob würde ja „richtig gut tanzen“, ist Platz. Anlass, diese Szene als Zur-Schau-Stellung von dicken Menschen zu interpretieren, gibt es also nicht, was – nebenbei bemerkt – auch für Szene über manch andere Randgruppe gilt. Darüber hinaus ist der Prolog wichtig für den Fortverlauf der Handlung und liefert Gründe für manch ein Verhalten der Charaktere in den kommenden zwei Stunden.

Lachen bis das Zwechfell schmerzt


Die Figuren, das sind hier der ehemalige Schulliebling Calvin, der von Anfang an nicht das Klischee des oberflächlichen Supercheckers erfüllt, sowie Bob als ehemaliger Nerd, der sich später als nimmermüder Sonnenschein verdingt, der ganz nebenbei auch noch bei der CIA arbeitet. Dieser Rollentausch vom Liebling zum Jedermann respektive vom Mobbingopfer zum selbstbewussten Hünen macht in der ersten halben Stunde den Großteil des Humors aus, der innerhalb der Interaktion der beiden Hauptfiguren hervorragend zum Tragen kommt. Wenn sich Bob und Calvin nach zwanzig Jahren das erste Mal wieder sehen, ist es nicht bloß die fast schon karikaturesk anmutende Strahlemann-Attitüde eines brachialkomischen Dwayne Johnson, die dafür sorgt, dass kein Auge trocken bleibt. Insbesondere die Tatsache, dass Harts Calvin diesen Anblick selbst kaum glauben kann – und dem Publikum damit aus der Seele spricht – schraubt die Gagschraube bis in schmerzende Sphären hoch. Da ist es dann nur konsequent und zum Charakterprofil Bobs passend, dass dieser mit brillant-trockener Selbstverständlichkeit Einhorn-Shirts zur Schau stellt und ehrliches Interesse daran hat, dass sein Partner wider Willen auch in privaten Belangen zu neuem Glück findet. Sogar das Festhalten an Calvin, der um alles in der Welt kein Komplize von Bob sein will, ist fest im Kontext verankert – als Buchhalter hat Calvin tatsächlich Fähigkeiten, die im Detail auch ein CIA-Agent nicht unbedingt drauf hat.

Haben sich die beiden grundverschiedenen Typen erst einmal miteinander arrangiert, ist im Kern von «Central Intelligence» dann auch ordentlich Platz für eine spannende Agentengeschichte. Vergleichbar mit ähnlich gelagerten Komödien der Marke «Spy - Susan Cooper Undercover» oder auch «Der Spion und Sein Bruder» liefert das Skript einen actiongeladenen Grundkonflikt, der sich ohne die Comedy-Grundlage auch hervorragend als herkömmlicher Genrefilm konsumieren ließe. Die Stärken im «Central intelligence»-Drehbuch liegen sichtbar auf der insgesamt schweren Durchschaubarkeit. Trotz grober Vorgaben, zum Beispiel der dass Leib und Leben der beiden Hauptfiguren nie ernsthaft gefährdet sind, kommt die Story mit einigen schönen Schlenkern daher, die trotzdem so geerdet bleiben, dass eine plötzliche 180-Grad-Wendung stets glaubhaft und denkbar wäre. Da fühlen sich dann auch die 112 Minuten so an wie knappe eineinhalb Stunden, die von nicht allzu spektakulären, aber schön choreographierten Actionsequenzen aufgepeppt werden. Als echte Szenendiebin erweist sich indes die bestechend kühl agierende Amy Ryan («Gänsehaut») in der Rolle einer knallharten CIA-Agentin, die einem sexistischen Widerling schon mal mit Wonne den Elektroschocker an die Schläfe hält. Übrigens: Augen auf! «Central Intelligence» hat ganze drei überraschende Cameoauftritte zu bieten, die im Film nochmal ganz eigene Akzente setzen können.

Fazit


In «Central Intelligence» werden früh die richtigen humoristischen Weichen gestellt, die das Publikum wenig später an einer der lustigsten, cleversten und liebenswertesten Komödien des Jahres teilhaben lassen. Das Tüpfelchen auf dem i bilden eine Handvoll feiner Cameoauftritte sowie die unschlagbare Chemie zwischen Kevin Hart und Dwayne Johnson.

«Central Intelligence» ist ab dem 16. Juni in den deutschen Kinos zu sehen.

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