Wer erinnert sich noch an den letzten ganz großen Serienhit in Deutschland? Freilich – um in die Sterne greifen zu können, muss man da zehn Jahre zurückgehen, als «Dr. House» noch für 30 Prozent Marktanteil gut war und «NCIS» und «CSI» für um die 20 Prozent. Das will heute aber kein Sender mehr von den Serien. Da freut man sich schon über klar überdurchschnittliche Marktanteile in der klassischen Zielgruppe. Doch immer mehr Formate scheiterten jüngst. «Empire», der US-Quoten-Megahit ist da nur ein prominentes Beispiel. Die Liste an Serienenttäuschungen ließe sich mit «Blue Bloods», «Agents of Shield», «Zoo» und weiteren Hollywood-Produktionen fortsetzen.
In der öffentlichen Debatte werden (überraschende?) Quotenpleiten gerne mit schon zuvor erfolgten Ausstrahlungen bei Sky, Netflix, Amazon oder anderen Diensten begründet. Im Einzelfall mag hier in der Tat ein Zusammenhang bestehen. Zu kurz kommt derweil aber der Gesichtspunkt, dass das amerikanische Network-Fernsehen ganz offenbar seit Jahren in einer kreativen Sackgasse steckt. Der Mut ist zu HBO, Showtime und Co. abgewandert – und RTL, ProSieben, Sat.1 und bekommen mehr und mehr Einheitsbrei serviert. Damit gibt man sich noch zufrieden; die Ware schafft es nachwievor noch auf prominente Sendeplätze. Ende der 90er Jahre oder Anfang des neuen Milleniums war das zwischenzeitlich nicht mehr der Fall.
Und so lässt sich mancher Quotenflop eben auch auf inhaltlicher Basis erklären: Das viel gefeierte «Under the Dome» etwa, das mit weit über 20 Prozent Marktanteil startete, dann aber noch während Staffel eins auf unter 15 Prozent fiel, schnitt bei den Usern mit einer Zustimmung von rund 60 Prozent schon nicht sonderlich rosig ab. Die Serie verlor dieser Bewertung zufolge in Staffel zwei aber deutlich und rappelte sich auch während des dritten Durchgangs kaum mehr auf. Wenig verwunderlich also, dass allenfalls mittelprächtige Qualität am Ende in Staffel drei nur noch zu einstelligen Quoten führte.
Ganz ähnlich erging es auch US-Serien wie «Zoo» oder «The 100», bei denen man sich jeweils über starke Startquoten freute, dann aber einen deutlichen Rückgang des Interesses feststellen musste. Bedenkt man, dass «The 100» eine Usercritic von 65 und 63 hat, «Zoo»sogar nur 53 (von jeweils 100), dann überrascht das nachlassende Interesse weniger. Ein anderes – und ermutigendes Beispiel: Das neue «Akte X», das ProSieben im vergangenen Winter selbst bei sehr kritischer Betrachtung mindestens äußerst ordentliche Quoten beschert hat, bekam auch sehr positives Userfeedback: Hier wurden 77 von 100 möglichen Punkten vergeben. Ähnliches gilt für andere gut laufende US-Hits wie «Criminal Minds» (ebenfalls 77) oder die WG-Nerds von «Big Bang Theory» (79).
Und dennoch: Erstklassige Ware ist seltener geworden auf dem amerikanischen Markt. Verlässt man sich auf die Einschätzung der User, dann könnte ProSieben zum Beispiel ein neuer Problemfall am Mittwoch ins Haus stehen. Die Ende Juli startende US-Serie «Quantico» ist mit einer Wertung von 59 ähnlich gefragt wie «The Royals» und nur minimal besser weggekommen als «Zoo». Auch die dritte Staffel von «The 100», die ProSieben dann für den späteren Abend einplant, verspricht keine Besserung. Im Gegenteil: Staffel drei stieß wohl selbst einiger derer vor den Kopf, die dem Format zuerst noch die Treue hielten. In der Internet-User-Wertung fiel das Format auf einen Wert von 41.
Ähnliches hat Sat.1 zu befürchten. Der Ableger von «Criminal Minds» mit dem Beinamen «Beyond Borders» kommt in der Beliebtheit bei Weitem nicht an das Original heran – er ist sogar eine der schwächsten neuen Serien nach diesem Messwert: Auch hier vergaben die User im Schnitt 41 von 100 Punkten – Kritiker übrigens gar nur 28. Ebenfalls auf mittelmäßigen Niveau hat sich in diesem Bereich das ebenfalls in Sat.1 geplante «Blindspot» mit 66 und die kommende RTL-Dienstags-Serie «Shades of Blue» (63) geschlagen.
Richtig gute Bewertungen haben hingegen Formate wie «American Crime Story» oder «Lucifer» abgeräumt. Während Zweiteres erst einmal exklusiv zu Amazon wandert, soll die Ryan-Murphy-Serie nach Vorbild von «American Horror Story» ihre Premiere bei ProSiebenSat.1 feiern. Ein genauer Sender steht für das Kriminalformat nicht fest. Die schlechte Nachricht in diesem Zusammenhang für die Serienmacher ist. Die Tatsache, dass man in Sachen Usercritic bei 85 landete, muss nicht zwingend starke Quoten zur Folge hatten.«Homeland» lag während der ersten beiden Staffeln auf ähnlichem Niveau und stürzte spätestens nach Staffel eins in weniger geliebte Quotengefilde, «House of Cards» mit einer Wertung von 90 war nie massentauglich.
Es sieht so aus, als wäre die Serienflaute noch nicht vorbei. Das Rennen aber ist eröffnet: Wird im Jahr 2016 noch eine weitere neue Serie einen der oberen Plätze der Quotenhitlisten erobern?
Es gibt 15 Kommentare zum Artikel
10.07.2016 18:33 Uhr 1
10.07.2016 22:20 Uhr 2
11.07.2016 00:12 Uhr 3
11.07.2016 00:30 Uhr 4
11.07.2016 01:22 Uhr 5
Den Satz müsste man mir seitens Quotenmeter kurz erläutern. Seit wann spielt die Qualität einer Serie eine sonderliche Rolle hinsichtlich der Quoten?
Eigentlich solltet doch gerade ihr wissen, dass der Quotenrückgang ganz einfach wegen des sich wandelnden Konsumwandels von Medien geändert hat - und das speziell bei den Jungen. Daher sind gerade TV-Formate die diese Zielgruppe ansprechen besonders vom Quotenrückgang betroffen.
Mit den Serien als solches hat das nicht wirklich etwas zu tun, da gibt es nach wie vor genug Auswahl, um alle irgendwie halbwegs befriedigen zu können.
11.07.2016 07:59 Uhr 6
Ansonsten behaupte ich einfach mal, dass US-Serien im klassischen deutschen TV keine Zukunft mehr haben. VOD hat dem Fernsehen hier einfach den Rang abgelaufen.
11.07.2016 09:44 Uhr 7
Die Sender trauen sich nichts, neue Serien kommen selten zur Prime Time, und wenn sie nicht sofort um 22.15 mittwochs Erfolg haben, werden sie abgesetzt oder auf 0 Uhr verschoben.
11.07.2016 13:07 Uhr 8
11.07.2016 13:26 Uhr 9
Das ist aber irgendwo auch verständlich. Man hat im Prinzip alle Variationen in der Vergangenheit durchprobiert, aber wenn die Zuschauer nicht einschalten wollen, kann man schlecht es immer und immer wieder auf die gleiche Weise versuchen.
11.07.2016 13:47 Uhr 10
Je besser und beliebter eine Serie ist, desto weniger will man diese im TV sehen mit Werbung, unmöglichen Sendeplätzen inkl. Verschiebungen und Absetzungen oder einer vermurksten/verpassten Rekorderaufnahme.
Bei der unüberschaubaren Fülle an akzeptablen bis sehr guten Serien muss man die auch nicht immer sofort sehen, von wenigen Ausnahmen wie GoT und TWD vielleicht mal abgesehen.
Daher ist es zumindest mir egal, wann ich die nächste Staffel Homeland auf Netflix sehe. Ich komme eh kaum noch hinterher die Neuerscheinungen auf Netflix und Amazon nachzuholen.
Im TV funktionieren allenfalls noch in sich abgeschlossene Folgen und das ist meist Comedy wie TBBT oder TAAHM. Hier sieht es leider mau aus für die Sender, denn bisher scheint mir kein würdiger Nachfolger für diese beiden Serien gefunden worden zu sein.
Das wird für die TV Seriensender zukünftig immer schwieriger sich gegen VOD durchzusetzen, denn die Bandbreitenversorgung und Smart-TV Verbreitung nimmt jeden Tag weiter zu.