Blickt man über den rundledrigen Tellerrand hinaus, begrüßt einen an der Spitze des Monatsrankings ein weiteres Format, das generell für große Publikumserfolge steht: Der «Tatort», der am Sonntagabend mit Reruns auf bis zu 7,52 Millionen Fernsehende gelangte und bei Jung wie Alt gleichermaßen gefragt war. Einmal mehr stark nachgefragt war auch «Aktenzeichen XY», das sich mit 5,57 Millionen Zuschauern sogar vor einige Sonntagsausstrahlungen des «Tatorts» schob. Ebenfalls eine durchgängige Konstante des Monats sind Nachrichten-Formate auf den obersten Positionen des Publikums-Rankings - was einerseits mit ihrer taktisch cleveren Positionierung im Rahmen von Fußball-Übertragungen zusammenhing, andererseits aber auch mit der einmal mehr brisanten Nachrichtenlage rund um die Themen Amok, Terrorismus und Putschversuch. RTL kam lediglich mit seinen Formel-1-Übertragungen und der Premierenfolge von «500 - Die Quiz-Arena» auf mehr als vier Millionen Zuschauer, in der Spitze wurden 4,62 Millionen verzeichnet (für das Ungarn-Rennen der Formel 1).
In der werberelevanten Zielgruppe schien es lange, als könne ausnahmsweise einmal ProSieben die reichweitenstärkste Ausstrahlung aller Privatsender vorweisen - doch dann wurde am vorletzten Tag des Monats eine taktisch clever platzierte Ausstrahlung von «Star Trek: Into Darkness» noch knapp vom Finale von «Ninja Warrior Germany» überholt, das von 1,69 statt 1,65 Millionen Menschen gesehen wurde. Da die Ninjas am zuschauerschwächeren Samstag an den Start gingen, fiel der damit verbundene Marktanteil angesichts von 22,9 gegenüber 16,9 Prozent ohnehin erheblich besser aus. Beide Werte lasen sich aber natürlich relativ putzig gegenüber den 12,27 und 11,08 Millionen, die ARD und ZDF mit ihren beiden EM-Übertragungen der deutschen Nationalelf verbuchten.
Unter den übrigen Sendern gelang es VOX, die Spitzenposition zu erreichen: Das erste Sommer-Special von «Grill den Henssler» kam hier auf spektakuläre 2,47 Millionen Fernsehende sowie überragende Marktanteile von 9,5 Prozent des Gesamtpublikums bzw. 13,7 Prozent der werberelevanten ZIelgruppe. Dahinter lag eine weitere Ausstrahlung von «Independence Day» in Sat.1, die im Kontext der Fortsetzung tolle 2,40 Millionen Zuschauer verbuchte und hinsichtlich der Marktanteile am Samstag sogar stärkere 10,9 und 15,0 Prozent generierte als die Kochshow der Konkurrenz. Bei kabel eins begeisterten vor allem alte Bud-Spencer-Filme mit bis zu 1,66 Millionen Fernsehenden, RTL II wusste lediglich mit seinen gewohnten Dokusoaps (unter anderem «Die Reimanns», «Der Trödeltrupp» sowie das neue «Lecker Schmecker Wollny») zu überzeugen - mehr als 1,33 Millionen war damit allerdings nicht drin.
Alle Zuschauer (Juli 2016)
ALLE ZUSCHAUER (JULI)
13,1
16,0
16,0
13,3
17,1
17,1
9,0
8,3
8,3
3,4
3,2
3,2
5,0
4,6
4,6
7,1
6,6
6,6
4,7
4,4
4,4
3,8
3,6
3,6
Marktanteile in % | Juli 2016 gegenüber Juni 2016
Die insgesamt jeweils drei EM-Abende schraubten die Werte der Öffentlich-Rechtlichen noch einmal ein wenig nach oben. Da ARD und ZDF aber auch fernab dessen eine alles in allem sehr solide Leistung hinlegten, reichte es unterm Strich für starke 13,3 Prozent (ZDF) bzw. 13,1 Prozent (Das Erste). In beiden Fällen wurden damit Werte deutlich oberhalb des Normalniveaus ohne herausragende Fußball-Übertragungen erzielt, gegenüber dem WM-Monat Juli 2014 verlor man allerdings deutlich: 15,0 Prozent hatten damals für ARD und 14,8 Prozent für das ZDF zu Buche gestanden. Allerdings hatten die Sender damals auch noch acht statt nur sechs Spiele im Aufgebot, unter anderem mit dem erfolgreichen WM-Finale noch eine dritte Deutschland-Partie.
Äußerst zwiespältig sind die Ergebnisse der privaten Sendestationen zu bewerten. Auf der einen Seite verbesserten sie sich unisono gegenüber dem komplett von Fußball dominierten Vormonat, andererseits hätte man durchaus erwarten können, dass sie sich auch im Vergleich zum Juli 2014 steigern würden, in dem ARD und ZDF eben noch klar bessere Zahlen verzeichnet hatten als diesmal. Hinsichtlich dieser Erwartungshaltung waren die Resultate jedoch eher ernüchternd: RTL landete unverändert bei genau neun Prozent, Sat.1 gab im direkten Vergleich sogar deutlich nach von 7,7 auf nur noch 7,1 Prozent und selbst das in den vergangenen Jahren stets sehr solide ProSieben enttäuschte mit nur 4,7 statt 5,2 Prozent. Einzig VOX und kabel eins wurden der Steigerungserwartung in Folge der öffentlich-rechtlichen "Schwäche" gerecht: Ersterer Sender verbesserte sich von 4,8 auf 5 Prozent, letzterer von 3,6 auf 3,8 Prozent.
Womit lassen sich diese enttäuschenden Werte für die werbefinanzierten Kanäle erklären? In allererster Linie wohl mit der Standard-Erklärung für erodierende Marktanteile in den vergangenen Jahren generell: Die Fragmentierung des Fernsehmarktes. Kamen die acht großen Sender vor Zwei-Jahresfrist insgesamt noch auf 63,7 Prozent und im Juli 2012 sogar noch auf 64,9 Prozent, mussten sie sich diesmal mit 58,8 Prozent begnügen. Blickt man auf die Gesamtbilanz der beiden Kernsaisons, lässt sich ein Aderlass auf ähnlich drastischem Niveau feststellen: In der Saison 2013/14 verbuchten Das Erste, das ZDF, RTL und Co. noch 63,1 Prozent, seither gaben sie über dreieinhalb Prozentpunkte auf nur noch 59,5 Prozent ab.
14- bis 49-Jährige (Juli 2016)
14- BIS 49-JÄHRIGE (JULI)
8,8
12,5
12,5
7,7
12,6
12,6
11,7
10,6
10,6
5,5
5,2
5,2
6,5
5,9
5,9
8,8
7,7
7,7
9,8
8,8
8,8
5,3
5,0
5,0
Marktanteile in % | Juli 2016 gegenüber Juni 2016
Beim jungen Publikum ist auf Seiten RTLs erst einmal Durchatmen angesagt: Mit durchschnittlich 11,7 Prozent gelang es dem Sender letztlich ohne größere Schwierigkeiten, die Marktführung zurück zu erobern, was man nicht zuletzt auch seinen erfreulich starken Sommershows zu verdanken haben dürfte - allen voran «Ninja Warrior Germany». Gleichwohl lag man noch immer deutlich unterhalb des Normalniveaus von rund 13 Prozent und wird im August erneut hart um die Vorherrschaft kämpfen müssen, haben ARD und ZDF mit Olympia doch ein weiteres sportliches Großevent im Repertoire. ProSieben hingegen enttäuschte mit gerade einmal 9,8 Prozent, da man auch in den beiden letzten Monatsdritteln ohne König Fußball als Gegenspieler zu oft in der Einstelligkeit verharrte. Dass die Unterföhringer wahrlich nicht alles rausholten, was möglich gewesen wäre, stellt sich auch im direkten Vergleich mit dem Juli 2014 dar: Damals hatte man deutlich bessere 10,5 Prozent generiert, während RTL sogar leicht schwächere 11,5 Prozent erzielte. Immerhin: Gegenüber dem Juni-Wert steigerten sich beide großen Privatsender erheblich.
Einen massiven Einbruch der Werte nach dem ersten Monatsdrittel erlebten erwartungsgemäß ARD und ZDF: Lagen die beiden Sender nach dem 10. Juli noch bei 12,9 bzw. 11,6 Prozent - und damit klar vor RTL, das bis dato nur 10,8 Prozent der 14- bis 49-Jährigen mobilisierte -, rutschte man danach massiv auf sein Normalniveau von jeweils rund sechs Prozent ab. Unterm Strich reichte diese Gesamtbilanz immerhin noch für 8,8 Prozent beim Ersten, womit sich der Sender auf Rang drei wiederfand, während die Mainzer mit 7,7 Prozent davon kamen. Hier schob sich schließlich sogar noch Sat.1 vor, das zwar gewiss nicht überragende, aber hinnehmbare 8,3 Prozent verbuchte - und etwas besser da stand als heute vor zwei Jahren, wo man auf nur 8,1 Prozent zurückblickte.
Bei den kleineren Sendern sei kabel eins lobend erwähnt, dem es wie keinem anderen Privatsender gelungen ist, die EM-Zeit möglichst schmerzfrei hinter sich zu bringen: Nach gar nicht mal so schlechten 5,0 Prozent im Juni steigerte man sich klar auf 5,3 Prozent - womit man zwar einerseits wieder einmal das schwächste Glied der acht großen Sender darstellte, andererseits aber auf Höhe der eigenen Saison-Norm von 5,2 Prozent lag. Alle anderen großen Sender hatten mehr oder minder klare Einbußen zu verkraften. VOX steigerte sich vornehmlich aufgrund seiner starken Primetime-Shows auf ganz ordentliche 6,5 Prozent, RTL II hingegen kam erneut nur auf wenig erfreuliche 5,5 Prozent. Wie wenig ein solcher Wert erfreut, zeigt sich im direkten Vergleich mit dem Juli 2014: Damals lag man mit 6,1 Prozent nur minimal hinter dem sendergruppeninternen Mitbewerber VOX - nun trennen die beiden etwa einen Prozentpunkt.
Kumuliert kamen die dicken Fische des deutschen Sendermarktes auf 63,6 Prozent Marktanteil, womit sie bei weitem nicht mehr das Gewicht des Vormonats (68,3 Prozent) erreichten, zumindest aber stärker unterwegs waren als in sieben von neun Monaten der zurückliegenden TV-Hauptsaison (einzig im Januar und Mai lief es besser).
Alle Zuschauer (Fernsehjahr)
ALLE ZUSCHAUER (GESAMTES JAHR)
12,1
11,6
11,6
12,9
12,4
12,4
9,9
10,2
10,2
3,5
3,5
3,5
5,1
5,2
5,2
7,4
7,6
7,6
5,1
5,3
5,3
3,8
3,8
3,8
Marktanteile in % | Sep 2015 – Jul. 2016 gegenüber Sep. 2015 – Mai 2016
Während die hier aufgeführte Statistik in ungeraden Jahreszahlen ohne EM oder WM meist wenig gewinnbringend ist, da sie oftmals nur aufzeigt, dass in den Sommermonaten gegenüber der Hauptsaison nur sehr wenig passiert, ergeben sich nun im Zuge der EM-Dominanz doch recht deutliche Verschiebungen der Öffentlich-Rechtlichen. Sowohl Das Erste als auch das ZDF verbessern sich einzig und alleine aufgrund der überragenden Werte insbesondere im Juni um jeweils etwa einen halben Prozentpunkt, was unterm Strich keine Verschiebung hinsichtlich der Machtpositionen bedeutet, wohl aber im Hinblick auf den Abstand zur privaten Konkurrenz.
Der wächst nämlich weiter erheblich an und bringt RTL in seiner Außendarstellung in die Bredouille, da man erstmals seit vielen, vielen Jahren nicht mehr auf einen zweistelligen Wert in der Gesamtbilanz verweisen kann. Noch dramatischer lesen sich die Werte, wenn man die ersten fünf Saison-Monate ausklammert und lediglich den durchschnittlichen Wert der Kölner seit Februar berechnet: Dann nämlich läge man nicht mehr bei 9,9 Prozent, sondern gerade einmal noch bei 9,4 Prozent - und kam über ein halbes Jahr hinweg schon nicht mehr über soeben zweistellige 10,0 Prozent hinaus.
Auch bei den anderen Privatsendern zeigt die Formkurve fußballbedingt eher weiter nach unten als nach oben. ProSieben und VOX liegen derzeit auf Augenhöhe, durch die EM ist allerdings letzterer Sender klar besser herausgekommen als der zweitgrößte Vertreter der ProSiebenSat.1-Gruppe, der in den vergangenen Jahren so solide performte - und aktuell ein wenig in Gefahr gerät, sich dem generellen Abwärtstrend auf dem TV-Markt anzuschließen. RTL II bleibt weiter ganz hinten, kabel eins kommt ohne größere Schmerzen durch die für die werbefinanzierten Kanäle schwierigste Zeit des Jahres. Zumindest, falls man jetzt nicht noch im August gegen Olympia einbricht.
14- bis 49-Jährige (Fernsehjahr)
14- BIS 49-JÄHRIGE (GESAMTES JAHR)
7,4
6,7
6,7
6,6
5,8
5,8
12,8
13,2
13,2
5,7
5,8
5,8
6,6
6,7
6,7
8,8
9,0
9,0
10,6
10,9
10,9
5,2
5,2
5,2
Marktanteile in % | Sep 2015 – Jul. 2016 gegenüber Sep. 2015 – Mai 2016
Ein ähnliches Bild wie beim Gesamtpublikum ergibt sich bei den 14- bis 49-Jährigen: RTL und ProSieben verlieren nahezu im Gleichschritt weiter an Marktanteilen, während ARD und ZDF deutlich gepusht werden. Da die beiden Sender hier fernab von Sport-Übertragungen nur selten wirklich über Stunden hinweg zu überzeugen wissen, fällt die Verbesserung gegenüber der Normalsaison hier sogar noch etwas saftiger aus als bei allen Fernsehenden ab drei Jahren. Bei den etwas kleineren Privatsendern zeigt der Trend wenig überraschend ebenfalls nach unten, einzig kabel eins muss keine weiteren Verluste hinnehmen - wenngleich man mit 5,2 Prozent auch die mit Abstand schwächste Basis aller Sendeanstalten vorzuzeigen hatte.
Vergleicht man diese Zahlen mit den Durchschnittswerten der Vorsaison (September 2014 bis Juli 2015), dann kommen die größten Verlierer von der ProSiebenSat.1-Gruppe: Sat.1 büßt demnach abermals erheblich von 9,5 auf nur noch 8,8 Prozent ein, für ProSieben sieht es mit 10,6 statt 11,1 Prozent nicht unbedingt besser aus. RTL verliert zwar auch, aber "nur" um einen knappen halben Prozentpunkt, VOX und kabel eins büßen nur leicht ein und RTL II gerade in Anbetracht seiner überschaubaren Größe doch ziemlich deutlich von 6,2 auf 5,7 Prozent. Die Öffentlich-Rechtlichen legen natürlich klar zu: Das Zweite von 5,9 auf 6,6 Prozent und Das Erste sogar von 6,6 auf 7,4 Prozent, da es seine Hausaufgaben hinsichtlich der Erschließung des jungen Publikums auch innerhalb der Kernsaison ganz gut gemacht hat, während sich die Mainzer dort von Jahr zu Jahr immer schwerer tun.
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