Filmfacts: «Ghostbusters» 2016
- Regie: Paul Feig
- Produktion: Ivan Reitman, Amy Pascal
- Drehbuch: Katie Dippold, Paul Feig; basierend auf «Ghostbusters» von Ivan Reitman, Dan Aykroyd und Harold Ramis
- Darsteller: Melissa McCarthy, Kristen Wiig, Kate McKinnon, Leslie Jones, Charles Dance, Michael Kenneth Williams, Chris Hemsworth
- Musik: Theodore Shapiro
- Kamera: Robert Yeoman
- Schnitt: Melissa Bretherton, Brent White
- FSK: ab 12 Jahren
- Laufzeit: 117 Minuten
Melissa McCarthy («Taffe Mädels») hält sich darstellerisch derweil zurück. Sie spielt gleichzeitig das vernünftige Gegenstück zu Holtzmann und das begeisterungsfähigere Gegenstück zu Wiigs Erin. In dieser Grauzone fällt es McCarthy schwer, ihrer sympathischen Figur ein einprägsames Profil zu verleihen, wenngleich sie in dieser gemäßigteren Art (wie schon in «Spy – Susan Cooper Undercover») ein überaus souveränes Timing zur Schau stellt, welches ihr etwa als ungehobelte «Tammy» verloren ging. Leslie Jones dagegen ist im Film nahezu das komplette Gegenteil dessen, was die Trailer aus ihrer Rolle gemacht haben: Statt eine hysterische Bauernschlaue von der Straße zu spielen, ist ihre Patty eine keinerlei Unsinn verstehende Buchversessene – die keinen erwähnenswerten Handlungsfaden spendiert bekommt.
Von einem durch die Bank weg engagierten Nebendarstellerensemble begleitet, dem die Liebe zum «Ghostbusters»-Franchise anzumerken ist und diverse alte Bekannte angehören, schlägt sich dieses Quartett durch die bislang eindrucksvollsten Bilderwelten Paul Feigs. Feig ist seit jeher ein mehr an der Komik seines Casts interessierter Regisseur, als ein inszenatorischer Maestro. Auch mit seiner sechsten Leinwand-Regiearbeit verwandelt sich Feig nicht schlagartig in einen gänzlich neuen Filmemacher, jedoch variiert er die Kameraeinstellungen in Gruppenszenen behände und den Pointen zuarbeitend. Außerdem erschafft er mit Kameramann Robert Yeoman («Moonrise Kingdom») und dem Design- sowie Effektteam einige bildhübsche Geistersequenzen. Überhaupt erklären die unwirklichen, gleichwohl greifbar erscheinenden Geister das fürs Komödienfach atypisch hohe Budget – und rechtfertigen den 3D-Zuschlag. Wer sich nicht vollständig gegen dieses Format verschworen hat, erhält für seinen Aufpreis zahllose gut eingesetzte Pop-Up-Effekte, die (auch dank cleverer Manipulation des Bildformates) aus den Geisterjagd-Szenen eine scheinbar in den Saal hineinragende Gaudi machen.
Der besagte, wilde Kampf gegen Geister greift trotz neuer Figuren und Storybögen wiederholt auf die Originalfilme zurück, was ihm in der gebotenen Ausführlichkeit aber ein Stück weit die Eigenständigkeit raubt. Zwar baut Feig ikonische Bilder, Wesen und Zeilen aus den Vorlagen so funktionabel ein, dass Novizen nicht vollkommen ratlos dastehen, während «Ghostbusters»-Experten erfreut grinsen dürfen. Trotzdem könnte das eine oder andere Wiedersehen knackiger verlaufen.
Komponist Theodore Shapiro gelingt auf musikalischer Seite dagegen ein formidabler Spagat: Sein Score würde einem strikten Actionfilm sehr gut zu Gesicht stehen und lässt beispielsweise diverse Marvel-Instrumentalstücke alt aussehen. Mit gezielten Rückgriffen auf alte, akustische Gruselfilm-Klischees sowie mit ebenso bewusst gewählten wie abwechslungsreichen Varianten des Ray-Parker-Junior-Titelsongs verpasst Shapiro dieser Klangwelt dessen ungeachtet einen überdeutlichen, kräftigen und markanten «Ghostbusters»-Stempel. Bei der Songauswahl Feigs andererseits wechseln sich launige Einfälle und schnell vergessene Lückenbüßer ab.
Unterm Strich ergibt all dies einen Film, der zwei Dinge auf einmal ist: Eine spürbar liebevoll-ehrfürchtige Neuinterpretation des Originals, die Teile der Fanbase partout nicht haben wollen. Sowie eine bunte Neuerfindung der 80er-Gruselkomödie als turbulente, übernatürliche Actionkomödie für die «Avengers»-Kinogängergeneration. Ein gewagter, allerdings selbstbewusst vollführter Drahtseilakt, der hauptsächlich mit gelegentlichen Längen zu kämpfen hat. Und mit der gehässigen Welt da draußen. Aber die wollten wir an dieser Stelle ja vergessen. Wobei dieser Gute-Laune-Budenzauber äußerst hilfreich ist!
Fazit: Wer Remakes/Reboots aus Prinzip hasst, den wird «Ghostbusters» nicht bekehren. Wer generell ein Problem mit Frauen hat, der braucht einen Psychiater. Wer aber eine bunt durcheinander gewürfelte Truppe an Heldinnen sehen will, die mit Situationskomik, coolen Gadgets und frechen Kommentaren bewaffnet Jagd auf stylische Geister macht, sollte den ganzen Onlinefrust über diesen Film vergessen. Und ab ins Kino!
«Ghostbusters» ist ab dem 4. August 2016 in vielen deutschen Kinos zu sehen – in 2D und 3D.
Es gibt 4 Kommentare zum Artikel
02.08.2016 19:23 Uhr 1
Vor ein paar Tagen alle Kritiker als "Frauenhasser" und Hater diffamiert nun solch eine "Kritik".
Vaginalpupswitze sind vielleicht auf Adam Sandlers Niveau, aber nicht Ghostbusters.
Ich habe nichts gegen selbstbewußte Frauen, aber es darf auch selbstbewußte Männer geben. Die Sekretärin in GB1 war ne coole Sau, der Hemsworth ist nur noch nen Blödian.
Apropos männliches Selbstbewußtsein. Bei solch einem Kommentar des Herrn Schering fällt mir nur ein (englischer) Spitzname ein, über den sich William Atherton bis heute ärgert, da er immer selbst auf Comic Cons noch so genannt wird.
02.08.2016 19:39 Uhr 2
Ich kann dir zeigen, wo ich in meiner Kritik sehr wohl Schwächen am Film ausmache, und somit eben keine reine "Lobhudelei" betreibe. Kannst du mir zeigen, wo ich alle Kritiker des Films als "Frauenhasser" bezeichnet habe?
Das Original hat unter anderem einen Blowjobwitz. Ist anatomisch nicht weit von einem einzelnen Queefing-Joke. Zudem geht beides so, wie die jeweiligen Filme es umsetzen, am unschuldigen Publikum vorbei.
Hätte man Hemsworths Rolle gewissermaßen 1:1 belassen, würde das wieder jemand anderem nicht passen, weil es ideenlos ist. Ja. Er ist ein reiner Blödian. Daher kann er als Parodie des dummen Blondchens dienen. Diese kann man aufgrund ihrer Umsetzung gut oder schlecht aufnehmen, sie aber aus Prinzip anzuklagen, macht es meiner bescheidenen Meinung nach zu einfach.
02.08.2016 21:54 Uhr 3
Nennt sich Subtext. Ist gleich dem Tenor des Kommentarfinales:
"Wer generell ein Problem mit Frauen hat, der braucht einen Psychiater.".
Unterstellung: Antihaltung.
Welche Antihaltung? Die Macher haben doch vor 2 Jahren gesagt: Jetzt zeigen wirs den Männern. Den Männern? Ist das ein Schwanzvergleich?
Der Blowjob wurde gestrichen und war nicht im Bild.
Wenn Sid mal die Filmhistorie liest, wird er sehen das der Blowjob wegen des niedrigen Niveaus und wegen der Jugend gestrichen wurde.
Alles Andere ist reine Fantasie.
Zu einfach? Das blöde Dummchen in 2016 wieder zu beleben..ist das korrekt?
Das schadet der Frauenbewegung. Das ist wie schon gesagt nachtreten.
Kinder von heute sind mit Emanzipation aufgewachsen.
Da braucht es keinen Sid und keine Ghostbusterienen; die die sexuell unentschlossenen/unerfahrenen von der guten Seite der Macht überzeugen.
Alles andere ist Dickless.
Frauen mit Dick? Sigourney Weaver; Kathleen Hepburn; Judi Dench; Ruth Gordon...
Was soll diese Diskussion über Frauen? Es gab schon starke Frauen die nicht Vaginalfürze brauchten um Präsenz zu zeigen.
Oder nehmen wir Meg Ryan in "Harry and Sally"
02.08.2016 22:45 Uhr 4
Bitte beachte aber auch den Kontext. Die Review eröffnet mit einem Verweis auf die frauenfeindlichen Beschimpfungen, die Cast, Crew und Befürworter des Films zu erdulden hatten. Also greife ich es später wieder auf: Wer den Film allein wegen des Geschlechts der Besetzung hasst, hat in meinen Augen ein tüchtiges Problem. Wer mit der UMSETZUNG des Films ein Problem hat, wird ja kein Problem mit den FRAUEN haben und daher von mir nicht zum Seelenklempner verwiesen.
Davon abgesehen, dass ich gerade leicht verwirrt bin, weshalb du mich erst direkt ansprichst und dann indirekt: Ja, die Szene ist im Film nicht so explizit zu sehen wie zwischenzeitlich geplant. Dennoch ist sie drin und bei entsprechender Fantasie / Tagesform / Wieauchimmerduesnennenwillst als Blowjobwitz zu erkennen. Wenn du den Queef-Witz im neuen Film als härter und / oder peinlicher empfindest, ist das dein gutes Recht. Ich sehe es anders und halte es daher, insbesondere angesichts dessen, was sich das Original so leisten durfte, für übertrieben, aus den Tonband-Albereien der heutigen Ghostbuster dem ganzen Film einen Strick zu drehen.
Das Ulkige. Ich gebe dir Recht. Und bin daher vollkommen baff, dass du den Film angesichts deiner Einstellung niedertrampelst und auch mich angehst. Ja, das dumme Blondchen wiederbeleben, ist unnötig. Oder: Wäre unnötig. Da es noch existiert, finde ich, dass Hemsworth es zu Grabe treten darf (oder in die Luft sprengen, um auf meine Formulierung in der Review zurückzugreifen). Eine Diskussion, was Frauen können und dürfen, SOLLTE überflüssig sein. Wie man an der Debatte um diesen Film sieht, ist unsere Gesellschaft insgesamt aber doch nicht so emanzipiert, wie man glauben dürfte.
Wie ich in meiner Kritik schreibe, lobe ich, dass der Film nicht in eine Zeit der Parolen und reinen Diskussionen zurückfällt. Sondern den Zuschauern (und viel mehr noch den Zuschauerinnen) vorlebt: Wir machen es einfach. Ohne Vergleiche mit den Männern. Ohne "Wir zeigen es euch!"-Mentalität, die einen unnötigen (zusätzlichen) Graben zwischen den Geschlechtern zieht. Die Ghostbusters 2016 sind einfach vier Menschen, die Geister jagen. So wie die im Original. Bloß mit anderem Geschlecht. Ein Großteil des Films funktioniert so. Hemsworth schwebt in einer anderen, karikaturesken Sphäre, die Ladys selbst bekommen es nur mit zwei Seitenhieben zu tun.
Meiner Ansicht nach erdet das den Film. Wie ja die Debatte um Film (oder weite Teile an der Kritik an der EM-Kommentatorin des ZDF und so weiter und so weiter) zeigen, werden Frauen noch immer Steine in den Weg gelegt. Statt sie zu fokussieren oder komplett zu ignorieren, marginalisiert "Ghostbusters" diese. Das ist doch ein guter Mittelweg - komplett ohne Angriffe auf Angreifer würden ein paar Pointen fehlen und es von manchen sicher als "leider unerreichbare Utopie" bezeichnet. Wäre es zu sehr im Fokus, hätte deine Kritik am Film enormes Gewicht. Was schade wäre - nicht weil es doof wäre, dass du Recht hast.
In diesem Sinne: Ich verstehe leider wirklich überhaupt nicht, wieso meine Kritik dich so aufbringt und dich dazu bringt, so unwohl auf mich einzugehen. Aber ich sehe, dass man interessiert mit dir diskutieren kann. Ich bin etwas unglücklich damit, wie die Diskussionsansätze dann letztlich auch zu Spitzen werden und, wie gesagt, ich bin überfragt, wie du vor deinem Hintergrund so schlecht vom Film denken kannst, der in meinen Augen deinen Wünschen wenigstens weitestgehend entsprechen sollte. Da sollte man doch denken, dass auch du ihm insgesamt positiv entgegen schreitest, bloß mit anderen Schwerpunkten bezüglich der vorhandenen Schwächen.
Aber vielleicht lässt sich das Gespräch an anderer Stelle vor weniger hitzigem Hintergrund fortsetzen? *schulterzuck* *Hand rüber reich*