First Look

2. Staffel «Wayward Pines»: Düsterer, aber nicht besser

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Die US-Quoten der 2. Staffel «Wayward Pines» waren nicht unbedingt fantastisch. Wie schlägt sich die neue Season inhaltlich und ist eine Weitererzählung überhaupt nötig gewesen?

Es ist unmöglich über Wayward Pines - Season 2 zu schreiben, ohne die erste Staffel zu spoilern. Wer die letztjährige erste Season also verpasst haben sollte, und sich noch die ein oder andere Überraschung bewahren möchte, sollte an dieser Stelle aufhören zu lesen (!!!).

Das Ergebnis der ersten Staffel des durchaus veritablen Serienhits «Wayward Pines»: Die Welt ist eine postapokalyptische Hölle beherrscht von mutierten Wesen, die einst selbst Menschen waren und nun, ohne Rücksicht auf Verluste, alles fressen, was ihnen vor die mutierten Mäuler gerät (also irgendwie immer noch wie Menschen). Die kleine Vorstadt Wayward Pines ist das letzte Überbleibsel einer einst mächtigen Zivilisation. Allerdings stehen auch deren Einwohner auf der Speisekarte. Eine riesige Mauer mit einem stromgeladenen Zaun soll Abhilfe und Sicherheit verschaffen. „Aber was ist mit den Menschen innerhalb dieser vermeintlich sicheren Mauern? Sind nicht gerade diese die wahren Monster?,“ fragte die Serie immer wieder bedeutungsschwanger in die Ferne blickend und antwortete dabei nicht gerade subtil mit einem: „Jap, sind sie!“.

Unterhaltsam überzogen


Mit einer amüsanten Überzogenheit bewegte sich Matt Dillon durch die mysteriöse Kleinstadt, in der jeder eine generelle Attitüde mit sich herum trug, als wäre man gerade aus der „Wie schauspielere ich sehr, sehr verdächtig“-Stunde der Schauspielschule aufs Set gestolpert. Als Zuschauer kann man dies hassen oder den etwas trashigen «Twilight Zone»-Gedächtnis-Faktor zu schätzen wissen und sich unterhalten lassen. Allerdings war die Serie auch auf eine Weise konzipiert, welche insbesondere die erste Staffel von einem herrlich bekloppten Twist leben ließ. Dieser wurde in der Mitte der Season der Hauptfigur und damit dem Zuschauer eröffnet, damit man noch gerade bis zum Ende der Staffel davon zehren konnte. Vielleicht hat man unvernünftigerweise innerhalb von zehn Episoden schon die drei Bücher verbraten, die als Vorlage dienten, und trat sich damit selbst die erzählerischen Krücken weg. Andererseits eröffnet dies der Serie wiederum neue, erzählerische Freiheiten. Auch wenn die erste Staffel mit den für Fantasy-, Science Fiction- und Mystery-Serien fast schon obligatorischen Twist endete, wirkt eine zweite Staffel in gewisser Hinsicht dennoch redundant.

Nun befinden wir uns also 3000 Jahre in der Zukunft und Wayward Pines hat sich dank einer ständigen Bedrohung von außen und mittlerweile auch von innen in einen faschistischen Kleinstaat verwandelt (Vorsicht Metapher!). Verantwortlich dafür zeichnet sich die in diese turbulente Zeit geborene Erste Generation. Eine Gruppe junger Menschen, die alle mit ihren schönen, symmetrischen Gesichtern irgendwie gleich aussehen, was wahrscheinlich der Punkt ist. Unter der Führerschaft von Jason Higgins (Tom Stevens) und seiner Freundin Kerry Campbell (Kacey Roll) eine totalitäre Herrschaft über die Kleinstadt inmitten des siebten Kreises der Hölle aufgebaut. Kerry, die ein schwere Verletzung davon getragen hat, muss gerettet werden. Um eine lebensnotwendige Operation durchzuführen, wird der Chirurg Dr. Theo Yedlin (Jason Patric) - wie schon FBI-Agent Ethan Burke (Matt Dillon) in der Staffel zuvor - aus seinem unfreiwilligen Tiefschlaf geweckt, um die lebensnotwendige Operation durchzuführen. Gerade noch in einem wunderschönen Hotel auf Hawaii nach einem Ehestreit eingeschlafen, wacht er also in Wayward Pines verständlicherweise verstört wieder auf. Weil auch ihm niemand schon mit dem ersten Kaffee mit der „Ende der Welt“-Nachricht überfordern möchte, ist es ebenso verständlich, dass er von seinem Fluchtinstinkt ergriffen wird. Auf der anderen Seite versuchen Rebellen unter der Führung des Ethan Burke-Sohnemanns Ben Burke, eine Widerstandsbewegung gegen das faschistische Regime aufzubauen.

Kleine Rätsel und Mysterien versuchen, Serie am Leben zu erhalten


Mehr sollte an diesem Punkt nicht verraten werden, denn auch wenn die Katze, was die Welt und ihren Zustand angeht, schon aus dem Sack gelassen wurde, lebt «Wayward Pines» weiterhin bestenfalls von den kleinen Rätseln und Enthüllungen, welche die Kleinstadt und ihre Charaktere umgeben. Zum Beispiel: Warum Yedlins Ehefrau sich scheinbar bereits komfortabel mit der neuen Situation abgefunden hat. Oder welche Ziele die nach einer Mutanten-Attacke in einem Rollstuhl sitzende Megan Fisher (Hope Davis) verfolgt. Jason Patrics Dr. Theo Yedlin ist quasi Matt-Dillon-Ersatz und Publikums-Avatar, der sich mit einem konstantem und erstauntem „Was zur Hölle geht hier vor?“-Gesichtsausdruck durch die Handlung bewegt. Sofern dies Patric überhaupt möglich ist, denn der Darsteller ist nicht gerade für seine mimische Akrobatik bekannt.

Obwohl eine Rolle wie diese nicht ein großartiges, mimisches Spiel verlangt, wirkt der Hauptdarsteller des zurecht unterschätzten «Speed 2» oftmals gelangweilt und das überträgt sich gelegentlich leider auch auf den Zuschauer. Patric ist durchaus sportlich kann also auch in aktionsreicheren Szenen überzeugen, dennoch wirkt er oftmals wie ein leading man vergangener Tage, der es nie zum Star geschafft hat, und sich nun mit der 2. Staffel einer mäßig erfolgreichen Network-Serie herumschlagen muss. Während Dillon seinem FBI-Agenten noch einen wunderlichen Touch verleihen konnte, ist Jason Patric zwar jemand, der durchaus überzeugend einen Arzt spielen kann, aber dennoch erst einmal fade bleibt. Die Reise, die er antreten muss, ist zunächst die gleiche, die Matt Dillon antreten musste, nur kürzer und in eine Episode statt in fünf komprimiert. Hinzugefügt wird ein Ehedrama, welches wenig packend ist und mittels bekannter Klischees psychologisiert wird.

Dennoch schafft es auch die zweite Staffel ein paar neue Aspekte hinzuzufügen oder zumindest eine neue Perspektive auf alte Sachverhalte einzunehmen: Während zuvor das Mysterium der Stadt im Vordergrund stand, wirft man einen genaueren Blick auf die Auswirkungen des Totalitarismus und Apokalypse verbunden mit der nicht gerade subtilen Metaphorik und wahrscheinlich auch aktuellen Politik- und Zeitbezug, falls man diesen hinein interpretieren möchte. Es geht um den Fortbestand der Spezies Mensch, die vor allem durch die jungen Schüler und Schülerinnen der Stadt gesichert werden soll, mit all den unheimlichen und verstörenden Implikationen, die damit einhergehen. Außerdem müssen sich die letzten Menschen mit Problemen bei Nahrungsversorgung herumschlagen: Die chemische Zusammensetzung des Bodens hat sich so sehr verändert, dass weitere pflanzliche Anbauten unmöglich sind. Gezwungenermaßen müssen sich die Einwohner nach Alternativen außerhalb der vermeintlich sicheren Mauern von Wayward Pines umsehen. Die Elemente, die zuvor im Hintergrund lauerten, treten nun weiter in den Vordergrund. Die ersten Episoden tun ihr Möglichstes, um den neuen bzw. alten Status quo zu etablieren, mit gemischten Erfolg. Jeder muss irgendwie vermitteln, was in den drei Jahren zwischen den beiden Seasons passiert ist, neue Charaktere einführen und die alten, ausgedienten zu einem vernünftigen Abschluss bringen. Dazu gehören auch Theresa Burke (Shannyn Sossamon), die verzweifelt auf die Suche nach ihrem widerständen Sohn Ben begibt. Außerdem die ehemalige Krankenschwester Pam (Melissa Leo), auch biologische Schwester des verstorbenen Stadtgründers David Pilcher (Toby Jones), die noch einmal auftaucht, um die faschistischen Tendenzen ihres Sohnes mit einem handfesten Mutterkomplex zu erklären, den sie ihm schon als Kind mit einer extra-autoritären Ader einprogrammiert hat. Das Ergebnis wirkt ab und zu recht organisch, gelegentlich auch wie langweiliges Kinderzimmer aufräumen, bevor man weiterspielen kann.

«Wayward Pines» schlägt in seiner zweiten Staffel nur eine marginal neue Richtung ein. Mit dem Ableben bisheriger, vielleicht lieb gewonnener Hauptfiguren und dem Ausscheiden von Matt Dillon hat man sich jedoch kaum einen Gefallen getan. Für die dünnen Mysterien der zweiten Staffel sind die Charaktere und ihre individuellen Geschichten nicht unbedingt mitreißend genug, um das Interesse aufrecht zu erhalten. Das Ziel scheint in diesem Jahr zu sein, Hoffnung außerhalb der bekannten und vermeintlich sicheren Mauern zu finden. Allerdings dauert es eine Weile, bis sich auch die Figuren darauf eingespielt haben und der Zuschauer muss sich entscheiden, ob diese Charaktere es unbedingt wert sind, dass man ihnen so weit folgt.

«Wayward Pines» Staffel 2 startet am 11. August auch in Deutschland. Pay-TV-Sender FOX zeigt sie dann donnerstags um 21.00 Uhr.

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