Quoten von «Prinzessin gesucht!»
Genau einmal wusste Kay One mit seiner Show bisher zu überzeugen: Die spätere Hälfte seiner zweiteiligen Show gelangte Anfang Oktober 2014 auf starke 8,1 Prozent Zielgruppen-Marktanteil bei insgesamt 1,04 Millionen Zuschauern. Der erste Teil lag zuvor auf Höhe des Senderschnitts, ein knappes Jahr später kamen Reruns beider Folgen sogar nur auf tiefrote Werte.Umso glücklicher ist man da als von einschlägigen Vorerfahrungen geplagter Betrachter schon, wenn die vermeintliche Sängerinnensuche nicht allzu dreist als Vorwand missbraucht wird, um ein weiteres Stück im Banalitätenkabinett aufzuführen, bei dem sich der Zuschauer über reihenweise talentfreie Trash-Tussis beömmeln kann, die vor des Rappers Ohr einen Ton nach dem anderen versieben und anschließend doch noch weiter mitgeschleift werden, um das Shitstorm-Potenzial im Netz möglichst aufrecht zu erhalten. Denn das muss man Kay Ones zweiter eigener Show beim Sender nach «Prinzessin gesucht!» lassen: Die 25 Mädels, die er in seinen Tourbus einlädt, haben tatsächlich gesangliches Potenzial - und die Fraktion "ich kann nichts, also bin ich" wird in den allermeisten Fällen im Schnelldurchlauf abgefertigt und nicht weiter groß mit Aufmerksamkeit beschenkt.
Die ganze Welt dreht sich um Kay...
Also doch eine seriöse Talentsuche? Wenn man den Zweistünder auf etwa 20 Minuten runterbricht, in denen es wirklich um Gesang geht, kann man mit einem zugedrückten Auge sogar zu diesem Urteil gelangen. Einen Großteil der Sendezeit verbringt man allerdings mit ganz anderen Dingen: Mit ausufernden Dialogen Kay Ones beispielsweise, der sein Projekt eher als Groupie- denn als Casting-Show bezeichnet, vor dem harten Business warnt und genüsslich aufzählt, auf welchem Portal er oder sein Hund nun eigentlich wie viele Likes, Klicks oder Shares hat. Oder auch damit, dass er gemeinsam mit seinen Kumpels durch die Weltgeschichte reist und das eine oder andere Mädel persönlich abholt - natürlich nicht, ohne von der potenziellen Frau seiner tonalen Träume ausgiebig geknuddelt und bewundert zu werden.
Es geht also im Grunde weniger um die Kandidatinnen, die weitgehend eine blasse, wenn auch relativ talentierte Masse bleiben, als um Kay One selbst: Er sucht nach dem Mädchen seiner Gnade, er behält sich das alleinige finale Entscheidungsrecht über Weiterkommen und Ausscheiden vor, er darf in protzigen Karren vorfahren, um das automatisierte Gekreische seiner "Groupies" abzuholen - kurz gesagt: Er ist hier der Boss. Das Prinzip kennen wir alle von Dieter Bohlen oder Heidi Klum, es wird hier dem Publikum nur mit einem noch viel größerem Holzhammer aufgedrängt, während Bohlen und Klum zumindest noch vermeintlich ähnlichwertige Statisten an die Seite gestellt bekommen, die hin und wieder einen Mucks von sich geben dürfen, bevor der Kaiser zu seinen Untergebenen spricht.
«Kay One» - Das «DSDS» im Endstadium?
Ohnehin kommt dem Rezipienten zeitweise der Gedanke auf, dass so wie hier «DSDS» aussehen könnte, hätte RTL die Sendung erst in diesen Jahren auf die Mattscheibe gebracht und nicht Anfang der 2000er mit der Primärintention, eine große abendfüllende Samstagabend-Show zu kreieren, die visuell und akustisch etwas hermacht und beeindruckt. Auf einem ähnlichen Weg ist das noch immer sehr erfolgreiche Format ohne Frage: Die kostspieligen und nicht vollständig redaktionell durchplanbaren Live-Mottoshows wurden inzwischen gestrichen, der Dokusoap-Anteil erheblich erhöht und außer Dieter Bohlen wird die Jury mittlerweile in jeder Staffel munter durchgewechselt, was seiner ohnehin schon beträchtlichen Dominanz sicher zugute kommt.
Ob man das nun gut finden mag oder nicht, bleibt fraglos dem autonomen Zuschauer ebenso selbst überlassen wie die Beantwortung der Frage, ob man sich überhaupt mit ansehen möchte, was Kay One in «Kay One» so treibt. Ein beträchtlicher Teil des Publikums wird dies von vornherein negieren und einen großen Bogen um diese Sendung machen, die fairerweise ja auch nur im Untertitel mit der Sängerinnen-Suche wirbt und den eigentlichen Protagonisten vornan platziert. Wer sich dagegen für den Konsum entscheidet, bekommt einen Ego-Trip mit ein wenig hörbarem Gesang, bislang noch eher zurückhaltend platzierten Zickenkriegen und dem eher gewöhnlichen Casting-Element geboten, dass sich irgendwelche jungen Mädchen um die Erreichung eines vermeintlichen "großen Traums" duellieren - was wohlgemerkt die Single und das Video ist, wenn man dem Sendungsnarrativ Folge leisten möchte. Und ein wenig TV-Präsenz, eine kostenlose Ibiza-Reise sowie im Bestfall einer televisionären Endverwertung im australischen Regenwald, wenn man es mit den Mädels und der Sendung weniger gut meint.
Man muss den Verantwortlichen von «Kay One - Sängerin gesucht!» allerdings lassen, dass sie zumindest über zwei Stunden hinweg weitgehend unterhaltsames, spaßiges Material an den Zuschauer bringen, ohne dabei das Tor zur Fernsehhölle allzu weit zu öffnen. Klar, was man hier sieht, ist banal, kalkuliert und sicherlich weit von der Speerspitze der Unterhaltungskunst entfernt, aber man wird kaum wirklich böse zu den Kandidatinnen. Vielleicht auch, weil man die "Castings" relativ kurz in nur einer Folge abwickelt und in der kommenden Woche bereits in die zweite Casting-Phase auf Ibiza überleitet - mit einem erstaunlich kleinen Teilnehmerfeld von nur noch elf Teilnehmerinnen, die immerhin noch fünf weitere Episoden tragen sollen. Dann allerdings beschränkt man sich auf nur noch eine Stunde Sendezeit und lässt Kay One erst um 22:15 Uhr weitersuchen. In Sachen Ego ist er aber ohnehin schon längst fündig geworden.
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