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News-Junkie statt Rockstar

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Ein HSV und St. Pauli-Fan in Personalunion führt bei Sport1 durch einige der bekanntesten Fußball-Sendungen. Wie Oliver Schwesinger den verrückten Transfer-Sommer verbracht hat und warum seine Karriere quasi mit kleinen Zetteln für die Sportjournalisten Lierhaus, Welke und Wontorra begonnen hat, verrät er Quotenmeter.de.

Mal vorgestellt...*

  • Wunsch-Position: „Rechtes, offensives Mittelfeld. Ich sehe mich dann ähnlich wie Thomas Müller als Freigeist zwischen den Linien.“
  • Wunsch-Trikotnummer: „Ich habe damals mit der Jugend mit der Nummer 9 angefangen. Die habe ich immer sehr gerne getragen. Das war ja früher die Nummer des klassischen Mittelstürmers. Ich habe dann aber eher immer im Mittelfeld gespielt, sodass ich mich wohl für die Nummer 7 entscheiden würde. Wobei, um ehrlich zu sein: Bei den Gehältern, die im Spitzenfußball gezahlt werden, würde ich auch mit der 98 auflaufen.“
  • Wunsch-Trainer: „Nicht einfach zu beantworten. Man hört immer, dass Pep Guardiola dich als Spieler nach vorne bringt. Ich persönlich würde aber einen Trainertyp bevorzugen, der zu den Spielern sehr menschlich und nahbar ist. Deshalb für mich eher: Jürgen Klopp, der auch eine klare Ansprache an seine Spieler hat.“
*Oliver Schwesinger auf die Frage, welche Antworten er geben würde, wäre er ein Fußball-Superstar
Tourbus statt Bundesliga-Stadion? Backstage auf großen Festivals statt Presseraum in der Allianz Arena? Zumindest in Betracht gezogen hat Sport1-Moderator Oliver Schwesinger, der seit 15 Jahren durch «Bundesliga Aktuell» führt, lange Jahre im «Volkswagen Doppelpass» als Co-Moderator auftrat und jetzt auch durch die großen Europa League-Abende führt, die Möglichkeit. „Eigentlich wollte ich früher mal Rockstar werden“, erzählt der heute 44-Jährige. Independent Rock war und ist auch heute noch sein Ding. Geklappt hat es mit der großen Musiker-Karriere nicht. „Es lag vermutlich an einer Mischung aus mangelndem Talent und der Tatsache, dass ich doch sehr gut-bürgerlich aufgewachsen bin“, schmunzelt der Sportjournalist. Stattdessen begann er mit Mitte Zwanzig, als noch parallel zum Studium bei Sat.1 arbeitete, dann auch für die damalige «ran»-Datenbank und schnupperte erstmals entfernte Bundesliga-Luft.

„Als ich damals den Moderatoren Oliver Welke, Monica Lierhaus oder Jörg Wontorra immer die Statistik-Zettel kurz vor der Sendung überreicht habe, war ich ehrlich immer geflashed von der Atmosphäre im Studio.“ Dass er nur wenige Jahre später selbst mit eigener Sendung vor der Kamera stand, war eine Mischung aus Plan und Zufall. Sport1 wollte Anfang des Jahrtausends eine neue tägliche Fußballsendung starten und Schwesinger war quasi zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Heute noch ist er das Gesicht von «Bundesliga Aktuell» und startete vergangene Woche mit seiner ersten Sendung um 18:30 Uhr in die neue Saison. In den Jahren hat sich um ihn herum viel verändert. Die Ansprüche an ein tägliches Magazin im Bundesliga-Umfeld seien schlicht andere als früher.

Auf der Suche nach der Story hinter der Story


Früher war vielleicht ein exklusives Hoeneß-Interview das Highlight schlechthin. Heutzutage werde ein solches Gespräch vormittags um elf Uhr geführt und um fünf Minuten nach elf können Fans die Aussagen auf Sport1.de oder in der App des Senders schauen – oder teilweise alles schon bei Facebook Live verfolgen. „Deshalb ist es bei «Bundesliga Aktuell» inzwischen eher unsere Aufgabe, Sachverhalte einzuordnen, zu erklären und die Storys hinter der Story zu zeigen.“ Und das sei auch durch die neuen Medien, die Redaktionen eher zu viele als zu wenige Informationen bescheren, nicht immer einfach. „Während einer Bundesliga-Saison werde ich morgens wach und checke erstmal die News-Lage. Tagsüber ist man in einer Redaktion ja sowieso immer auf dem Laufenden.“ Auch abends, kurz vor dem Ende des Tages, geht der Blick bei Schwesinger nochmal in Richtung Handy.

News-Junkie statt Rockstar quasi. Es ist aber auch verdammt viel los gewesen in diesem Sommer an den wichtigsten Fußballstandorten Deutschlands und Europas. Da waren es gar nicht so sehr die Münchner Bayern, die die Schlagzeilen bestimmten. „In Sachen Einzeltransfers hat mich Werder Bremen sehr positiv überrascht. Dass es dort wieder möglich ist, einen Wechsel wie von Max Kruse zu stemmen, freut mich. Ich hoffe für ihn, dass er an der Weser wieder zur Ruhe kommt“, sagt Schwesinger. Aber auch in Dortmund war einiges los. „Das war sehr spannend. Der BVB hat ja viel Geld bewegt, nachdem dort eine ganze Achse weggebrochen ist. Ich bin gespannt, welche Rolle Trainer Tuchel mit seinen Jungs in der neuen Saison spielen wird.“

Zustimmen muss Schwesinger Tuchels Aussagen über die weiter steigenden Transfersummen und der Gefahr, dass normale Fans diesen Wahnsinn bald nicht mehr verstehen. Ob die Premier League-Vereine, die diesen Sommer stark aufrüsteten, mit dem vielen Geld auch wirklich Erfolg einkaufen, sei dabei noch gar nicht sicher gesagt. „Man muss bedenken, dass dort ja immer schon viel Geld unterwegs war. Manchester United hat jüngst 150 Millionen Euro regelrecht verbrannt.“ Inzwischen aber habe man sich mehr Trainerkompetenz auf die Insel geholt, findet Schwesinger – auch in Hinblick auf die Verpflichtung von Pep Guardiola und Jürgen Klopp. „Die aktuellen Transfers sehe ich als nachhaltiger an.“ Ob dadurch aber nun sofort die ganz großen Titel in Champions- und Europa-League nach England wandern werden, wollte der 44-Jährige mal offen lassen.

'Ein Jahrhundertzufall'


Denn in der neuen Europa League-Saison, die Mitte September beginnt und von Schwesinger wieder im Free-TV auf Sport1 moderiert wird, hat er auch spanische und deutsche Vereine auf dem Zettel. Etwa die Schalker, die etwas wieder gut zu machen hätten, nachdem sie in der zurückliegenden Saison „sang und klanglos“ ausgeschieden wären. Und bei Mainz 05 freut sich der 44-Jährige auf einen „tollen Trainer, der viel bewegen kann“. Auf einen Verein, den man 15/16 intensiv begleitete, muss allerdings verzichtet werden. Borussia Dortmund ist diesmal für die Champions League qualifiziert.
Noch immer habe Schwesinger Gänsehaut – etwa dann, wenn er an das Spiel der Borussen in Liverpool und die sehr unglückliche und noch knappere Niederlage denkt. „Da ärgere ich mich heute noch“, sagt der Moderator lachend. Dass dieses Spiel überhaupt zustande kam und Sport1 mit rund 6,3 Millionen Zuschauern an jenem Abend die beste Zuschauerzahl der Sendergeschichte generierte, sei quasi ein „Jahrhundertzufall“. Damit könne man als Sender und Moderator eben nicht in jedem Jahr rechnen. Was die Europa League, die Schwesinger ausdrücklich lobt, nicht schmälern soll – ist diese im kommenden Jahr doch mit Manchester United (und Jose Mourinho) und später auch wieder mit sicherlich namhaften Champions League-Absteigern bestückt.

Bis dahin aber ist noch etwas Zeit. Zeit, die Schwesinger in der Nähe seiner Nachrichten-Quellen verbringt. Und manchmal auch auf dem Golfplatz. Wobei, wie er sagt, für seine Leidenschaft Golfen, einen Sport, den er gerne viel mehr als Volkssport sehen würde hierzulande, immer viel zu wenig Zeit bleibt. Zumal auch der Fußball Schwesinger sehr am Herzen liegt. Der 44-Jährige ist sowohl Fan des Hamburger SV als auch von St. Pauli. „Darf man sowas denn überhaupt?“ gibt er lachend als Antwort. Ja, man darf – wenn man es gut erklärt. „Schuld“ daran sei sein Vater. Der habe ihn ganz früher mit zum HSV genommen, damals als die Hamburger noch erfolgreich spielten. Beeindruckt habe ihn das große Stadion, der große Erfolg. Aber seine Liebe habe er eben auch an den Verein aus St. Pauli verloren. An das damals baufällige Stadion, an die Fans mit ihren Eigenheiten und daran, dass man an der Tribüne bei der Eckfahne stehend ganz dicht an den Spielern dran war. Damals ahnte er noch nicht, dass ganz nah dran eine inzwischen gute Beschreibung für seinen Job beim Sportsender ist.

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