Hinter den Kulissen
- Ausführende Produzenten: Gregory Henry, Kimberly Woodard, Jeff Grogan
- Schnitt: Justin Monnig
- Schauplatz: Das Clark County Jail in Jeffersonville, Indiana
- Laufzeit pro Folge: ca. 42 Minuten
- Episoden: 13 Stück in Staffel eins
- Produktionsfirma: Lucky 8
Das Konzept dieser für A&E produzierten Dokureihe: Drei Frauen und vier Männer melden sich freiwillig, um für 60 Tage ins Gefängnis zu gehen. Von über 300 modernen Sicherheitskameras begleitet, mischen sie sich unter die verurteilten Insassen, damit der ambitionierte Sheriff Jamey Noel erfährt, welche Baustellen im Clark County Jail zu beheben sind. Denn Noels Vorgänger haben ihm einen Knast hinterlassen, wie er mittlerweile fast schon stellvertretend für das medial viel kritisierte US-Justizsystem seht: Die Wachen lassen die Gefangenen an der langen Leine, weshalb es zu physischer und psychischer Gewalt zwischen ihnen kommt, zudem fürchtet Noel, dass Korruption ebenso zur Tagesordnung gehört wie eine Aggressionen schürende, statt Rehabilitation fördernde Atmosphäre

Als seriell erzähltes Dokusoap-Format ist «60 Days In» jedoch nicht daran interessiert, ganz nüchtern Antworten auf die Fragen des Sheriffs und seiner Probanden zu liefern. Stattdessen ist es ein spannungsgeladenes Unterhaltungsformat, das es dem TV-Publikum gestattet, den nervenaufreibenden Alltag Erstverurteilter zu verfolgen – gepaart mit der zusätzlichen Spannung, dass diese erstmaligen Gefängnisinsassen nur undercover sind. Eben diesen Aspekt hauen die Sendungsverantwortlichen leider übermäßig häufig den Fernsehenden um die Ohren: Spitzel werden im Gefängnis missachtet, und sollte einer der Teilnehmer als solcher enttarnt werden, könnte das brutal enden. Diese Feststellung wird in hoher Taktung immer und immer wieder via Texttafel oder Interviewaussage zwecks Spannungssteigerung getätigt – so oft, dass man sich als Zuschauer dann und wann für dumm verkauft fühlt.
Diese Wiederholungen sind vor allem überflüssig, weil das Geschehen von ganz allein Suspense schafft. Denn der Subkosmos Clark County Jail zeigt sich in «60 Days In» als extrem vertrackt: Neue Insassen werden von den Mitgefangenen intensiv ausgefragt. Sie werden auf die Probe gestellt, ob sie Duckmäuser oder Aggressoren sind. Wer zu ruhig ist, dem wird misstraut. Wem misstraut wird, der wird angefeindet. Wer sich zu sehr aufspielt, wird zum Spielball von Konkurrenzkämpfen. Wer Freundschaften aufbaut, muss mit damit einhergehenden Feindschaften leben. Wer sich isoliert, ist in Notsituationen schutzlos … Jegliches Verhalten kann und wird im Gefängnis gegen einen verwendet.
Gewiss: Dass ein Aufenthalt in einem US-amerikanischen Gefängnis kein Zuckerschlecken ist, ist wahrlich keine Neuigkeit. Und die Knast-Dokumentationen von MSNBC haben bereits für einen sehr detaillierten, analysierenden Blick auf das Leben hinter US-Gittern gesorgt. Aber als mutige, gut gemachte Dokusoap kann «60 Days In» etwas Neues liefern: Das Format vermittelt die Beobachtungen mit einer stärkeren emotionalen Bande – manche der Versuchsteilnehmer wie der jegliche Fehlentscheidung, die man treffen kann, treffende Lehrer Robert wissen, einen zur Weißglut zu bringen. Andere dienen als Identifikationsfiguren, wie die Polizistin Tami, die im Frauenblock kurz vorm Durchdrehen ist, weil sie es als erwachsene Frau nicht mitansehen kann, wie sich in bester High-School-Manier Zickencliquen bilden. Oder die verschreckte Hausfrau Barbra, die mit enormen Vorurteilen in den Knast ging, um dort zu lernen: Ja, hier können Leute in einen teuflischen Zyklus aus niedergeschmetterten Besserungswünschen und Trotzreaktionen manövriert werden.

Dieser Lernaspekt nimmt vor allem in den späteren Folgen zu, wenn vermeintlich starke Persönlichkeiten unter den Teilnehmern zusammenzubrechen drohen und sich Ex-Soldat Zachary, der in seinen ersten Tagen im Knast mehrere schwere Fehler begeht, zu einem findigen Undercover-Reporter mausert, der gefährliche Tätigkeiten aufdeckt. Welche deutsche Dokusoap kann da schon mithalten?
«60 Days In» ist ab dem 22. August immer montags um 21.50 Uhr bei A&E zu sehen.
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