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MTV Classic: „I want my good old MTV“

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Der nächste Nostalgie-Trip: In den USA belebt ein Sender solche Klassiker wie «Beavis and Butt-Head», «Jackass» oder «TRL» wieder. Wenn Hingucken zum Fremdschämen wird…

Legendäre MTV-Formate (USA)

  • «120 Minutes» (1986-2000)
  • «Beavis and Butt-Head» (1993-1997, 2011)
  • «Daria» (1997-2002)
  • «Jackass» (200-2002)
  • «MTV Unplugged» (ab 1989)
  • «MTV Video Music Awards» (ab 1984)
  • «Punk'd» (2003-2007, 2012)
  • «The Real World» (1992-2013)
  • «Total Request Live» (1998-2008)
Music Television. Das war tatsächlich einmal die Abkürzung für MTV, berechtigterweise. Doch für die Hälfte seiner mittlerweile 35-jährigen Geschichte ist der Sender kaum mehr dafür bekannt, Musikvideos zu spielen. Um 2000 wurde MTV zum Sender junger Reality- und Serienformate. Die Message, die vom kürzlich gefeierten Geburtstag ausgeht, ist bezeichnend: Man feiert sich lieber selbst als die Musik.

Am 1. August hat MTV in den USA den neuen Ableger MTV Classic gestartet. Der Kanal ersetzt VH1 Classic, das hauptsächlich Musikvideoclips und Konzertauftritte aus den 70er bis 90er Jahren spielte. Ein Programm für Puristen – und eines, das offenbar nicht mehr zeitgemäß ist. MTV Classic setzt stattdessen abseits der Mittagszeit kaum auf Musikvideos. Der Sender richtet sich an die älteren Millennials (oder Generation Y), also die Menschen, die ca. zwischen 1980 und 1995 geboren wurden. Für viele von ihnen gehörte MTV zur Kindheit und Jugend, damals definierte man sich stärker über Musik als heute: Die globalen Musikverkäufe schossen in den 90ern in die Höhe; es war das goldene Jahrzehnt für Plattenfirmen wie Sony und Universal, die so viel Gewinn erwirtschafteten wie nie zuvor und nie danach. MTV hatte am Erfolg seinen Anteil, und man profitierte gleichwohl vom Boom.

Für popkulturell aufgeklärte Jugendliche – oder solche, die es werden wollten – war der Sender Pflichtprogramm. Das Musikshowformat «TRL» war das Senderflaggschiff und hatte massiven Einfluss auf die Verkäufe, man machte wortwörtlich Stars: Britney Spears und Christina Aguilera debütierten dort beispielsweise mit ihren ersten Platten. «TRL» ist es auch, das bei MTV Classic eine nachträgliche Würdigung mit einer einstündigen Dokumentation erhält: über den Aufstieg und Fall des Formats. Neben Dokus zeigt man Wiederholungen solcher Serien wie «Daria» oder «Beavis and Butt-Head», man bringt alte «MTV Unplugged»-Konzerte und blickt nochmal auf die Highlights früher «Video Music Awards» zurück. Und natürlich die obligatorischen Realitys: «Jackass», «Pimp My Ride» oder «The Real World». Manchmal verliert man sich in Fremdschäm-Momenten beim Blick auf die 90er und frühen 2000er.

MTV Classic: Analoge Nostalgie


Die Idee für den Sender kam, als man die Archive von MTV – mehr als eine Million VHS-Kassetten – digitalisierte, erzählt MTV-Chef Erik Flannigan gegenüber „Vulture“. „Es gibt eine beispiellose Leidenschaft für Nostalgie in den ganzen sozialen Netzwerken – Throwback Thursday, YouTube und in vielen linearen TV-Kanälen. Das Timing schien zu stimmen, das Beste dieser Nostalgie in einem neuen Kontext wieder zum Leben zu erwachen.“ Flannigan spricht ganz unbewusst aber ein Problem an, das MTV haben könnte: Will man die Nostalgie überhaupt im linearen TV zurückhaben? Funktionieren 90er-Videos bei YouTube oder Nostalgie-Accounts bei Twitter und Co. nicht gerade deswegen, weil man dort mit anderen kommentieren und die Fundstücke mit seinen Freunden teilen kann?

Die Millennials-Generation ist zwar die letzte, die noch analog aufgewachsen ist – aber auch die erste, die das digitale Leben verinnerlicht hat. Ihr Nostalgiegefühl für die unbeschwerte Kindheit und Jugend vermittelt sie hauptsächlich online. BuzzFeed-Listen über die 90er funktionieren mehr über ihr Sharing- und Diskussions-Potenzial als über den eigentlichen Inhalt: Darüber also, dass man über die sozialen Netzwerke eine gemeinsame Identität und ein Verbundenheitsgefühl herstellt. MTV Classic kann dieses Gefühl nicht vermitteln. Auf der – wenig inspirierenden – Facebook-Seite des Senders geht es kaum um Inhalte. Auch noch einen Monat nach Sendestart beschweren sich die meisten Kommentatoren dort über die Einstellung von VH1 Classic.

MTV Classic wirkt im digitalen Nostalgieboom wie aus der Zeit gefallen. Der Sender fühlt sich mit seinem Konzept so an wie sein Programm: alt.

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