First Look

«Legends of Tomorrow»: Das TV-Superheldenteam

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Der US-Sender CW schickte mit «Legends of Tomorrow» Anfang des Jahres zum ersten mal ein ganzes Superheldenteam ins Rennen. Nun kommt die Serie auch ins deutsche Free-TV.

Irgendwo weit weg versteckt sich ein kleines, unscheinbares TV-Comic-Universum, welches dem DC-Verlag angehört. Es existiert fernab von Glaubenskriegen zwischen Marvel- und DC-Fans, von Studiomillionen, die in sogenannte Comic-Brandings investiert werden, von Kino-Blockbustern, die Hunderte von Millionen einspielen müssen, um überhaupt irgendwie rentabel zu sein, von DC-Fans, die in einer Petition die Schließung von Rottentomatoes fordern, Kritikern bestenfalls Bestechlichkeit vorwerfen und schlimmstenfalls Morddrohungen an sie schicken. Dieses Universum, welches sich der kleine Sender CW zusammengezimmert hat, lehnt sich zurück, legt die Füße hoch und „universumisiert“ ganz entspannt vor sich hin. Auch ohne, dass die Fans unter Druck stehen würden, alles toll zu finden, was hier passiert.

Selbst die vom Mammut-Network CBS verbannte und dem Publikum ignorierte «Supergirl» wird von der kuscheligen CW-Familie mit offenen Armen aufgenommen, ihr wird tröstend übers Haar gestrichen und mit sanfter Stimme zugeflüstert, dass alles wieder gut wird. In der nächsten Season soll es sogar – haltet euch fest, DC-Fans! – eine Musical-Crossover-Episode für «The Flash» und «Supergirl» geben, gedreht von – DC- und Marvel-Fans, haltet euch gegenseitig fest! – «Avengers»-Regisseur Joss Whedon. Das DC-Universum von CW scheint zu sagen: „Wir mögen diese Charaktere! Wir möchten Spaß mit ihnen haben. Tretet ein, oder auch nicht! Schaut zu, oder auch nicht (aber es wäre schon gut, wenn ihr zuschaut, weil Quoten)! Aber das Wichtigste: Entspannt euch!“ In einer Zeit, in der Disney bzw. Marvel und Warner Bros bzw. DC Millionenblockbuster über Superheldenteams wie «Avengers» und «Justice League» an den Start schicken, braucht man schon ein wenig Mut und wahrscheinlich auch viel Hybris, um dasselbe mit einem viel niedrigeren Budget und ohne charmante Hollywood-Megastars im TV zu versuchen. Zwei weitere Comicserien «Arrow» und «The Flash» waren bereits durchaus populär, konzentrierten sich jedoch nur auf jeweils eine zentrale Figur, um die sich eine Reihe von Nebenfiguren herum scharten. «Legends of Tomorrow» bricht mit dieser noch sehr jungen, aber dennoch erfolgreichen Tradition und präsentiert das unausweichliche Superheldenteam, worauf es in Superheldenuniversen letztendlich immer wieder hinausläuft.

Zeitreisendes Superheldenteam mit typischen Anfangsschwierigkeiten


Allerdings handelt es sich nicht um die Hauptfiguren der anderen CW-Comicserien, die hier zusammenfinden, sondern um Nebencharaktere, die ihren Zweck zumindest dort erfüllt haben. Der Zeitreisende Rip Hunter hat sich zur Mission gemacht, den unsterblichen Diktator Vandal Savage (Casper Crump) aufzuhalten. Dieser setzt nämlich schon in der Vergangenheit alle Hebel und Zahnräder in Bewegung, damit er irgendwann in der Zukunft die Weltherrschaft an sich reißen kann. Hunter, dessen Frau und Kind vom Superdiktator getötet wurden, stellt für seine Aufgabe eine Superhelden-Liga zusammen, um die eigene Familie, die Welt und die Menschheit zu retten - das Übliche eben. Dafür rekrutiert er die beiden wiedergeborenen Ägyptischen Götter Carter „Hawkman“ (Falk Hentschel) und Kendra „Hawkgirl“ Sanders (Ciara Renée), die kürzlich von den Toten wieder erweckte Sara „White Canary“ Lance (Caity Lotz), ein lebender Nukleareaktor auf zwei feurigen Beinen namens „Firestorm“, der durch eine Fusion aus dem Wissenschaftler Martin Stein (Victor Garber) und Jefferson „Jax“ Jackson (Franz Drameh) entsteht und der Milliardär Ray „The Atom“ Palmer (Brandon Routh), der in selbstgebasteltem Hightech-Anzug seine Größe ändern kann. Hinzu gesellen sich die zwei Bösewichte, oder zumindest moralisch ambivalenten Mick „Heat Wave“ Rory (Dominic Purcell) bewaffnet mit einer Feuerkanone und Leonard „Captain Cold“ Snart (Wentworth Miller), der wiederum mit einer Eiskanone im Anschlag hat.

Nun hört sich das schon reichlich bekloppt an und «Legends of Tomorrow» macht dankbarerweise keine Anstalten, diese Tatsache zu verbergen oder die gesamte Serie in einen Mantel der Düsternis, Depressionen oder in eine vermeintlich erwachsene Erzählweise zu kleiden. Die Serie feiert zusammen mit den anderen drei CW-Ablegern seine Comicbuch-Wurzeln, anstatt sich davor zu verstecken. Jedoch ergeben sich schon in der ersten Episode auch einige Probleme, die viele Comicbuch-Universen haben: Erfinder und Showrunner Marc Guggenheim, Phil Klemmer, Greg Berlanti und Andrew Kreisberg können ihren Figuren nur wenig Zeit geben, damit das Publikum sie kennenlernen kann.

Mit etwa zwei Minuten pro Charakter muss sich der Zuschauer in der ersten Episode zufrieden geben. Manche dieser Figuren haben eine persönliche Motivation, den Superdiktator zu stoppen, andere wiederum nicht. Gerade diejenigen, die emotional nichts in die Reise investiert haben, machen am meisten Spaß, weil sie ihre diversen Ausflüge in Zukunft und Vergangenheit dazu nutzen, eigene Zwecke zu verfolgen und um sich zu amüsieren - dazu gehört auch hin und wieder die ein oder andere klassische Barschlägerei. Meistens handelt es sich auch um die Figuren, die sich schon länger im CW-Comic-Univerum befinden und es sich dementsprechend mit ihren Rollen bereits bequem gemacht haben. Insbesondere „White Canary“ - Darstellerin Caity Lotz und „Captain Cold“-Darsteller Wentworth Miller zeichnen sich durch eine angenehme Lässigkeit aus. Der geschasste Superman/Clark Kent aus «Superman Returns» Brandon Routh ist dagegen wunderbar als nerdiger Milliardär und Tech-Genie besetzt, der auch noch als Superheld gegen seine eigenen Minderwertigkeitskomplexe kämpft. Veteran-Schauspieler Victor Garber verleiht selbst in einem kunterbunten Comic-Universum und als eine Hälfte des nuklearen „Firestorm“ seiner Figur noch Würde.

CW sorgt auch mit bekannten Versatzstücken für Abwechslung


Andere, etwas unbeholfenere Performances finden sich dagegen unter den Schauspielern, die bisher kaum eine Chance hatten, ihre Rollen genügend zu etablieren: „Hawkman“-Darsteller Falk Hentschel kommt z.B. etwas hölzern daher, die romantische Beziehung zu seiner wieder geborenen Göttin „Hawkgirl“ wirkt selbst in dieser Welt wenig glaubwürdig und wenig mitreißend. Selbiges gilt für den von Casper Crump dargestellten unsterblichen Bösewicht, dem es trotz viel Zähne fletschen, nicht gelingen möchte, das ultimative Böse auszufüllen, welches ihm zu gern angedichtet wird. «Legends of Tomorrow» ist kunterbunter Comic-Quatsch, die Sender-Präsident Mark Pedowitz passenderweise als Mischung aus «Guardians of the Galaxy» und «Doctor Who» beschrieb, auch wenn es der Comicreihe schwer fällt, mit den erzählerischen Ambitionen des modernen britischen und zeitreisenden Doctor mitzuhalten. Der Plot erzählt mehr oder weniger eine Geschichte, die man in dieser Form schon recht häufig gesehen hat: Ein Team aus ungleichen Helden und nicht ganz so heldenhaften Individuen, welches zusammenfinden muss und zu einer Einheit verschmelzen, damit sie einen übermächtigen Bösewicht besiegen können.

«Legends of Tomorrow» ist trotz seiner Schwächen und bekannten Versatzstücke eine durchaus abwechslungsreiche Comic-Adaption mit angemessener TV-Action-Choreographie und Effekten, die aber sicherlich nicht mit bekannten Kinovorbildern können. Aber angesichts des Budgets, kann man vielleicht auch Verständnis dafür aufbringen. Das Spiel mit den verschiedenen Zeitebenen wird mit viel guter Laune und Ideenreichtum umgesetzt. Auch das Zusammenspiel zwischen den verschiedenen Charakteren ist weitestgehend von charismatischer Chemie geprägt. Der Vorteil, und das gilt eigentlich für alle CW-Serien, es sind kaum Vorkenntnisse notwendig. Kein Zuschauer muss mehrstündige Hausaufgaben machen, damit dieser den Plot folgen kann. Auch wenn es einige Anspielungen und Crossover-Ideen zu den anderen Formaten gibt, ist niemand gezwungen, sich alle anderen CW-Comicserien anzuschauen.

«Legends of Tomorrow» Staffel 1 startet am 30. August in Deutschland um 21.15 Uhr. ProSieben zeigt die Serie dann immer dienstags um 22.10 Uhr.

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