Filmfacts «Mahana – Eine Maori-Saga»
- Regie: Lee Tamahori
- Produktion: Janine Dickins, Robin Scholes, Timothy White
- Drehbuch: John Collee; basierend auf einem Roman von Witi Ihimaera
- Darsteller: Temuera Morrison, Nancy Brunning, Te Kohe Tuhaka, Stephen Lovatt, John Leigh, Akuhata Keefe
- Musik: Mahuia Bridgman-Cooper, Tama Waipara
- Kamera: Ginny Loane
- Schnitt: Michael Horton, Jonathan Woodford-Robinson
- Laufzeit: 104 Minuten
- FSK: ab 6 Jahren
Seit drei Generationen hat der gestrenge, stets seinen Willen durchsetzende Tamihana Mahana (Temuera Morrison) das Sagen über seine Familie. Obwohl die Māori neben den Weißen Bürger zweiter Klasse darstellen, verfügt der Mahana-Clan über ein weitläufiges Anwesen und wird gesellschaftlich wenigstens ob herausragender Fähigkeiten im Schafscheren respektiert. Mit der Māori-Familie der Poata befinden sich die Mahanas derweil in einer tief verwurzelten Fehde, die Tamihanas pubertierender Enkel Simeon (Akuhata Keefe) allerdings hinterfragt. Der unerbittliche Tamihana entwickelt aufgrund dieser anklingenden rebellischen Ader einen Groll auf Simeon, welcher wiederum seinem Großvater immer häufiger die Stirn zeigt, so dass es zu einer Zerreißprobe innerhalb des Clans kommt …
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Solche Auseinandersetzungen sind kulturübergreifend und wurden im Medium Film bereits zahlreich thematisiert – wobei sich das zeitliche Setting von Kulturkreis zu Kulturkreis unterscheidet. Hollywood ließ derartige Differenzen bereits mehrmals im Wilden Westen stattfinden, deutsche Filmemacher nutzten wiederholt Nachkriegsdeutschland als zeitliche Kulisse. Nachvollziehbar ist das Aufbegehren der liberalen Jugend in all diesen Konstellationen, und in guten Erzählungen wird zudem die Position der despotischen Familienoberhäupter wenigstens plausibel dargestellt. So auch in «Mahana – Eine Maori-Saga». Obschon Drehbuchautor John Collee und Regisseur Tamahori nie auch nur den geringsten Zweifel daran aufkommen lassen, dass Tamihana ein narzisstischer, ungeduldiger Widerling ist, so streuen sie in den Handlungsverlauf zumindest Argumente dafür, weshalb Tamihana das alte Dagobert-Duck-Motto „Härter als die Härtesten und schlauer als die Schlauesten“ verfolgt.
In der eng umkämpften wirtschaftlichen Nische, in denen sich die Māori im Schweiße ihres Angesichts behaupten dürfen, benötigt es Unbarmherzigkeit, um wenigstens einen Bruchteil des Komforts der weißen Bevölkerung zu erreichen. Seine Gräueltaten entschuldigt dies keineswegs und ebenso wenig seine Verweigerung gegenüber dem Fortschritt – aber es hebt Tamihana über den Status eines reinen, allein von der Freude an der Perfidität angetriebenen Schurken empor. Verstärkt wird diese Wirkung durch Temuera Morrisons magnetisches Spiel: Eiskalte Blicke und eine bedrohlich-ruhige, durchdringende Stimmlage machen den Patriarchen zu einem kraftvollen Dickschädel. Morrison legt ihn somit gewissermaßen als weniger cholerischen, dafür in seinem Handeln umso abgeklärteren „Vorfahren im Geiste“ seiner «Die letzte Kriegerin»-Rolle an und zieht sowohl Hass als auch Ehrfurcht auf sich.
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Nicht nur in diesem Moment kommt das kulturelle Setting dieser «Maori-Saga» zum Fruchten. Denn selbst wenn Tamahori es nie in den Vordergrund rückt, so könnte dieser Film nicht ohne es funktionieren. Der Regisseur fängt die innere Dynamik eines Māori-Clans beiläufig ein, garniert das Familiendrama nebenher mit Einblicken in die Māori-Folklore und er verzichtet bei Szenen in der Māori-Sprache auf Untertitel – was symptomatisch für Tamahoris Vorgehen ist. Kinogänger ohne Vorkenntnisse sollen sich den Sinn aus dem Kontext erschließen, was angesichts der zugänglichen Narrative ohne Weiteres möglich ist. Und in dieser Tonalität skizziert Tamahori auch das Bild dessen, dass Māori-Männer über Generationen hinweg zu kriegerischen Aggressoren erzogen wurden – wodurch sich die Charakterzeichnung Tamihanas verdichtet und seine Untaten noch schockierender werden. Denn selbst wenn Tamahori auf explizite Aufnahmen verzichtet, suggeriert er, mit welcher Selbstverständlichkeit Tamihana wohl agiert.
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«Mahana – Eine Maori-Saga» ist ab dem 1. September 2016 in ausgewählten deutschen Kinos zu sehen.
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