Come to where the money is
Beispiele gefällig? Frei nach dem zitierten - zugegeben leicht veränderten - Werbemotto macht es zum Beispiel seit vielen tristen Jahren der einst so ruhmreiche Hamburger SV. Dort hat man in Papa Kühne einen Mäzen und Gönner gefunden, der den Verein seit Jahren mit ausufernden Finanzspritzen vor dem totalen Kollaps bewahrt. Rein von der sportlichen Kompetenz zwischen Trainerbank und Management wäre die ewige Raute samt protziger Stadionuhr sicher längst zum grauen Zweitligisten verkommen. Dass man im Gegenzug jedoch seit Jahren aus diesen vorhandenen Mitteln nicht mehr als Abstiegskampf oder Mittelmaß zu destillieren weiß, ist genaugenommen die eigentliche Schande. Analog zum VfB Stuttgart, der mit windigen Konzepten, windigen Gestalten und windanfälligen Ideen seine eigene Basis sukzessive zermürbt hat, fließt auch beim Nord-Club das Geld nicht in langfristigen Erfolg sondern in kurzfristige Kurzsichtigkeit. Schade für die Fans, gut für alle, denen das Gelddruckwerk im Hintergrund ohnehin ein mittelschwerer Dorn im Auge ist.
Tradition am Reißbrett
Ein anderes Beispiel sind jene Clubs, die es ohne einen starken Wirtschaftsboss oder gar einen Konzern gar nicht geben würde – oder zumindest nicht in dieser Form. Oder wer würde ernsthaft daran glauben, dass der SSV Markranstädt ab dieser Saison Bundesliga spielen würde? Nein – Zuckerbrauselieferant Red Bull in Person seines Gründers Dietrich Mateschitz übernahm 2009 mir nichts dir nichts das Spielrecht des kleinen Vereins der Oberliga Nordost (Süd-Staffel) und nahm unter dem Namen RasenBallsport (kurz RB wie Red Bull – lustig, lustig) Leipzig nicht nur an dessen Stelle den Spielbetrieb auf, sondern krallte sich auch ein Jahr später gleich noch das traditionsreiche Leipziger Zentralstation und taufte es in RedBull-Arena um. Hach. Ein Jahr Oberliga, drei Jahre Regionalliga, ein Jahr dritte Liga und zwei Jahre zweite Liga später steht man dank millionenschwerer Investitionen dort, wo man die ganze Zeit hin wollte – in der ersten Liga. Dort ist dem Team in der Tat auch einiges zuzutrauen – RB in der Champions-League? Das, was dem Schwesterverein aus Salzburg (den man inzwischen eher nur noch als Ausbildungsverein benutzt) seit Jahren misslingt, wird hier vermutlich umgehend gelingen. Wetten, dass…? Nur eines kann sich RB trotz der Beteuerungen seiner Verantwortlichen und einiger Spieler wie Timo Werner (der vom VfB zu RB wechselte) nicht kaufen: Tradition und Würde.
Auch die TSG 1899 Hoffenheim unter der Herrschaft von SAP-Gründer Dietmar Hopp ist ein vergleichbares Thema – wenn auch mit Abstrichen. Hopp kombinierte einfach seine Leidenschaft und sein hart erarbeitetes Geld, um dem kleinen Heimatverein eine bessere Zukunft zu ermöglichen. Klingt übermäßig romantisch? Mag sein. Dennoch muss man Hopp, der als Jugendlicher selber bei seinem Heimatverein stürmte, zu Gute halten, dass er in einer schwierigen Situation – nach dem Abstieg in die Kreisliga A im Jahr 1989 – für seinen Club da war und ihn sukzessive aufbaute. Erst 2005 intensivierte der Mäzen noch in der Regionalliga sein Engagement mit der Zielsetzung Profifußball deutlich. Und tatsächlich erreichte der Club bereits 2008 die höchste Ebene des deutschen Fußballs und ist seitdem konstant dort vertreten – auch wenn der ganz große Wurf bisher ausblieb und zuletzt einige Risse in der Fassade zu erkennen waren.
Die Geduldeten
Und dann gibt es da noch die langjährigen Verdächtigen – Werksteam Bayer Leverkusen fällt dabei allein aus Gewohnheitsrecht fast schon in den Bereich Tradition. Ich zumindest bin mit den Fußballern von Bayer Leverkusen und Bayer Uerdingen (die nach dem Ausstieg der Bayer AG 1995 in den freien Fall übergingen und inzwischen als KFC Uerdingen in der Oberliga Niederrhein beheimatet sind) aufgewachsen.
Ähnliches gilt für den VW-Club aus Wolfsburg, der immerhin 2009 schon einmal Deutscher Meister wurde. Große Tradition ist hier nicht aufzubauen – das latente Gefühl, ein künstliches Konstrukt statt eines echten Fußballvereins vor sich zu haben, bleibt. Und die Millionen, die wahllos in Toptransfers zu fließen scheinen, lassen die Sympathiewerte zumindest in der Causa der Grün-Weißen auch nicht wirklich in den Himmel schnellen.
Groß durch großen Einsatz
Über die Vereine, die seit Jahren und Jahrzehnten die Liga dominieren und in Sachen Kapital eine eigene halbe Liga unterhalten könnten, mag ich mich an dieser Stelle gar nicht groß aufregen. Ein FC Bayern München, so ambivalent man ihm auch gegenüberstehen möchte, hat sich vieles schlicht durch geschicktes wirtschaften und Könner in den richtigen Positionen erarbeitet. Ähnliches gilt für Borussia Dortmund, wo man aus einem arg tiefen Loch samt Fast-Abstieg wieder emporkletterte und dem großen Konkurrenten aus München nun wieder seit Jahren Paroli bietet. Hier gilt: Ehre wem Ehre gebührt. Und all die lautstarken Bayern-Hasser des Landes werden sich vielleicht in der Meisterfrage schon bald zwischen den Münchnern und den Freunden aus dem Brauseladen entscheiden müssen. Pest oder Cholera? Keine leichte Entscheidung. Aber vielleicht hat ja auch ein sympathisch klammer Kleiner wie Werder Bremen mal wieder eine sensationell gute Saison...
Conclusio
Steckbrief
Björn Sülter ist bei Quotenmeter seit 2015 zuständig für Rezensionen, Interviews & Schwerpunkte. Zudem lieferte er die Kolumne Sülters Sendepause und schrieb für Die Experten und Der Sportcheck.Der Autor, Journalist, Podcaster, Moderator und Hörbuchsprecher ist Fachmann in Sachen Star Trek und schreibt seit 25 Jahren über das langlebige Franchise. Für sein Buch Es lebe Star Trek gewann er 2019 den Deutschen Phantastik Preis.
Er ist Headwriter & Experte bei SYFY sowie freier Mitarbeiter bei Serienjunkies, der GEEK! und dem FedCon Insider und Chefredakteur des Printmagazins TV-Klassiker und des Corona Magazine.
Seine Homepage erreicht ihr hier, seine Veröffentlichungen als Autor auf seiner Autorenseite.
Der Sülter hat für heute Sendepause, ihr aber bitte nicht – Wie sind eure Erfahrungen? Macht euch der Fußball noch so viel Spaß wie früher? Verändert die Gemengelage bezüglich der Hintermänner einiger Vereine eure Sichtweise auf den Sport? Wer ist euch ein Dorn im Auge? Wer nicht? Und warum ist das so? Und wir Schalke vielleicht doch irgendwann mal Meister? Denkt darüber nach und sprecht mit anderen drüber. Gerne auch in den Kommentaren zu dieser Kolumne. Ich freue mich drauf.
In 14 Tagen sehen wir uns zur nächsten Ausgabe von «Sülters Sendepause».
Die Kolumne «Sülters Sendepause» erscheint in der Regel alle 14 Tage Samstags bei Quotenmeter.de und behandelt einen bunten Themenmix aus TV, Film & Medienlandschaft.
Für konkrete Themenwünsche oder -vorschläge benutzt bitte die Kommentarfunktion (siehe unten) oder wendet euch direkt per Email an bjoern.suelter@quotenmeter.de.
Es gibt 3 Kommentare zum Artikel
10.09.2016 12:18 Uhr 1
Viel schlimmer finde ich grundsätzlich aber, daß die berühmte Schere zwischen Arm und Reich immer weiter aufklappt und dadurch zumindest für mich zunehmend Langeweile aufkommt. Inzwischen haben wir ja schon spanische Verhältnisse, wo im Grunde genommen vor dem 1. Spieltag klar ist, daß maximal drei Vereine für die Meisterschaft in Frage kommen. Und das dürfte in den nächsten Jahren nur noch extremer werden - zumindest so lange, bis sich die Bayern vielleicht komplett in eine "Weltliga" verabschieden und so die Bundesliga wieder spannend machen ...
11.09.2016 01:10 Uhr 2
11.09.2016 01:47 Uhr 3