Filmfacts «The Light Between Oceans»
- Regie: Derek Cianfrance
- Produktion: David Heyman, Jeffrey Clifford
- Drehbuch: Derek Cianfrance; basierend auf dem Roman von by M. L. Stedman
- Darsteller: Michael Fassbender, Alicia Vikander, Rachel Weisz, Bryan Brown
- Jack Thompson
- Musik: Alexandre Desplat
- Kamera: Adam Arkapaw
- Schnitt: Jim Helton, Ron Patane
- Laufzeit: 132 Minuten
- FSK: ab 12 Jahren
Die Geschichte um ein Ehepaar, das heimlich einen fremden Säugling als sein eigenes Kind großzieht, handelt zunächst von einer großen Liebe, später von der Gewissenhaftigkeit gegenüber der leiblichen Mutter, die mit dem Wohl des Kindes in Einklang zu bringen ist, und endet schließlich in der Frage, ob man das Verbrechen, einer Mutter ihr Baby zu entziehen, durch Vergebung ungeschehen machen kann. Von der bisweilen recht dreckig-ungeschönten Inszenierung eines «The Place Beyond the Pines» oder der schleichenden Melancholie von «Blue Valentine» ist «The Light Between Oceans» indes weit entfernt. Sowohl visuell als auch erzählerisch ist das kürzlich in Venedig vorgeführte Drama Cianfrances bislang bequemster Film. Und damit leider auch der schwächste.

Der Entschluss, eine Film- oder Romanhandlung auf einer Leuchtturminsel spielen zu lassen, legt angesichts der Symbolik offen, dass es allzu subtil nicht zugehen kann. Die 128-minütige Verfilmung des Romans «Das Licht zwischen den Meeren» (M.L. Stedman) belässt es jedoch nicht bei dieser Orientierungs-Metapher. Von der Sage um den doppelköpfigen Janus-Gott (die hier zum Dreh- und Angelpunkt auserkorene Insel heißt nicht umsonst Janus Rock), bis hin zur absolut konträren Figurenzeichnung der beiden wichtigen Protagonistenfamilien unternimmt Cianfrance alles Erdenkliche, um dem Zuschauer den durch die Geschichte selbst bereits vermittelten, moralischen Zwiespalt der Hauptfiguren durch diverse Symbolverwendungen zu unterstreichen. Das ist nicht bloß auf die Dauer anstrengend, es raubt «The Light Between Oceans» auch Authentizität; so stark, wie die Handlung den Metaphern unterworfen ist, können sich gewisse Emotionen einfach nicht frei entfalten. Dabei legt Derek Cianfrance auch seinen neuesten Film ähnlich episch an, wie vor drei Jahren sein Generationen-Drama «The Place Beyond the Pines». Fast vier Jahrzehnte umspannt die Geschichte, die sich ebenfalls grob in drei Abschnitte gliedern lässt. Dabei ist nicht unbedingt diejenige die stärkste, auf welcher der größte Fokus liegt; im Gegenteil. Mit anzusehen, wie sich die Liebe zwischen Tom und seiner Isabel entwickelt, mag zwar nicht unbedingt besonders spannend sein, gleichsam wirkt dieser Part ob seiner Unverfälschtheit wunderbar lebensnah und authentisch.

Der mit seinen 132 Minuten eindeutig zu unfokussiert und damit deutlich zu lang geratene Film konfrontiert die Zuschauer mit der Frage nach Recht und Unrecht. Genau hiermit müssen sich auch die Figuren auseinandersetzen, die das Skript von Derek Cianfrance mit äußerst menschlichen Zügen – ergo: Schwächen – ausstattet. Der Autorenfilmer arbeitet mit emotionalem Wankelmut, mithilfe dessen die Geschichte über weite Strecken unvorhersehbar gerät. Gleichzeitig scheint «The Light Between Oceans» gerade in der letzten halben Stunde sämtliche Moralitäten ausloten zu vollen, ohne darauf zu achten, ob sie der realistischen Situation entsprechen. Ein Gespräch zwischen Lucys leiblicher Mutter Hannah über das Thema Vergebung gerät arg plakativ und hat für den weiteren Verlauf der Handlung keinen Einfluss. Auch im Schlussakt scheint Cianfrance zu keinem Ende finden zu wollen. All das geht einher mit einer technischen Ausstattung, die sich mit der niederschmetternden Thematik beißt. Das Übermaß an Weichzeichner erinnert mehr an eine TV-Schmonzette denn an ein Kinodrama und auch der Score von Alexandre Desplat («Suffragette: Taten statt Worte») gerät während des gesamten Verlaufs viel zu aufdringlich. So ist «The Light Between Oceans» schlussendlich alles andere als ein schlechter Film. Doch gemessen an dem, was Derek Cianfrance bisher inszeniert hat, ist das Drama regelrecht enttäuschend.
Fazit: Derek Cianfrances Liebesdrama «The Light Between Oceans» besticht mit starken Schauspielleistungen und einer ambitionierten Erzählweise. Doch sowohl die penetrante Symbolik, als auch die technische Ausstattung verleihen der Romanverfilmung allenfalls Fernsehausmaße.
«The Light Between Oceans» ist ab dem 8. September in ausgewählten deutschen Kinos zu sehen.
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13.09.2016 19:47 Uhr 1