Von Schimmi & Strohm bis zum netten Herrn Borowski
Wolffs Revier Facts
- Ausstrahlung: 1992-2006
- Fernsehfilm: 2012
- Laufzeit: zumeist 45 Minuten
- Episoden: 173 in 13 Staffeln plus ein Fernsehfilm
- Idee: Karl-Heinz Willschrei
- Musik: Klaus Doldinger
- Darsteller: Jürgen Heinrich, Klaus Pönitz, Gerd Wameling, Nadine Seiffert, Steven Merting u. a.
Eine Nische für Ermittler dieser Couleur gab es also immer. Das dachte sich auch Sat.1 und installierte 1992 mit Jürgen Heinrich in der Rolle des Berliner Kriminalpolizisten Andreas Wolff eine Figur, die schnell die Herzen der Krimifans gewann. Parallelen zu seinen berühmten Kollegen gibt es dabei zuhauf: Sei es der eher spezielle Partner (Klaus Pönitz als Günther Sawatzki in der Tradition von Eberhard Feiks Tanner) oder die problematische private Konstellation mit seiner Tochter (wie in «Nord Nord Mord») – Schema F funktionierte damals wie heute.
Heute hat das TV in Sachen charismatischer Einzelgänger zum Beispiel noch den Kieler «Tatort»-Kommissar Klaus Borowski alias Axel Milberg oder Robert Atzorns Clüver in «Nord Nord Mord» zu bieten. Für einen Wolf wie Andreas Wolff wäre jedoch eigentlich auch immer noch Platz – gut, dass Sat.1 Gold uns nun zumindest die Wiederholungen schenkt.
Der Wolff, der die Jungen verloren hatte
Als im Sommer 2006 das Ende der regulären Serie nach über 170 Episoden besiegelt war, besaß die Sat.1-Serie immer noch eine stattliche Fanbase. Bis Anfang des Jahrtausends war die Serie mit Jürgen Heinrich gar ein absoluter Renner gewesen. Teilweise sahen mehr als 6,2 Millionen Menschen zu – die Quoten in der klassischen Zielgruppe bewegten sich im besten Fall bei knapp 20 Prozent.
Das Format war damals Teil eines reinen Krimi-Mittwochs und befruchtete sich mit dem «Bullen von Tölz» gegenseitig. Doch das Interesse ließ von Jahr zu Jahr nach. 2004 und 2005 sanken speziell die Zielgruppen-Werte. Die eigentlich als Finale geplante Folge „Angst“, die die Geschichte abschloss, sahen Mitte 2006 dann 3,94 Millionen Menschen. Diese spiegelte aber das grundlegende Problem des Formats in seinen letzten Staffeln deutlich wider: Man hatte trotz inhaltlicher Umstrukturierungen ein zu altes Publikum angesprochen. Im Gesamtmarkt erreichte der zweistündige Abschluss-Film für den Sender damals deutlich überdurchschnittliche 14,2 Prozent Marktanteil. Bei den Jungen aber reichte es nur für 12,6 Prozent. Für damalige Sat.1-Verhältnisse war das ein gutes Ergebnis, die normalen Folgen zuvor liefen hier aber deutlich schlechter.
In den Monaten zuvor dümpelte die Serie bei den 14- bis 49-Jährigen immer wieder bei nur um die zehn Prozent, was für damalige Sat.1-Verhältnisse kein Ergebnis war, das ein Glücksgefühl auslöste. Heute sähe das schon anders aus. Zehn Prozent sind mittlerweile erklärtes Ziel des Senders.
Entsprechend logisch war dann auch der Schritt, das Format noch einmal wiederzubeleben. Nochmals verjüngt und mit Wolff nur noch als Co-Ermittler ging es Anfang 2012 nochmal auf Sendung. «Wolff – Kampf im Revier» war letztlich aber ein allein stehender Film, dem keine weitere Staffel mehr folgte. Erneut stimmten die Quoten nämlich insgesamt (3,27 Millionen und somit über 10 Prozent) mehr als beim jungen Publikum, wo man 9,7 Prozent Marktanteil erreichte, damit aber die damaligen Erwartungen offenbar nicht erfüllte.
- © Sat.1 / Claudius Pflug
Julius Kramer (Manfred Zapatka, M.), der Vater des ermordeten Götz Kramer, wird von Wolff (Jürgen Heinrich, l.) und Tom (Steven Merting, r.) zu dem Tatmotiv befragt.
Konsensfähiger Jedermann
Letztlich hatte man also mit dem Herumdoktern an konzeptuellen Dingen das jüngere Publikum nicht einfangen können, das alte aber sogar zunehmend verloren. Im Bestreben des ewigen Verjüngungswahns war Sat.1 somit in eine selbstgestellte Falle gelaufen und hatte die Wunschvorstellung der eierlegenden Wollmilchsau ins komplette Gegenteil verkehrt. Dabei hatte man mit Heinrich alias Wolff eigentlich einen absolut konsensfähigen Leader an Bord gehabt, dessen Aura vermutlich quer durch verschiedene Altersschichten ausgereicht hätte, die Serie auch ohne große Änderungen weiter zu tragen. Mit Verstand, Herz, Charme, aber auch der notwendigen Kompromisslosigkeit hatte sein Alter Ego Wolff das Verbrechen in der Hauptstadt bekämpft und war dabei immer Mensch geblieben – authentisch und sympathisch.
Karl-Heinz Willschrei hatte das Format 1992 an Sat.1 verkaufen können, nachdem er sich vorher bereits einen Ruf als Krimiexperte bei «Der Alte», «Tatort» oder «Ein Fall für zwei» erworben hatte. Dass die Produktionsfirma Nostro Film fünf Jahre nach dem eigentlichen Ende der Serie erneut beauftragt wurde, einen Nachklapp in Form eines Fernsehfilms zu produzieren, erlebte der 2003 verstorbene Willschrei schon gar nicht mehr mit. Ein neues Leben war seiner Schöpfung aufgrund der unzureichenden Quoten ohnehin nicht mehr beschieden.
So blieb es bei einer Serie, die zwar zu oft von Außen verbogen wurde, sich aber besonders dank der Mitwirkung von Jürgen Heinrich nie wirklich verbiegen ließ.
Fazit
«Wolffs Revier» ist eines dieser deutschen Fernsehjuwelen, das man wie zum Beispiel auch «Alles außer Mord» mit dem wunderbaren Dieter Landuris heutzutage zwar durchaus mit einem Augenzwinkern konsumieren muss, das aber trotzdem nicht nur aus rein nostalgischen Gründen Freude macht. Die Serie besitzt Herz, Hirn, spannende familiäre Verstrickungen und ausreichend Abwechslung, dass man sich gerne nochmal alle Episoden anschauen kann. Gut, dass es für derartige Programmierungen Spartensender wie Sat.1 Gold oder das neue RTLplus gibt.
Die Serie «Wolffs Revier» läuft ab heute, den 9. September 2016 wieder bei Sat.1 Gold - immer freitags ab 22.05 Uhr in Doppelfolgen. Kleine Verschiebungen in der Startzeit sind in den Folgewochen möglich. Bitte die aktuelle Programmzeitschrift beachten oder bei unserem eigenen TV-Guide fernsehplan.de nachschauen.
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