Hingeschaut

«Auf die Plätze! Fertig! Weg!» - Der größte anzunehmende Ideenklau

von

Kabel eins holt fast ein Jahr nach der ursprünglichen Ansetzung eine weitere Gründershow aus der Warteschleife - können Johann Lafer und Lea-Sophie Cramer den wilden Mix bekannter Versatzstücke doch noch zum Erfolg führen?

Verschollen im Bermudadreieck?


Ursprünglich für Oktober 2015 hatte kabel eins eine weitere Gründershow im Sog des Erfolges von «Die Höhle der Löwen» angekündigt. Der eigentlich als Primetime-Format antizipierte Mischmasch aus Auswanderer-Soap und Battle um Startkapital wurde jedoch direkt auf Januar 2016 und schließlich sogar auf September 2016 verschoben. Dass man zudem noch vom Primetime-Gedanken Abstand nahm und die vier Episoden nun am Sonntagnachmittag versendet, lässt erkennen, wie wenig Hoffnung und Vertrauen man seitens des Senders für und in die neue Show setzt.

Zwei große Fragen sind zur verspäteten Premiere somit zu klären: Hatte kabel eins das Format aus gutem Grund unter Verschluss gehalten? Und wie groß ist der Mehrwert für uns Zuschauer, es nun doch noch sehen zu dürfen?

Ein bißchen Klau muss sein


Wenn man die sendereigene Beschreibung der Show auseinanderpflückt, lässt sie sich auf einen einfachen Nenner herunterbrechen: «Goodbye Deutschland!» mit Coaches, Battlecharakter und Startkapital. Oder eben «Die Höhle der Löwen» für auswandernde Existenzgründer und ohne kompetente Wirtschaftsikonen. Wobei hier natürlich ein klarer Unterschied zu machen ist. Beim VOX-Format werden die Pitches jeweils einzeln fair bewertet und unterstützt oder eben nicht. Hier gilt: Auch wenn alle drei tolle Arbeit leisten, bekommt am Ende nur einer das Geld. Fair geht anders.

Der Flow tendiert zunächst klar Richtung Auwanderer-Show. Paare, Kumpels oder Freunde, die im Ausland ihre Zukunft sehen, ihre Vision erklären und in vier Probewochen und einem abschließenden Kreuzverhör überzeugen müssen.

Interessant dabei, dass man direkt mit diesem Abschlusskreuzverhör beginnt und die Einzelstorys in Rückblenden erzählt. Die Teams zeigen ihr bisheriges Leben, erklären, was sie sich zukünftig vorstellen, welche sogenannten Meilensteine es für sie zu erfüllen gilt und müssen sich zwischendurch gefällige Kommentare der Coaches gefallen lassen. Dazu gibt es einen schmissig-aktuellen Soundtrack, selbsterklärende Einblendungen ("weiß nicht, was jetzt zu tun ist") und einen lakonischen Off-Kommentar, der auch direkt aus «Mieten, kaufen, wohnen» stammen könnte. Dass man als eine Art Crossover bekannte Auswanderer aus anderen Formaten auftreten lässt, ist dann immerhin eine charmante Idee.

Etwas unklar bleibt der Ablauf - der Wechsel von Rückblicken auf die Gehversuche im Ausland mit dem Abschlussgespräch in großer Runde ergibt dramaturgisch wenig Sinn und baut keinerlei Spannungsmoment auf. Letztlich geht es nur um darum, den potentiellen Auswanderer bei ihrem Treiben zuzusehen - der Battlecharakter, der das Ganze in der Summe von einem Format wie «Mein neues Leben» oder eben «Goodbye Deutschland!» abhebt, ist leider überflüssig und verschenkt.

Als am Ende alle drei Teams durchgehechelt sind (wirklich in die Tiefe gehen die Szenen leider nicht) und die kleine Fragerunde abgefrühstückt ist, obliegt es Lafer und Cramer noch, den Sieger zu küren. Auch hier blieb alles jedoch nur irgendwie "nett" - ein wirklicher Spannungsbogen kam auch in den letzten Minuten nicht zustande. Auch wenn Johann Lafer sich wie einst Marco Schreyl in endlos gedehnten Sätzen versuchte. Als dann noch das totgespielte Ein Hoch auf uns zu den Freudenszenen erschallte, war es an der Zweit, den vorhersehbaren Fernsehnachmittag zu beenden.

Wenn einer lafert und die andere im Nähkästchen cramt


Gemessen an einem Pop-Titanen wie Dieter Bohlen bei «DSDS» und «Das Supertalent», den jedes Jahr charismatischen Coaches bei «The Voice of Germany», unterhaltsam zusammengestellten Jurys wie der von «Let´s Dance» oder den in allen drei bisherigen Staffeln perfekt gewählten Löwen, nimmt sich das hier gewählte Duo äußerst bescheiden aus.

Johann Lafer ist sicherlich ein Medienprofi und ausgewiesener Gastro-Fachmann, den großen Glamour oder Unterhaltungswert hat er jedoch nicht erfunden. Auch hier agiert er unverbindlich und sympathisch - bleibt dabei jedoch austauschbar. An seine Seite stellte man mit Lea-Sophie Cramer, Gründerin des Erotikversandhauses Amorelie, eine Art Lencke Steiner - nur ohne zünftige Catchphrase ("Ich bin raus."). Cramer gibt zwar gutgemeinte Tipps, stellt auch hier und da mal eine unbequeme Frage, bleibt aber wie Lafer undefiniert.

Die eingangs formulierten Fragen sind somit eindeutig zu beantworten: Den Giftschrank des Vergessens hatte die Show nicht verdient, dafür ist sie einfach zu mittelmäßig. Kabel eins hätte das Format durchaus direkt im Herbst 2015 senden können. Der Mehrwert für die Zuschauer wäre jedoch damals wie heute überschaubar gewesen.

Fazit


Im Zuge des Erfolges der VOX-Löwen schnitzte sich kabel eins vor einem Jahr einen mutlosen Klon, der sich auch noch an anderen beliebten Formaten schadlos hielt, jegliche Neuerungen scheute, blasse Coaches durchschleppt und nun leider zurecht keinen prominenten Sendeplatz erhielt. Dass es überhaupt noch losgeht, bringt jedoch weder das befürchtete Desaster, noch eine positive Überraschung. «Auf die Plätze! Fertig! Weg!» ist schlicht banal, redundant und zusammengeklaut. Klar ist: Anschauen kann man das Ganze ohne größere Schmerzen - die Prognose des Tages lautet dennoch: Diese Show ist in vier Wochen Geschichte.

«Auf die Plätze! Fertig! Weg!» läuft noch dreimal Sonntags um 18.15 Uhr bei kabel eins.

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