Wir müssen zur zweiten Frage kommen für unser Fernsehquiz "Braunsche Röhre": Dreißig Sekunden Zeit für zehn Fernsehsendungen mit..."B"!
«Borgen», «Boston Legal», «Boston Common», «Boston Justice», «Boston College». Oh Gott. «Der Berdoktor». «Der Bulle von Tölz». «Becker». «Bares für Rares». «Blond am Freitag».
Das waren 38 Sekunden, aber ich lasse es mal durchgehen. Herr Reufsteck, Sie sind Radiomoderator bei SWR3. Wie gehts eigentlich dem Radio?
Dem gehts ganz gut. Die Analyse zeigt eine wachsende Radionutzung.
Wie groß ist denn die Angst vor Spotify - und wie klein das Vertrauen auf den eigenen Mix?
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Das Radio schlägt schon immer Musik vor, die einem gefallen könnte, bei Spotify kann man sich aber stärker individualisieren. Das Radio ist das Medium, mit dem sich Menschen unterhalten lassen möchten ohne eine Leistung zu erbringen, bei Spotify muss man aber aktiv etwas leisten.
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Michael Reufsteck
Wenn jeder sich sein eigenes Radio mit seinem eigenen Mix zusammenstellen kann, ist dann das Radio nur noch zur Unterhaltung da?
Früher brannte man CDs und stellte sich dadurch seinen eigenen Mix zusammen. Früher dachte man auch, dass die VHS-Kassette das Fernsehen kaputt macht. Spotify hat heute Algorithmen, die das Zusammenstellen übernehmen und ist eine Weiterentwicklung alter Medien. Aber das war und ist für das Radio ja keine Gefahr.
Und wie sieht es mit dem Internet aus? Früher war das Radio auch ein erstes schnelles Informationsmedium. Heute haben Sie auf ihrem Smartphone die Eilmeldungen schneller.
Radio ordnet die Eilmeldung ein und vertieft sie. Das Radio geht besonnener vor. Bei SWR3 melden wir Dinge erst, wenn wir wissen, dass sie auch passiert sind. Dadurch sind wir vielleicht nicht das schnellste Medium, aber das verlässlichste.
Wo findet die Vertiefung statt bei zweiminütigen Schnipseln zwischen der Musik?
Radio besteht ja nicht nur aus den Pop-Programmen, sondern auch aus Kultur- und Informationswellen. Aber selbst die zwei Minuten im Popradio gehen tiefer als die Eilmeldungen im Netz: Die meisten lesen heute nicht mehr als die ersten beiden Absätze der Eilmeldung und verwenden dafür dreißig Sekunden - dagegen sind schon zwei Minuten im Radio eine enorme Vertiefung.
Dritte Frage in unserem Fernsehquiz! Singen Sie bitte weiter: "Und diese Biene, die ich meine, nennt sich Maja...?
Kleine, freche, schlaue Biene Maja.
Jörg Schönenborn hat vor zwei Jahren gesagt, dass es beängstigend sei, dass Kreative nicht mehr an der Tür der Öffentlich-Rechtlichen anklopfen - und wenn sie es doch tun, mit ihren Produktionen nicht mehr erfolgreich sind. Stimmt das heute noch?
Die Frage ist, ob die Kreativen tatsächlich nicht mehr anklopfen - oder ob sie durch das öffentlich-rechtliche Konstrukt sich nicht mehr kreativ ausleben können. Ein Problem, das die Öffentlich-Rechtlichen schon immer hatten, ist, dass viel zu viele Menschen mitreden wollen: Redakteure, Leiter und Gremien. Wenn etwas auf Sendung geht, haben bereits sehr viele Menschen ihren Senf dazugegeben. Da sind private Sender weitaus flexibler. Und Streamingdienste sagen den Kreativen: Wir haben Vertrauen in Dich. Mach einfach. Genau das mögen Kreative und finden es bei den Öffentlich-rechtlichen nicht vor. Kein Wunder, dass sie woanders lieber ins Geschäft kommen. Das hat sich wohl in diesen zwei Jahren auch nicht verändert.
Aber es sollte sich ändern?
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Warum sind die besten Produktionen diejenigen, bei denen die Produzenten freie Hand hatten und warum sehen die Vorabendprogramme von ARD und ZDF so aus, wie sie aussehen - alle gleich? Da haben so viele Redakteure und Abteilungsleiter mitgeredet und am Ende ist von der ursprünglichen idee der Autoren wenig übrig und es wird Bayerisch gesprochen, weil in Vorabendserien Bayerisch gesprochen werden muss.
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Michael Reufsteck
Warum wird dann nichts geändert, wenn man doch weiß, dass es falsch ist? Ist die Anstalt zu groß? Ist die Angst da, dem Programmauftrag nicht gerecht zu werden?
Ich glaube, dass Angst ein wichtiger Faktor ist. In Deutschland ist die Angst vor dem Flop sehr groß - bei den Öffentlich-Rechtlichen, aber auch bei den Privaten. Deswegen wird seit Jahren im Grunde auch nichts Neues mehr produziert. Wer nichts macht, der macht auch keine Fehler. Das Fernsehen kopiert sich seit über einem Jahrzehnt nur noch selbst, weil sich niemand mehr etwas traut. Nur: Wer sich nicht traut, hat auch nicht die Chance auf einen Erfolg. Heute ist die kreative Idee, die dann durchrutscht, leider die Ausnahme. Stattdessen wird die hundertste Adaption einer Quizshow so lange wie möglich gesendet. Aber: Wer wagt, gewinnt. Das war sogar mal Titel einer Fernsehshow.
Ihr Fernsehlexikon besteht aus 1414 Seiten mit Ideen. Welche Idee haben Sie nach dem Schreiben entdeckt?
Ich wollte danach unbedingt etwas schreiben, das dünner ist und weniger Arbeit macht.
Sie könnten nach zehn Jahren mit einer zweiten Auflage einfach ein paar Sendungen ergänzen.
Das Internet hat zwar Fernsehen und Radio nicht kaputtgemacht, aber leider den Sachbuchmarkt. Der Markt für Lexika ist einfach tot. Der Brockhaus wird nicht mehr produziert - und ein Speziallexikon hat dann erst recht keinen Bedarf mehr. Trotz 1414 Seiten kann Wikipedia heute sehr viel ausführlicher sein und man hat Wikipedia immer dabei. Man darf auch nicht vergessen:Damals, als Stefan Niggemeier und ich mit dem Schreiben des Lexikons anfingen, gab es Wikipedia nicht einmal. Oder Youtube!
Vierte und letzte Frage bei unserem Fernsehquiz "Braunsche Röhre": Mit welcher Fernsehsendung beginnt das Fernsehlexikon?
Wahrscheinlich ist das A, B oder C.
Sehr gut. Damit haben Sie ein Interview bei Quotenmeter.de gewonnen! Vielen Dank für das Gespräch!
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05.10.2016 11:09 Uhr 1