Cast & Crew
- Regie: Dror Zahavi
- Darsteller: Iris Berben, Jürgen Vogel, Anna Maria Mühe, Natalia Belitski, Marie Anne Fliegel, Katharina Thalbach, Werner Wölbern, Andreas Guenther, Bernhard Schir, Andreas Pietschmann
- Drehbuch: Rainer Berg, überarbeitet von Johannes Rotter
- Kamera: Gero Steffen
- Schnitt: Fritz Busse
- Musik: Stefan Hansen
- Produktionsfirma: Moovie GmbH
Sternekoch Lennart (Jürgen Vogel) erwartet mit seiner Lebensgefährtin Melanie (Anna Maria Mühe) ein Kind. Als seine Mutter Lea (Iris Berben) davon erfährt, ist sie enttäuscht sowie erbost: Sie wusste nicht einmal von der Programmiererin, die bevorzugt auf den Spitznamen Mel hört, geschweige davon, dass sie ihrem Sohn ein Kind schenkt. Dass Mel aus früherer Beziehung bereits eine Familie hat, gefällt der Matriarchin ebenso wenig. Also drängt sich Lea wieder ins Leben ihres Sohnes und bequatscht ihn, vorerst wieder in das Haus zu ziehen, in dem er seine problematischsten Kindesjahre verbracht hat – das muss nämlich wieder auf Vordermann gebracht werden, und so ganz nebenher könnten Lennart und Mel so auf Leas kränkelnde Mutter Alba (Marie Anne Fliegel) acht geben.
Damit aber nicht genug Stress: Lennarts Restaurant befindet sich in einer kleinen Krise. Sein befreundeter Kollege Jörn (Andreas Guenther), der zugleich Melanies Bruder ist, ist nur eine suboptimale Hilfe und Sous-Chefin Nida (Natalia Belitski) weiß zwar im Bett, wie sie Lennart auf Touren bringt, in der Küche muss sie aber noch etwas an Erfahrung zulegen. Als Nida die Affäre mit Lennart am Ende eines seine Nerven ausdünnenden Tages beendet und er zudem erfährt, dass er seinen Stern verliert, dreht Lennart durch. Kurz danach hat er einen schweren Motorradunfall, der ihn ins Koma verfrachtet. Während sich die Frage aufdrängt, ob Lennart einen Selbstmordversuch begann, müssen seine Freunde, Bekannten und Geliebten herausfinden, wie sie zueinanderstehen. Wer ist wirklich wie eine Familie füreinander da und wer geht lieber seinen eigenen Weg?
Der erste Part des Zweiteilers «Familie!» entwickelt sich nach Lennarts Unfall zu einem fesselnden Drama über die komplexe Natur zwischenmenschlicher Beziehungen. Die fürs Skript verantwortlichen Rainer Berg und Johannes Rotter erschaffen glaubwürdige, fesselnde Konstellationen, die mal den im ersten Akt aufgebauten Erwartungen entsprechen und sie mal gezielt unterwandern. Marie Anne Fliegel gibt die kranke Rentnerin Alba als garstigen Drachen, nur um dann gelegentlich mit zuvorkommendem Handeln zu überraschen. Eine der Rolle als Matriarchin zum Trotz angenehm zurückhaltende Iris Berben quengelt zwar oftmals, wenn etwas dem konservativen Familienbild widerspricht, ist selber aber auch sehr unterkühlt und wenig an Familiengeselligkeit interessiert – und ist ebenfalls dann und wann verständnisvoll, wenn niemand damit rechnet.
Als Lennarts feste Partnerin Mel und als heimliche Geliebte Nida verleihen Anna Maria Mühe und Natalia Belitski dem Geschehen jeweils eine ganz eigene, stets sympathische, zwar durchaus archetypische, letztlich trotzdem individuelle Note: Ihre Rollen mögen sich ursprünglich durch ihre Beziehung zu Lennart definieren, schlussendlich kristallisieren sich aber ihre persönlichen Wünsche und Nöte durch, was die Schauspielerinnen mit Gespür für Dramatik, aber auch für leisen Witz umzusetzen wissen. Andreas Guenther trägt wiederum gerade im Gegenspiel mit Belitski arg dick auf, während Katharina Thalbach in ihrer kleineren Rolle als Lennarts Schwiegermutter in spe zwar routiniert auftritt, jedoch als ungekünstelte, direkte Frau aus der mittleren Gesellschaft treffend besetzt ist.
Regisseur Zahavi inszeniert diese im Kern des Ganzen sehr kleine, interpersonelle Geschichte mit reizvoller Grandeur, gehalten in kühlen, stählernen Farben. Die Bildsprache wird zusätzlich aufgewertet durch aufwändige Kamerafahrten und surreale Einblicke darin, was der ans Krankenhausbett gefesselte Lennart vor seinem inneren Auge sieht. Schade, dass der zweite Teil die implizit über den Familienbegriff referierende Handlung melodramatisch ausweitet und die Protagonisten vor explizite Fragen stellt, während der zusätzliche, theatralisch behandelte Subplot über Lennarts Vater die Geschichte überlastet. So kippt das fesselnde, zur Diskussion anregende Drama im zweiten Part, wird zum typischen öffentlich-rechtlichen Problemfilm, der seine Ideen zu sehr verklausuliert und die Lösungsansätze – auch ohne Märchenende – zu aufdringlich präsentiert. Da hilft auch das gewohnt magnetische Spiel Jürgen Vogels kaum.
Fazit: Ein wahrlich zwiegespaltener Zweiteiler: Auf den spannenden, einsichtsvollen ersten Part folgt ein melodramatischer zweiter Teil vom Fließband.
«Familie!» ist am Montag, den 10. Oktober, sowie am Mittwoch, den 12. Oktober, im ZDF zu sehen.
Es gibt 6 Kommentare zum Artikel
09.10.2016 11:27 Uhr 1
09.10.2016 14:29 Uhr 2
Hast du es schon gesehen?
Jürgen Vogel als Sohn von Iris Berben geht für mich noch nicht zusammen.
09.10.2016 17:19 Uhr 3
09.10.2016 20:00 Uhr 4
Keine Ahnung. Ich bezog mich auf deinen "Ist gebongt" Kommentar, der für mich ausdrückte, dass du mit der Kritik konform gehst
10.10.2016 10:13 Uhr 5
Das ist echt ein putziger Fehler.
10.10.2016 20:01 Uhr 6
Nee, ich meinte, das ich das Teil aufnehmen werde...