Cast & Crew
Vor der Kamera:Michael Fitz («Tatort: München») als Kommissar Hattinger, Jessica Schwarz («Romy») als Sarah Beck, Bettina Mittendorfer als Andrea Erhard, Golo Euler («Sturm der Liebe») als Karl Wildmann, Gerhard Wittmann als Bamberger, Hanna Plaß als Lena Hattinger und weitere
Hinter den Kulissen:
Regie: Viviane Andereggen, Buch: André Georgi, frei nach dem gleichnamigen Roman von Thomas Bogenberger, Musik: Alex Komlew, Kamera: Andreas Doub, Produktion: Network Movie
Personen mit Motiv finden sich zuhauf: Kammler scheint als Betrüger unterwegs gewesen zu sein, der viele Menschen über den Tisch gezogen hat – zugleich vögelte er sich als Casanova durch die regionale Damenwelt. Hattinger ist also auf Hilfe angewiesen – und die findet er bei Sarah Beck, der Assistentin von Kammler. Doch schnell geht es über Hilfe in dem Fall hinaus – so vergnügen sich die beiden nicht nur im Casino sondern auch danach noch miteinander. Dafür versetzt Hattinger sogar seine Tochter, die sich mit psychischen Problemen in die Hände eines Therapeuten begeben hat. Ihr Vater sieht das aber ohnehin skeptisch, vor allem weil seine Tochter viel von seinem Geld ausgibt und sogar ihren eigenen Dispo bis an die Grenze ausreizt. Woher der Vater letzteres weiß? Im Dorf erfährt man eben alles, so ein typisches Heimat(film)motiv.
Hattinger im Vordergrund, der Lokalkolorit auch
Wirkte Schauspieler Michael Fitz in der Hauptrolle Hattinger im ersten Film häufig noch so, als sei er gar nicht so richtig interessiert daran, aus dem Schatten herauszutreten, in dem er während seiner Zeit als Assistent beim Münchener «Tatort» noch stand, spielt sich Kommissar Hattinger diesmal deutlich nach vorne. Im Kern geht es um das Beziehungskonstrukt zwischen Tochter und Liebschaft, auch generell um die soziale Situation. Mehr noch als im ersten Fall lässt der Kommissar in sich hineinschauen, nicht ohne wenige Momente später emotionale Härte zu demonstrieren.
Mehr als beim ersten Fall steht aber auch der Lokalkolorit ein Stück mehr im Vordergrund. Der Dialekt wird breitgetreten und erhält so inhaltliche Bedeutung, der Film wirkt dadurch sehr viel provinzieller und schematischer als noch sein Vorgänger. Dazu kommt der vor sich hin tröpfelnde Kriminalfall, der für den Zuschauer lange nicht wirklich von Interesse ist. Auch als noch die Schwester von Joe Kammler dran glauben muss, beginnt man nicht wirklich Schlüsse zu ziehen oder tiefgründige Handlungsmotive zu erkennen. Zwar zeichnet sich eine Figur ab, bei der man Hintergründigkeit früh erahnen mag. Das hilft aber zunächst kaum Spannung aufzubauen.
Ein blauer Passat auf der Durststrecke
Steckbrief
Frederic Servatius schreibt seit 2013 für Quotenmeter. Dabei ist er zuständig für Rezensionen und Schwerpunktthemen. Wenn er nicht für unser Magazin aktiv ist, arbeitet er im Verlag der Frankfurter Allgemeinen Zeitung oder schreibt an seinem Blog. Immer wieder könnt Ihr Frederic auch bei Quotenmeter.FM hören. Bei Twitter ist er als @FredericSrvts zu finden.Immerhin unterhaltsam aber wird es gelegentlich auch zuvor schon. Beispielsweise als der junge Kollege Wildmann voller Begeisterung sein neues Whiteboard präsentiert, die Kommissare wie kleine Kinder vor einem ferngesteuerten Rennauto stehen, währenddessen fast ihren Mordfall vergessen und wenige Sekunden später feststellen müssen, dass das gute Stück auch schon wieder gänzlich hinüber ist. Das alles beobachtet die Dame im Team – wie es sich für das Dorfklischee gehört – technikuninteressiert und kritisch aus der Ferne. Schade: Für den an sich gelungenen Gag wurde hier die Chance vom Geschlechtsstereotypen abzuweichen vertan. Unterhaltsam ist Wildmann unterdessen auch als unbeholfen flirtender Kriminalist, der einer Angehörigen eines „Tatverdächtigen“ den Stift aus dem Ohr zieht, um an deren Handynummer zu kommen. Rein beruflich natürlich, Zwinker Zwinker.
Begleitet wird das Stück Krimi von einem lieblosen Score der zwischen fröhlichem Jack Johnson in der lakonischen Sequenz und pseudo-spannendem Klick Klack in den als spannend angenommenen Sekunden wandelt. Deutlich mieser noch sind allerdings die Soundeffekte, die in einigen Szenen so wirken, als seien sie flott aus dem Internet zusammengegooglet – was immer es so kostenlos gibt kommt rein. Sieht man solche Sequenzen freut sich der Zuschauer schon fast, als endlich jener blaue Passat in der Garage eines Beteiligten entdeckt wird. Aber nein, noch ist der Film nicht am Ende.
Immerhin einen drastischen, spannenden und unerwarteten Kniff gen Ende gibt es noch, der noch mehr umkehrt, als es sich die Zuschauer vielleicht gedacht hätten. Doch diese gelungene Zuspitzung macht bei weitem nicht all das wieder wett, was über einen Großteil des Films falsch läuft. Hattinger zwar hat sich positiv nach vorne gespielt, aber sonst macht die Produktion vieles anders, was im ersten Teil noch gut gemacht wurde. Gerade das dezent gehaltene „Heimat“ im Wort Heimatfilm wird in der jetzigen Produktion viel zu prominent, die Story ist lange zu uninspiriert und flach, die Beziehungsverhältnisse zu simpel und vorhersehbar. Sollten also bis zum nächsten Fall wieder drei Jahre vergehen – allzu weh täte das nicht.
«Hattinger und der Nebel – Ein Chiemseekrimi» gibt es am Montag, 17. Oktober ab 20.15 Uhr im ZDF zu sehen.
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15.10.2016 13:25 Uhr 1