Thomas Gottschalk hat «Wetten, dass..?» vor vielen Jahren einmal einen abgenagten Knochen genannt. Doch diese Bezeichnung trifft es längst nicht mehr. «Wetten, dass..?» ist vielmehr ein Kadaver, der in den Archiven des ZDF vor sich hin rottet, während er in den Köpfen vieler ehemaliger Zuschauer romantisch verklärt wird.
Doch anstatt diese Verklärung fortschreiten und das tote «Wetten, dass..?» in Frieden ruhen zu lassen, buddelte Jan Böhmermann es gestern Abend wieder aus, wie die Bewohner einer indonesischen Insel, die einmal im Jahre ihre verstorbenen Angehörigen ausgraben und sie durchs Dorf führen.
Die Fanfare war freilich die Fanfare von «Wetten, dass..?», auch das Logo stimmte und die Position des Sofas auf der Bühne – der Geist dagegen war der Geist von Jan Böhmermann, der sich nicht entscheiden konnte zwischen Ernst und Parodie und einen Mittelweg zu finden versuchte, den er für Satire hielt. Die Eurovisions-Hymne musste ein bisschen gescratched werden wie auf einem Plattenteller in den 90ern, weil man denkt, dass das ZDF denkt, das sei jung und cool, während statt echten Wetten allerhand bemüht überspitzter Nonsens abgespult wurde.
Eine Mischung aus Hommage und einem Bewerbungsvideo sei dieser «Wetten, dass..?»-Versuch, sagte Böhmermann in den ersten Minuten der Sendung – und genau das machte sie inhaltlich über weite Strecken so schwer erträglich. Denn Böhmermanns Satire wollte einen Trade-Off finden zwischen Anbiederung und Vorführen, zwischen Parodien und verklärenden Anklängen an eine Promi-Sofa-Romantik, um das alte Format mit einer gewissen Ernsthaftigkeit nachzubauen. Hier, seht her, lasst mich auf den Samstagabend los, ich kann’s doch! Wenn Thomas Gottschalk Rock’n’Roll war, war Markus Lanz Stefan Mross – und Jan Böhmermann ist Andreas Gabalier.
Die Zukunft der ZDF-Samstagabendunterhaltung hat Besseres verdient.
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14.10.2016 17:25 Uhr 1
14.10.2016 19:35 Uhr 2