Die Kino-Kritiker

«Störche - Abenteuer im Anflug»

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Wenn sich die Macher von «The LEGO Movie» mit dem Regisseur von «Bad Neighbors» zusammentun, kann dabei etwas sehr Skurriles entstehen. Oder mit «Störche - Abenteuer im Anflug» eben ein höchst amüsantes, wenn auch leicht überdrehtes Animationsabenteuer.

«Störche - Abenteuer im Anflug»

  • Kinostart: 27. Oktober 2016
  • Genre: Animationsfilm/Komödie
  • FSK: o.A.
  • Laufzeit: 87 Min.
  • Musik: Jeff Danna, Mychael Danna
  • Kamera: Simon Dunsdon
  • Buch: Nicholas Stoller
  • Regie: Nicholas Stoller, Doug Sweetland
  • Deutsche Sprecher: Nora Tschirner, Rick Kavanien, Nelson Müller, Frank Rosin
  • OT: Storks (USA 2016)
Normalerweise richtet sich der Humor von Nicholas Stollers Filmen an ein erwachsenes Publikum. Er dreht gern mit Seth Rogen («Bad Neighbors» 1 und 2), hat aber auch schon das Enfant Terrible Russell Brand unter seine Kontrolle gebracht («Männertrip») oder Cameron Diaz und Jason Segel mit einem schlüpfrigen Homevideo konfrontiert (Drehbuch zu «Sex Tape»). Stollers erster Ausflug ins Animationsfilmsegment schlägt mit «Störche – Abenteuer im Anflug» nun einen ganz neuen, nicht minder verspielten aber inhaltlich doch deutlich braveren Tonfall an. Denn obwohl es die Prämisse um die einer norddeutschen Sage nach Babys bringenden Störche eigentlich zulassen würde, die eine oder andere schlüpfrige Pointe im Film unterzubringen, schaffen es am Ende nur wenige äußerst vage Äußerungen in den Film, um zumindest den wissenden Erwachsenen die Schamesröte ins Gesicht zu treiben. In erster Linie ist «Störche» nämlich ein auf die ganze Familie, mehr noch auf die kleinen Zuschauer ausgelegter Abenteuerspaß, der vor allem in der ersten Hälfte an das Slapstick-Gewitter aus «Angry Birds – Der Film» erinnert. Doch wenn die Inszenierung erst einmal in die richtigen Bahnen gelenkt wird, überzeugt die von den «LEGO Movie»-Machern Phil Lord und Christopher Miller beaufsichtige Roadmovie-Komödie auch noch auf inhaltlicher Ebene.

Die Legende vom Babys bringenden Storch


Störche bringen die Babys … zumindest war das früher so. Heute sind sie Paketzusteller eines weltweit operierenden Mega-Online-Versands. Storch Junior zeigt in der Versandabteilung die besten Leistungen und hofft bereits auf eine Beförderung, als er aus Versehen die Babymaschine in Gang setzt, was zur Produktion eines völlig unautorisierten, wenn auch entzückenden Mädchens führt. Junior und Tulip (deutsche Stimme: Nora Tschirner), der einzige Mensch auf dem Storchenberg, müssen das Säuglingsbündel nun so schnell wie möglich loswerden, damit der Chef nichts mitbekommt. Hektisch bemühen sie sich also, ihr erstes Baby überhaupt zuzustellen – was in einen wilden und aufschlussreichen Trip mündet, der mehr als eine Familienkrise kitten könnte. Und vielleicht finden die Störche dadurch sogar wieder zurück zu der Mission, für die sie schon immer vorherbestimmt waren.

Das Tempo von «Störche – Abenteuer im Anflug» ist vor allem in der Anfangsphase derart hoch, weil das von Nicholas Stoller selbst geschrieben Skript viel zu viel auf einmal erzählen will. Anstatt sich zunächst nur auf einen Schauplatz zu konzentrieren, verquirlt die Geschichte munter die Entstehungsgeschichte des Storchenkonzerns mit dem Background der wichtigsten Figuren, erläutert die Beweggründe, warum Gut gut und Böse eben böse ist, während sich auch noch im Minutentakt Slapstick und Gags ganz unterschiedlicher Qualität in die Szenerie einfügen. Die damit einhergehenden Schauplatzwechsel tun ihr Übriges, um bloß nicht zu viel Übersicht zu gewähren. Hinzu kommt, dass das Sprechtempo der Figuren selbst für Genreverhältnisse äußerst hoch ist; wer sich angesichts dieser ADHS-tauglichen Inszenierung mehr genervt denn unterhalten fühlt, dem kann man daraus, ehrlich gesagt, überhaupt keinen Vorwurf machen. Gleichzeitig findet «Störche» nach diesem holprigen Auftakt zu einem deutlich gemäßigteren Tempo. Wenngleich die emotionalen Konflikte zu keinem Zeitpunkt mit solch komplexen Erzählungen wie etwa aus «Alles steht Kopf» oder «Findet Dorie» mithalten können, entwickelt der Film gerade zum Schluss hin auch die Möglichkeit, vereinzelte berührend-mitreißende Akzente zu setzen. Die Idee, dass das Leben ihrer Babys kurz nach der Lieferung noch einmal im Zeitraffer vor dem Auge der Störche vorbeiläuft, ist trotz ihrer Simplizität eine der schönsten, die es im Animationsfilmbereich dieses Jahr zu sehen gab.

Kurzweilige Animationsunterhaltung


Bis es zu dieser feinen Sequenz im Schlussakt von «Störche» kommt, verläuft das computeranimierte Abenteuer nach recht schematischen Roadmovie-Grundsätzen. Das als Partner wider Willen miteinander agierende Duo aus Junior und Tulip hakt die einzelnen Stationen ihrer Reise pflichtbewusst ab, wovon einige mehr, andere weniger geglückt sind. So funktioniert «Störche» ähnlich wie «The LEGO Movie» in erster Linie über einige herausragend-komische Running Gags wie etwa ein Wolfsrudel, das sich mehrmals vollkommen selbstverständlich in verschiedene Fahrzeuge verwandelt (!) oder eine Gruppe aus Pinguinen, die ganz Actionfilm-like eine Kampfchoreographie vollziehen; mit dem Unterschied, dass bei dieser hier nur geflüstert werden darf. Auch der Umstand dass Vögel kein Glas erkennen können, weiß Stoller mehrmals gewitzt in einen Gag umzusetzen. Doch wo «Störche» im Bereich des Humors richtig kräftig punkten kann, liegen die Emotionen innerhalb des Films lange Zeit völlig brach. Mit Ausnahme genannter Zeitraffer-Sequenz versuchen die Macher, die Message, dass familiärer Zusammenhalt nicht vom selben Blut abhängig ist, mehrmals derart penetrant in den Fokus zu rücken, dass sich gewisse Müdigkeitserscheinungen nicht leugnen lassen. Auch die Vermittlung familiärer Werte an sich, die mithilfe eines zweiten Handlungsstrangs rund um eine Menschenfamilie auf der Erde vonstatten gehen soll, bremst den Hauptplot um Junior und Tulip eher aus, als den Film zu bereichern.

Deshalb und aufgrund der reichlich schematischen Figurenzeichnung von Pro- und Antagonist gehört «Störche – Abenteuer im Anflug» nicht zu den ganz großen Reißern, die das Animationsfilmkino in diesem Jahr zu bieten hat. Gleichzeitig muss man dem tricktechnisch soliden, etwa auf «Ice Age»-Niveau angesiedelten und in der 3D-Fassung lediglich punktuell überzeugenden Film aber auch zu Gute halten, dass die eineinhalb Stunden nicht bloß im Flug vergehen, sondern auch jede Menge Spaß machen. Dazu tragen auch in der deutschen Fassung die Synchronsprecher bei. Allen voran Nora Tschirner («SMS für Dich») legt in der Rolle der Tulip eine ungeheure Energie an den Tag, die «Störche» zusätzlich treibt. Gemeinsam mit Rick Kavanian («Hotel Transsilvanien 2») als Sidekick Taube Nuss, Frank Rosin als Alpha Wolf und Nelson Müller als Beta Wolf ergibt sich eine schöne Kombination alteingesessener Sprecher und Neulinge, denen man ihr Greenhorn-Dasein nicht anmerkt; im Gegenteil.

Fazit


«Störche – Abenteuer im Anflug» lebt weniger von seiner komplexen Story als von den vielen kreativen Ideen, die Regisseur und Autor Nicholas Stoller erdacht hat. In der deutschen Version sorgen darüber hinaus auch die Synchronsprecher um eine herrlich aufgedrehte Nora Tschirner für ein absolut kurzweiliges Familienabenteuer.

«Störche – Abenteuer im Anflug» ist ab dem 27. November in den Kinos zu sehen – auch in passablem 3D!

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