Die Kino-Kritiker

«31 - A Rob Zombie Film»

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Er will es wieder wissen: Mit «31 - A Rob Zombie Film» lässt der Regisseur von «Haus der 1000 Leichen» die Kettensägen dröhnen. Sein Film ist wie der unbeholfene Versuch, «Die Tribute von Panem» mit «Hostel» zu kreuzen und mit gewollter Provokation zu schockieren.

Filmfacts: «31 - A Rob Zombie Film»

  • Kinostart: 27. Oktober 2016
  • Genre: Horror
  • FSK: 18
  • Laufzeit: 102 Min.
  • Musik: Chris Harris, John 5, Bob Marlette, Rob Zombie
  • Kamera: David Daniel
  • Buch und Regie: Rob Zombie
  • Darsteller: Malcolm McDowell, Richard Brake, Jeff Daniel Phillips, Sheri Moon Zombie, Lawrence Hilton-Jacobs, Meg Foster, Kevin Jackson
  • OT: 31 (UK/USA 2016)
Ein Großteil der Filme von Rob Zombie ist hierzulande in der ungeschnittenen Fassung verboten. Dass der neueste Erguss des Regisseurs von «Haus der 1000 Leichen», «The Devil’s Reject» oder dem mehr als passablen, mit einem ganz neuen erzählerischen Ansatz versehenen «Halloween»-Remake nun tatsächlich als FSK-18-Fassung uncut in die Kinos kommt, grenzt da einerseits fast schon an ein Wunder, lässt auf der anderen Seite aber auch Rückschlüsse darauf zu, was «31» von seinen zahlreichen, blutdurchtränkten Vorgängern unterscheidet. In Zombies skurrilem Clash aus «Tribute von Panem»-Survivalfilm und «Hostel»-Folterporno geht es einmal mehr äußerst brutal zur Sache, nur dass hier in den entscheidenden Momenten eben nicht drauf gehalten wird. Die Provokation sucht der Filmemacher indes an anderer Stelle, wenn er das Todeslabyrinth seiner blutgeilen Hinterwäldler-Aristokraten nach gängigen Motiven aus dem Dritten Reich designt. Doch ein kleinwüchsiger Nazi-Killer und allerhand Hakenkreuz-Zeichnungen reichen heutzutage einfach nicht mehr aus, um wirklich zu schocken. Vor allem dann nicht, da «31» sich auf derartigen Spielereien ausruht und es dabei vergisst, die wenigen Trümpfe auszuspielen, die man bei einer solch perversen Ausgangslage hätte. Rob Zombies neuester Film ist trotz stark gefilmter Einzelszenen ein nur allzu anstrengendes Unterfangen, da der Regisseur und Drehbuchautor unter dem Wust an Perversität auch noch eine Geschichte zu erzählen versucht. Eine Geschichte über unausstehliche Menschen, für die Zombie partout keine Begeisterung schüren kann.

Killerclowns ahoi!


1976: In der Nacht vor Halloween werden fünf abgebrannte Jahrmarkts-Mitarbeiter von einer Bande sadistischer und spielsüchtiger Hinterwäldler entfährt und zu einem mysteriösen, schrecklichen Ort gebracht: der „Murder World“. Dort haben sie 12 Stunden Zeit, ein mörderisches Spiel namens „31“ zu überleben. Eine Gruppe von Psychopathen – alle als Clowns maskiert – wird auf sie gehetzt und hat nur eine Aufgabe: die fünf Gefangenen zu töten. Das Spiel kennt keine Regeln, was zählt, ist der pure tierische Überlebensinstinkt. Wer bis um Punkt Mitternacht überlebt, ist frei. Das ist 31. Lasset das Spiel beginnen!

Ein Großteil von Zuschauern und Kritikern hat Zombie für seine Neuauflage des Slasher-Klassikers «Halloween» gescholten. Gleichzeitig musste man dem streitbaren Filmemacher und Musiker zugestehen, dass ihm an mehr gelegen war, als bloß an einer zum Original identischen Anpassung an neueste Standards und Sehgewohnheiten. «Halloween» aus dem Jahr 2007 befasste sich so ausgiebig mit der Figur des Michael Myers und dessen Charakterhintergründen, dass man fast schon von einer Entmystifizierung sprechen konnte. Im Zusammenspiel mit der verhältnismäßig reduzierten Inszenierung sowie den durch und durch bodenständig-herb choreographierten Bluttaten gelang es Zombie jedoch immerhin, einen ganz neuen Blick auf den Kultschlitzer zu ermöglichen. In «31» nimmt sich der Autorenfilmer nun ebenfalls viel Zeit für seine Charaktere, hat im Vergleich zu «Halloween» aber ein entscheidendes Problem: Die Gruppe rund um die von einer anstrengend affektiert aufspielenden Sheri Moon Zombie («Lords of Salem») verkörperte Charly ist nicht einfach nur uninteressant. Die ethnisch gemischte Clique aus hormongesteuerten, an alles und jedem desinteressierten White-Trash-Hipstern ist derart unausstehlich, dass man sich nicht bloß zu keiner Sekunde dafür interessiert, was mit den Freunden passiert; im Gegenteil: Noch lange bevor Charly und Co. den Killern zum Opfer fallen, wünscht man sie als Zuschauer ins Jenseits. Die Ausgangslage für einen Survival-Horrorfilm, bei dem im Idealfall mit den Opfern mitgelitten werden sollte, ist also eine denkbar schlechte.

Gewollte Provokation ist selten provokant


Andererseits könnte sich daraus aber auch ein ganz anderer Reiz ergeben. Wären die Antagonisten – im Falle von «31» eine Gruppe aus verkleideten Sadisten, die das bunten Treiben aus angemessener Entfernung beobachten – reizvoll genug, ließe sich der Zuschauer mithilfe dieser perfiden Faszination schnell zum Voyeur delegieren. Doch der Einfallsreichtum beim Kostümdesign und Szenenbild springt auf die sadistischen Zuschauer ebenso wenig über, wie auf die verschiedenen Killerfiguren, die auf Anweisung der Hinterwäldler in regelmäßigen Abständen auf die Gefangenen losgelassen werden. Mal bedient man sich hier an einfachsten Figurentypen; Kettensägen schwingende Clowns passen aber immerhin gut zur durchscheinenden Zirkus-Symbolik. Wenn im letzten Drittel des Films allerdings ein nur allzu grotesk auftretendes Killerpärchen aufs Parkett tritt, das sich vor allem dadurch kennzeichnet, dass es im Sekundentakt niederste deutsche Fäkalwörter herausbrüllt, dann entbehrt das auf den ersten Blick vielleicht noch eines anklingenden Surrealismus‘, entwickelt sich aber schon wenig später zur nervenzerfetzenden Geduldsprobe. In «31» wird ohnehin viel geflucht. Dass sich der Regisseur krampfhaft am Motiv des toughen (Final?) Girls orientiert, steht dabei im krassen Kontext zur andauernden Vulgär-Beschallung, in der vor allem Frauen immer wieder auf ihr biologisches Dasein als solche reduziert werden.

Anhand dem von Richard Brake («Spy – Susan Cooper Undercover») mit viel Lust an Ekel und Gewalt verkörperten Doom-Head, der wohl schillerndsten Figur aus dem «31»-Kosmos, versucht Rob Zombie, einen erzählerischen Bogen zu spannen. Der Film beginnt mit einer in schwarz-weiß gehaltenen Rede Doom-Heads darüber, wie er das vor ihm sitzende Opfer gleich töten wird. Diese Szene gehört dann auch direkt zu den besten; das Spiel mit dem Unwissen des Publikums funktioniert hier nämlich noch, da der Zuschauer noch nicht weiß, wie gewalttätig der Film später werden wird. Ist Doom-Head erst einmal von der Bildfläche verschwunden, dauert es lange, bis er wieder auftaucht, um im letzten Drittel das Problem der Opferentledigung selbst in die Hand zu nehmen. Zombie deutet hier an, dass es in «31» im Kern eigentlich um ihn geht, nur gelingt es ihm nicht, diesen durchscheinenden Ansatz zu Ende zu denken. Stattdessen dominieren Gewalt, Blut und Schimpftiraden das Geschehen, das Zombie ganz untypisch nicht bis zuletzt mit der Kamera festhält. «31» ist nicht subtil genug, um das Grauen im Kopf des Zuschauers geschehen zu lassen und zeigt die schlimmsten Verstümmelungen an den Opfern doch nicht mit einer solchen Konsequenz, dass sich Liebhaber sehr derber Kost hier gut aufgehoben fühlen dürften. Am Ende taugt das merkwürdige Vergnügen dann doch für nichts so richtig. Und es ist fraglich, was für ein Segen es ist, dass endlich mal wieder eine Rob-Zombie-Produktion in die Kinos kommt.

Fazit


«31 – A Rob Zombie Film» folgt dem dreckigen inszenatorischen Stil von Zombies früheren Filmen, bleibt in letzter Konsequenz aber überraschend brav. Stattdessen versucht der Regisseur, mit kalkulierter Provokation zu schockieren – und scheitert. Es bleiben unausstehliche Figuren, viel zu viele Vulgaritäten und ein immerhin halbwegs geglücktes Szenenbild.

«31 – A Rob Zombie Film» ist ab dem 27. Oktober in den deutschen Kinos zu sehen.

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