Nora Tschirners aktuelles Kino-Projekt
Im Animationsfilm «Störche – Abenteuer im Anflug» dreht es sich darum, dass Störche als Paketzusteller eines weltweit operierenden Onlineversands tätig sind. Als plötzlich die Babymaschine anspringt und ein Mädchen entsteht, müssen Storch Junior und Tulip (deutsche Stimme: Nora Tschirner), der einzige Mensch auf dem Storchenberg, es so schnell wie möglich liefern, damit der Chef nichts mitbekommt ...Interessanterweise war es keine Filmrolle, sondern Lara Croft beim Reboot der «Tomb Raider»-Spielreihe. Das war besonders schwierig, weil die Figur von allen die heftigste Entwicklung durchmacht. Da ging es darum, dass Lara erst durch ein Trauma zu der taffen Frau wurde, wie wir sie kennen. Daher musste ich dieses Trauma spielen, aber auch die schrittweise Überwältigung. Das war sehr intensiv. Die schwierigste Film-Synchronrolle war aber für mich «Merida». Ich find’s nicht mehr so leicht, so junge Rollen zu spielen. Die Figur ist um die 16, das heißt, ich musste stimmlich modulieren und konnte nicht einfach normal sprechen. Und sie ist auch noch so eine kleine Kratzbürste, die aber auch würdevoll sein konnte und es gab sehr emotionale Szenen … Das war auch eine ziemliche Herausforderung, aber nichts im Vergleich zu Lara Croft!
Lara Croft haben Sie ja nur in diesem einen Spiel gesprochen, wie kam es dazu?
Da spielten mehrere Faktoren mit rein, die ich rückblickend auch nicht mehr alle weiß. Aber ich finde es gut so. In dem Spiel hätte ich, wie ich finde, nicht mehr auf Lara gepasst. Dass Maria Koschny nun die Rolle hat, ist super. Sie spricht sonst unter anderem Jennifer Lawrence und sie macht es super. Lara ist in dem Spiel nicht mehr dieses junge, traumatisierte, hibbelige Ding, sondern eine echte, coole Actionmaschine, das kauft mir ja keiner ab. (lacht)
Christian Tramitz hat uns kürzlich verraten, dass er damals bei den «Findet Nemo»-Synchronarbeiten so heftig herumfuchtelte, dass er ein Mikro beschädigt hat …
(lacht laut los) Ohje, armer Christian! Das kann ich mir bildlich vorstellen. Bin ich froh, dass mir das noch nie passiert ist – ist sicher nur eine Frage der Zeit. Wir sind beide totale Körperkläuse und es ist so schwer, im Synchronstudio nicht emphatisch mitzuhampeln und die ganze Einrichtung zu zerlegen, wenn deine Figur auf der Leinwand im Quadrat springt … Noch peinlicher ist bei mir nur das Wort „Schlüssel“ in allen Abwandlungen. Wenn im Text was mit „Schlüssel“, „schließen“ oder „schließlich“ vorkommt, ist der Tag für mich gelaufen. Das dauert gefühlt immer hundert Jahre, bis ein Take bei rauskommt, in dem ich nicht geistesgestört klinge. Mein absoluter Angstgegner.
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Jede Animations-Synchronanfrage löst bei mir erstmal spontan einen Jubelschrei aus. Denn wenigstens in dieser Hinsicht ist Synchron ganz, ganz einfach: Das ist nicht wie bei einem Drehbuch, bei dem dir eine Rolle angeboten wird, und du noch abwägen musst, was alles bis zum fertigen Film noch reinspielen könnte.
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Nora Tschirner
Definitv. Jede Animations-Synchronanfrage löst bei mir erstmal spontan einen Jubelschrei aus. Denn wenigstens in dieser Hinsicht ist Synchron ganz, ganz einfach: Das ist nicht wie bei einem Drehbuch, bei dem dir eine Rolle angeboten wird, und du noch abwägen musst, was alles bis zum fertigen Film noch reinspielen könnte. Kein „Wie kann man das umsetzen, wer führt denn Regie, wer wird sonst so gecastet?“ Da besteht immer eine große Anspannung, welchen Weg das Buch bis zur Leinwand machen wird. Bei der Synchronisation eines Kinofilms liegen die Schritte ja schon alle hinter dem Projekt, manche Filme sind auch schon komplett fertig, ehe du angefragt wirst. Und bei Animationsfilmen weiß ich zudem einfach: Wenn das Ding erstmal das Studio in Amerika in unsere Richtung verlässt, wird es ein gewisses Maß an Qualität nicht unterschreiten – jedenfalls aus meiner Sicht. Da kommt immer was bei raus, das zumindest mir gefällt.
Dann haben die Leute vom Synchroncasting zudem ein richtig gutes Händchen. Ich weiß: Wenn ich angefragt werde, ist das praktisch immer eine Rolle, die ich mir auch für mich vorstellen kann. Es gab vielleicht zwei Fälle, bei denen ich dann zum Casting hingegangen bin und gemerkt habe: „Uff, nein, ich fühl mich unwohl, die Figur zu sprechen.“ Und diese Rollen habe ich auch nicht gekriegt.
- © Warner Bros. Entertainment
Nora Tschirner kann im Synchronstudio einfach nicht stillstehen.
Welche Synchronrollen, bei denen Sie vorgesprochen haben, gingen denn letztlich doch nicht an Sie?
Ich erinnere mich konkret nur noch an «Pets», da sollte ich die gemeine, eitle, pummelige Katze sprechen. Ich fand den Film sehr verlockend und hätte gern mitgewirkt. Als dann aber kein Rückruf kam, war ich trotzdem nicht verwundert, weil ich bereits beim Casting gespürt habe: „Nee, Nora, das funktioniert hier gerade nicht so.“ Daher war ich dann sogar froh, als es hieß, Martina Hill übernimmt die Figur. Ich bin da ganz unempfindlich, denn letztlich will ich im Kino sitzen und mir was Tolles ansehen. Ob ich dabei war oder jemand anderes … Egal.
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Es gibt auch kaum eine schlimmere Erfahrung, als für einen Film, in dem du dich selber nicht gelungen findest, Applaus zu kriegen.
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Nora Tschirner
Vielleicht. Andere sagen dazu „sachlich“. Ich selbst nenne es abgrundtief egoistisch, ha! Ich liebe es einfach, gute Sachen zu sehen. Das ist mir so wichtig, dass ich nichts davon habe, wenn ich zwar Teil eines Projektes sein durfte, aber so unpassend da drin bin, dass ich dem Gesamt-Vergnügen im Weg stehe. Es gibt auch kaum eine schlimmere Erfahrung, als für einen Film, in dem du dich selber nicht gelungen findest, Applaus zu kriegen. Im besten Fall fühlt sich das wie ein blaues Auge an.
Bei welchen Filmen haben Sie denn Applaus erhalten, obwohl Sie sich darin schlecht fanden?
Es geht gar nicht wirklich um schlecht oder nicht, sondern eher darum bewusst und in voller Kraft mitgewirkt zu haben. Richtig schlimm war das bei einem spanischen Film, «La noche que dejó de llover». Ich konnte damals quasi kein Spanisch, aber in irgendeiner Vita von mir stand, dass ich an Fremdsprachen Englisch, Russisch und Spanisch beherrsche. Der Fehler rührte daher, dass ich nach der Schule eine sehr kurze Zeit lang aus Naivität sämtliche Sprachen, die ich im Schulunterricht hatte, angegeben habe. Das hab ich schnell wieder gelassen, als mir klar wurde, dass das nur falsche Hoffnungen weckt. (lacht) Im Umlauf war es dank Internet natürlich trotzdem recht schnell.
Jedenfalls habe ich die Rollenanfrage bekommen und ein englisches Drehbuch erhalten. Gleichzeitig hieß es, ich solle es auf Spanisch spielen, und zwar mit russischem Akzent und der Dreh sei in zwei Wochen. Ich würde einen Coach kriegen. Halboptimistisch habe ich geantwortet: „Öh, na gut!“ In der öffentlichen Wahrnehmung ist das wohl auch super geworden, auf dem Filmfestival in Valladolid hieß es angeblich dauernd: „Wow, wer ist diese russische Schauspielerin?“ Ich habe mich in meinem Spiel jedoch so unfassbar beschränkt gefühlt, weil ich die ganze Zeit gebangt habe, als ging es um mein Leben: „Hoffentlich komme ich auch mit dem nächsten Satz durch!“ Wenn Leute den Film gelobt haben, war ich daher nicht stolz, sondern dachte: „Ja, toll für dich, wenn das so rüberkommt, ich wünschte, ich wäre dabei gewesen.“
Auf der nächsten Seite: Nora Tschirner über Shitstorms und die Tücken der Promoarbeit, die von Schauspielern verlangt wird.
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26.10.2016 14:58 Uhr 1
26.10.2016 16:30 Uhr 2