Die Handlung
Filmfacts «The Devil's Carnival»
- Regie: Darren Lynn Bousman
- Produktion: Darren Lynn Bousman, Sean E. Demott
- Drehbuch: Terrance Zdunich
- Darsteller: Emilie Autumn, Sean Patrick Flanery, Briana Evigan, Jessica Lowndes, Paul Sorvino, Terrance Zdunich, Bill Moseley, Dayton Callie, Marc Senter, Ivan L. Moody
- Kamera: Joseph White
- Schnitt: Erin Deck
- Musik: Saar Hendelman, Terrance Zdunich
- Erscheinungsjahr: 2012
- Laufzeit: 56 Minuten
- keine FSK-Freigabe beantragt
Sie alle werden von des Teufels rechter Hand, dem Kartenverkäufer (Dayton Callie), und den restlichen Einwohnern der Hölle willkommen geheißen. Was sie nicht wissen: Während ihrer ersten Nacht als Besucher dieses diabolischen Zirkus werden die abgewrackten Künstler sie in Darbietungen verwickeln. Diese sind, wie sich im Gespräch zwischen einem kleinen Jungen (Tillman Norsworthy) und Luzifer (Terrance Zdunich) herausstellt, an Äsops Fabeln angelehnt und konfrontieren die Sünder mit ihren zu Lebzeiten begonnenen Taten …
Kurz und knapp - Warum «The Devil’s Carnival» nicht länger sein darf
Nachdem die dystopische, comichaft-schwarzhumorige Goth-Oper «Repo! The Genetic Opera» von Regisseur Darren Lynn Bousman («Saw II – IV») und Drehbuchautor/Musiker Terrance Zdunich zu einem Kulterfolg aufstieg, setzten sich die beiden Künstler zusammen, um eine ähnlich geartete, zweite Kollaboration anzupacken. Diese schlug einen noch groteskeren und kunstvolleren Weg ein, mit einer noch eigensinnigeren musikalischen Sprache und einem stärkeren melancholischen Beiklang: Die schräg-morbide Uminterpretation dreier nicht all zu bekannter Fabeln als teuflische Zirkusnummern ist eine intensiver verdichtete tonale Weiterführung des eigenwilligen «Repo!»-Stils – und genau in dieser Verdichtung liegt der große Kunstgriff von «The Devil’s Carnival».
Der mit minimalen Mitteln verwirklichte Film nutzt seine begrenzten Möglichkeiten dank hoher Kreativität voll aus – die Geschichte wird durch Andeutungen und Assoziationen vorangetrieben, was wiederum die höllisch-freakige Stimmung intensiviert. So ergibt sich eine stylische, atmosphärisch überwältigende knappe Filmstunde – dies durch weitere Fabeln, längere Nacherzählungen der drei Storys oder eine ausschweifendere Rahmengeschichte zu verlängern, würde bedeuten, die außergewöhnliche Erzählweise zu verwässern. Als unfreiwilliger Beweis dient quasi die in abendfüllender Länge daherkommende Fortsetzung «Alleluja! The Devil’s Carnival», die schlicht ein atypisches, verqueres Musical ist – und nicht mehr solch eine einmalige Erfahrung wie der kürzere, beeindruckende Vorgänger.
Die 6 glorreichen Aspekte von «The Devil’s Carnival»
Die düster-groteske Musical-Erfahrung «The Devil’s Carnival» lebt vor allem durch ihre unvergleichliche Stimmung: Der eine qualitativ sehr inkonsistente Filmografie aufweisende Darren Lynn Bousman erschafft in seiner bis dato besten Regiearbeit durch wenige, aber umso ikonografischer eingesetzte Mittel eine von Gegensätzlichkeit geprägte Atmosphäre. Dieser in einer pechschwarzen Nacht durch das warme, gelbliche Licht Tausender Glühbirnen erleuchtete Teufelszirkus ist ebenso einladend wie abstoßend, willkommen heißend wie vergraulend, munter wie melancholisch. Gestützt wird diese Atmosphäre durch die mit Auslassungen und Andeutungen arbeitende Narrative: Bousman erzählt und zeigt nur das Nötigste, womit «The Devil’s Carnival» zu einem Fiebertraum von einem Film wird.
Dazu trägt zu enormen Stücken auch die aus der Zeit gefallene Musik bei: Nach dem Goth-Metal-Opern-Showmusik-Mix von «Repo!» verbeißt sich Zdunich hier größtenteils in den disharmonisch-simplen Stil altmodischer Jahrmarktsklänge – bereichert um eine schwarzromantische Note des Makaberen. Daher braucht es gewiss für manche unvorbereiteten Filmfans, um sich mit diesem Klangumfeld anzufreunden, jedoch zieht es das Publikum effektiv in eine Welt der Ausgestoßenen. Vereinzelte, zugänglichere Stücke wie Ivan Moodys rauchiger Sprechgesang „A Penny for a Tale“, das rockig-vorantreibende „Grace for Sale“ oder die morbid-traurige Ballade „In All My Dreams I Drown“ verleihen der Zirkusakustik Abwechslung – und dienen gewissermaßen als Haltepunkte in diesem bewusst-befremdlichen Soundtrack. Zumindest bei der Erstsichtung – aufgrund der hypnotischen Ausstrahlung dieses „Groteskomusicals“ und seiner kunstvoll-theatralischen Präsentation hat «The Devil’s Carnival» nämlich einen hohen Rewatch-Faktor, und mit wiederholter Sichtung entfalten die sperrigeren Momente zunehmend ihre Wirkung.
Ebenso ist die Bildsprache des für nur eine halbe Millionen US-Dollar produzierten Filmprojekts faszinierend: Zwar sieht «The Devil’s Carnival» auch kaum kostspieliger aus, gleichwohl erscheint er auch nicht so, als hätte Bousman an allen Ecken und Kanten sparen müssen – mit schrillen Kostümen und beeindruckender Effektschminke sowie vielfältig eingesetzten, minimalistischen Kulissen ist dieser Low-Budget-Film visuell rundum gelungen. Die hier erschaffene Hölle ist nun einmal ein kleiner, ranziger Zirkus – und Bousman setzt ihn so in Szene, dass kein Zweifel daran aufkommt, dass er auch genau so aussehen soll, statt das Ergebnis eines Kompromiss zu sein.
«The Devil’s Carnival» ist als DVD und Blu-ray zu importieren und kann via Amazon gestreamt werden.
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