Cast & Crew
Vor der Kamera:Benno Fürmann als Jan Schulte
Franziska Weisz als Katharina Pflüger
Jördis Triebel als Britta
Oliver Masucci als Tobias Weishaupt
Nicole Mercedes Müller als Maria Schulte
Victoria Trauttmansdorff als Elisabeth Stade
Devid Striesow als Frank Gruber
Hinter der Kamera:
Produktion: Cinecentrum Berlin
Drehbuch: Jochen Bitzer
Regie: Brigitte Bertele
Kamera: Ngo The Chau
Produzenten: Dr. Georg Feil und Dagmar Rosenbauer
Es kommt also wie gerufen, als ihm eine Krankenschwester nachts einen Umschlag mit brisanten Dokumenten überreicht: Die Bundesgesundheitsministerin – das geht zumindest aus den Papieren hervor – hat ihrem Bruder illegal ein Transplantationsorgan verschafft. Der Chefredakteur will mehr Details und Faktensicherheit, Schultes Kollegin (mit der er auch ins Bett geht, falls Sie das interessiert) übernimmt die Überprüfung der zugeschanzten Akten.
Sie kommt zu dem Schluss: Die Daten sind manipuliert, aber ganz sicher nicht von Eurotransplant, der zuständigen Behörde. Jemand will dieser Redaktion etwas unterjubeln, um sie anschließend zu diskreditieren. Der Chefredakteur will die Story freilich abblasen, Schulte dagegen dranbleiben.
Am nächsten Morgen dann großes Geschrei in der Redaktion: Im Büro des Chefredakteurs hat jemand den Safe aufgebrochen und die brisanten Dokumente entwendet. Irgendwas muss also dran sein an der Geschichte, und irgendjemand hat gerade mächtig Angst, dass etwas über die dubiosen, gesetzwidrigen Machenschaften im Gesundheitsministerium herauskommt. Schulte schmeißt sich an Katharina Pflüger (Franziska Weisz) ran, Staatssekretärin und engste Vertraute der Ministerin, um an weitere Informationen zu gelangen. Sie lässt sich auf das Katz-und-Maus-Spiel mit der Presse bereitwillig ein.
Man kann einen solchen Stoff auf zwei Arten erzählen: als beißenden, intellektuellen, relevanten Polit-Thriller. Oder als Beziehungskiste um einen smarten Mann wie Jan Schulte, der mit allerhand Frauen ins Bett geht und gleichzeitig der fürsorgliche Vater einer Tochter im Teenageralter ist, während er sich mit den Polit- und Mediengrößen anlegt.
«Die vierte Gewalt» entschied sich für die zweite Variante: Emotionalisierung auf Kosten der Relevanz. Mit allem, was dazugehört: Jan Schulte muss erst erotisch erfahrbar werden, bevor er als mit allen Wassern gewaschener Journalist auftreten darf, und allerhand persönliche Anziehungen müssen als Handlungsantriebe der Figuren herhalten. Das Politische, das an sich spannende, intrigen-geladene Milieu ist zu oft nur der Hintergrund, um von einem verklärt-idealistischen Mann zu erzählen, der für seine Tochter und seine hehren Werte alles tun würde: unkorrumpierbar, zielstrebig, und nicht zuletzt: sexuell anziehend.
Ebenso diffus: Welche Haltung dieser Film zum Journalismus als vierte Gewalt einnehmen will. Ist er der Auffassung, Journalisten sollen zurückhaltender über persönliche Skandale von Politikern berichten, um die Tragödien zu vermeiden, in die Schultes Arbeit in diesem Film führt? Oder soll Schulte hier als das Ideal des kritischen, unbestechlichen Berichterstatters vorgestellt werden, der ein bisschen betroffen guckt, wenn seine Enthüllungen andere Menschen ins Elend stürzen, aber in sich selbst den richtigen, eisernen Prinzipien folgt?
Nach der wohl überzeugendsten Lesart will «Die vierte Gewalt» über diese Fragestellung gerne hinwegsehen und diesen Film primär als die Geschichte eines idealistischen Mannes verstanden wissen, der das Herz am rechten Fleck und den Dreitagebart für das leicht Verwegene auf Ideallänge gestutzt hat.
Für eine Produktion, die schon in ihrem Titel auf die normative Rolle des Journalismus anspielt, ist das freilich ziemlich dünn.
Das Erste zeigt «Die vierte Gewalt» am Mittwoch, den 30. November um 20.15 Uhr.
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