
Insofern endete diese große Ära der Samstagabendshow eben an jenem Stichtag, am 3. Dezember 2011. Er hielt eine Abschiedsrede, die keine war: „Wenn ich jetzt einfach aus dem Scheinwerferlicht verschwinden würde, muss ich ehrlich sagen, hätte ich ein Problem. Und Sie hoffentlich auch, deswegen komme ich bald wieder“, sagte Gottschalk an diesem Abend. 15 Millionen Menschen sahen zu. Und viele von ihnen spürten instinktiv, dass dieser Abend gleichzeitig das Ende dieser Art von TV-Unterhaltung war. Sie sollten recht behalten. Shows am Samstagabend gibt es zwar immer noch, aber zielgruppengerecht aufbereitet. Das Lagerfeuer-Fernsehen für die ganze Familie verabschiedete sich.

«Gottschalk Live» war ein hausgemachtes, teures Desaster und wurde nach einem halben Jahr eingestellt. In seiner Autobiografie „Herbstblond“ gesteht der Kulmbacher dieses Experiment als Fehler ein. «Gottschalk Live» war letztlich etwas anderes als das, was er sich vorgestellt hatte: „Ich hatte den Verantwortlichen ein bestimmtes Format angekündigt, aber es war mein Fehler, sehenden Auges in eine andere Richtung gelaufen zu sein.“ Vom gefeierten 15-Millionen-Zuschauer-Star wurde Gottschalk innerhalb kürzester Zeit zur Lachnummer, die Negativschlagzeilen produziert.

Ein noch größeres Problem für ihn: Gottschalk war plötzlich nicht mehr das Alphatier: Unter Dieter Bohlen spielte er nur noch die zweite Geige, anders als in jeder anderen Sendung zuvor. Man merkte ihm das Unwohlsein an, man sah einen anderen Thomas Gottschalk als den altbekannten. In seiner Autobiografie schrieb er später über das «Supertalent» und die Zusammenarbeit mit Bohlen: „Dieter fehlt jedes Gefühl für Teamwork. Es ging nicht darum, dem Wahren und Schönen zum Sieg zu verhelfen, sondern das Ganze marschierte eher in Richtung Circus Maximus, wo Kaiser Dieter auf Zuruf des Plebs und je nach Laune den Daumen hob oder senkte.“

2017 kehrt Gottschalk zurück ins Radio, diesmal regelmäßig. In seiner alten Radioheimat moderiert er dann monatlich am Sonntagabend. Sein zweites großes Projekt führt ihn zu Sat.1, wo er in den 90er Jahren schon mit den Shows «Gottschalks Hausparty» und «Gottschalk kommt» Erfolge feierte. In Sat.1 präsentiert er «Little Big Shots», ein erfolgreiches Konzept aus den USA. Hier dürfen sich Wunderkinder auf der Bühne zeigen, ob als großartige Sänger, Tänzer, Mathematiker oder andersartige Talente. Es ist eine Art Castingshow – nur ohne Casting. In den USA speist sich der Erfolg aus den Performances der Kids, aber auch aus den lustigen Gesprächen mit dem Moderator. Diese Rolle soll auch Gottschalk einnehmen – die Kinderwetten in «Wetten, dass..?» jedenfalls sorgten immer für viel Unterhaltung.
Gottschalk, studierter Germanist, würde seine Karriere nach «Wetten, dass..?» vielleicht mit dem Titel eines Romans von Theodor Fontane zusammenfassen: „Irrungen, Wirrungen“. Im Roman können zwei Verliebte nicht heiraten, weil ihre unterschiedlichen Stände es nicht erlauben – sie entscheiden sich jeweils für „standesgemäße“ Partner. Gottschalks Irrungen bei der ARD und bei RTL zeigen ebenfalls, wie wenig man zusammenpasste – und wie wenig „standesgemäß“ das formalisierte Unterhaltungsfernsehen für ihn ist.
Ob «Little Big Shots» die Ausnahme darstellen wird, bleibt zu bezweifeln. Zumindest im Radio aber kehrt Gottschalk dorthin zurück, wo er hingehört. Und wer weiß: Vielleicht finden Gottschalk und das ZDF auch noch einmal zusammen – für ganz besondere Samstagabende.
Es gibt 2 Kommentare zum Artikel
04.12.2016 13:07 Uhr 1
Im übrigen hat mir damals seine kleine Vorabendshow im ERSTEN ganz gut gefallen!
05.12.2016 16:53 Uhr 2