Die Kritiker

Winnetou, spiel mir für ein Halleluja das Lied vom «Lone Ranger», den sie Pferd nannten

von   |  3 Kommentare

Nichts für Ungeduldige und Änderungen verurteilende Nostalgiker: RTLs «Winnetou»-Dreiteiler ist ein ausführlicher Ritt durchs Westerngenre, der respektvoll, nicht aber vorsichtig mit den 60er-Jahre-Filmen umgeht.

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Zahlen und Fakten

  • 160 handgefertigte Ureinwohnerkostüme
  • 32 Mexikanerkostüme
  • 24 Outfits für die Rattler-Crew
  • Es wurden 40 Kilogramm Federn verarbeitet,
  • Am Set waren 60 Gewehre und Pistolen, die 3.000 Schuss Munition verschossen, sowie 60 Speere
  • Es kamen 50 Pferde und 10 Hunde vor der Kamera zum Einsatz.
Über die drei Filme hinweg variiert die Ausprägung, wie dramatisch oder spaßig die Geschehnisse ablaufen – und auch die Inspirationsquellen abseits Karl Mays variieren. Der Auftakt «Eine neue Welt» mutet wie ein freies «Lone Ranger»-Remake an, das um die Handschrift des Regisseurs Gore Verbinski erleichtert wurde. Ohne Verbinskis extravaganten Pomp, seine irren Eskapaden und seine schräge Meta-Analyse des Westernkinos bleibt noch immer eine formidabel ausgestattete Erzählung über den Konflikt zwischen den Weißen und den Ureinwohnern, die zerstörerische Kraft des durch den Eisenbahnbau vorangetriebenen Kapitalismus und eine schleichend aufkeimende, ungleiche Freundschaft. Und sogar die für den einsamen Ranger unerlässliche Wilhelm-Tell-Ouvertüre weiß «Winnetou» zu verwenden.

Und wie schon «Lone Ranger» vereinnahmt auch der erste RTL-«Winnetou» neben seinem Grundkern als dramatisch-vergnügliches Familienepos vor Westernkulisse zuweilen Einflüsse aus anderen Western-Subgenres: Jürgen Vogel könnte als Tabak kauender, rüder Egomane einem Italo-Western entsprungen sein, Rainer Bock als doppelzüngiger Unternehmer hingegen einem historienkritischen Spätwestern.

Teil zwei ist nach diesem im Mittelteil etwas zähen, insgesamt aber beeindruckenden Auftakt nicht nur aufgrund der kürzeren Laufzeit eine filmische Verschnaufpause: Mit irren Karikaturen als Schurken (unter anderem: Fahri Yardim als kecker Mexikaner), Matthias Matschke als amüsanter Anthropologe und allerlei gut gelaunten Culture-Clash-Passagen zwischen Old Shatterhand, Winnetou und Nscho-tschi sowie einer deutlich bunteren Bildsprache ist «Das Geheimnis vom Silbersee» der Abenteuer- und Gute-Laune-Western dieser Trilogie – einigen visuellen «Spiel mir das Lied vom Tod»-Anleihen zum Trotz würden sich hier Bud Spencer und Terence Hill pudelwohl fühlen.

Der Abschluss zur Reihe ist, wie der Titel «Der letzte Kampf» suggeriert, der Film mit dem offensichtlichsten Konflikt: Santer, der nichtsnutzige Sohn eines Öltycoons (Mario Adorf in einer Gastrolle), versucht ein Shatterhand gehörendes Stück Land an sich zu reißen, um nach dem dort befindlichen Öl zu bohren. Dafür schreckt der cartoonhafte Dandy (Michael Maertens in einer schnöselig-fiesen Rolle, die genauso gut der böse Zwilling seiner «Bibi & Tina»-Figur sein könnte) vor nichts zurück. Letztlich mündet alles in eine große Schlacht, in der die Apachen keine realistische Chance haben, was sie jedoch nicht abschreckt.

Als ruhig beginnendes, stetig eskalierendes Western-Actionabenteuer mit einer Überhand nehmenden Prise Karl-May-Pathos ist «Der letzte Kampf» zugleich der hollywoodhafteste und am stärksten auf die Rialto-Werke zurückgreifende Film der RTL-Reihe – eine etwas unausgewogene, aber passioniert umgesetzte Mischung. Vor allem hier macht es sich bezahlt, die Bedeutung von Nscho-tschi gegenüber den alten Filmen auszubauen – die Mexikanerin Iazua Larios trifft genau den richtigen Tonfall in dieser dramatisch-optimistischen Schlussphase des Dreiteilers.

Fazit: Der «Winnetou»-Dreiteiler ist mitunter etwas überbordend erzählt, aber visuell weit über dem Durchschnittsniveau deutscher TV-Produktionen und wandelt die beliebten Karl-May-Helden zeitgemäß ab. Dabei kommt spannende Western-Abenteuerunterhaltung mit dramatischen Passagen heraus, die sich zurecht als Weihnachts-TV-Event positioniert.

«Winnetou» ist am 25., 27. und 29. Dezember 2016 ab 20.15 Uhr bei RTL zu sehen.

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Es gibt 3 Kommentare zum Artikel
Cheops
23.12.2016 15:46 Uhr 1
Na ich weiß ja nicht.

Die ursprünglichen Winnetou Filme mit den charismatischen Schauspielern Lex Barker und Pierre Brice wurden fürs Kino gemacht und da erfolgreich, lange bevor sie ins Fernsehen kamen. Das war ein ganz anderes Kaliber als die drei neuen Fernsehfilme von RTL, die ganz verkrampft an alten Erfolgen anknüpfen wollen.

Das ist in etwa so als wolle man Star Wars Filme mit der 8 mm Kamera drehen!
Burpie
26.12.2016 18:15 Uhr 2
Ich finde die vielen bunten fb-Kommentare witzig, wobei wohl gerade die Älteren meckern. Naja, wenn man mit diesem "Gute indianische Einfaltspinsel werden von bösen Weißen massakriert, aber es gibt auch gute Weiße"-Kitsch aufgewachsen ist, dann könnte einem die neuere Verfilmung aufgestoßen sein. Man hat sich Mühe gegeben, einerseits Motive der Bücher und gleichzeitig historische Bezüge einfließen zu lassen. War aufwändig und unterhaltsam und hätte weitaus schlimmer ausfallen können...
Sergej
01.01.2017 23:04 Uhr 3
Ja fand die Filme auch nicht schlecht, kenne die alten Filme nicht, warum sollte man aber auch alles genauso erzählen wollen, man will doch nicht zweimal genau das selbe sehen. Also schlimm waren die Darsteller jetzt nicht, kannte die zwar nicht, aber die von den alten Filmen sagen mir auch nichts. Die waren doch größtenteils nur für diese Reihe bekannt.
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