Rückblick auf vergangene Bestenlisten
«Bibi & Tina – Mädchen gegen Jungs» (Diverse)
Der dritte Teil von Detlev Bucks Realverfilmung der «Bibi & Tina»-Geschichten ist nicht nur der bislang temporeichste und kreativste, er ist auch der mit der höchsten musikalischen Trefferquote: Ob harmonisch-betrübliche Teenager-Pop-Ballade, durchgeknallter Magic-Mushroom-Musiktrip, ein von Charly Hübner staubtrocken vermitteltes, abgedrehtes Mantra oder der entgegen des Namens keineswegs regressive Titelsong mit Phil Laude: «Bibi & Tina – Mädchen gegen Jungs» bietet seiner Kernzielgruppe munter-flotte Laune und bespaßt das ältere Publikum mit seinem irren Einfallsreichtum und schräg-ironischen Zwischentönen.
«The Hateful Eight» (Ennio Morricone)
Über 500 Filmmusiken musste er in seiner jahrzehntelangen Karriere komponieren, bis es ihm endlich gelang: Die lebende Legende Ennio Morricone erhielt für Quentin Tarantinos im Superbreitbildverfahren gedrehtes Rache-Schneewestern-Kammerspiel «The Hateful Eight» endlich einen regulären Academy Award – neun Jahre, nachdem er bereits für sein Lebenswerk mit einem Oscar gewürdigt wurde. Der unheilverkündende Score mag zwar nicht Morricones abwechslungsreichste Arbeit sein, gehört allerdings zu seinen effektivsten: Das wiederkehrende, stets dezent abgewandelte Hauptthema setzt auf eine schleichend bildende Spannung, düstere Streicherklänge und markant eingesetzte Trompeten – und dass sich ungenutzte Stücke aus «Das Ding aus einer anderen Welt» sowie ein bekanntes Stück aus «Exorzist II – Der Ketzer» nahtlos in die neuen Nummern fügen, sollte Bände für die frostig-teuflische Klangfarbe dieses Films sprechen.
«Midnight Special» (David Wingo)
Rund vier Monate, bevor die Netflix-Serie «Stranger Things» mit ihrer Mischung aus 80er-Nostalgie, Retro-Spielberg-Vibes und düsteren John-Carpenter-Einflüssen zum globalen Phänomen aufstieg, bot bereits «Take Shelter»-Regisseur Jeff Nichols diese Mischung feil – nur auf eine weniger knallige Weise: «Midnight Special» ist keine festliche 80er-Hommage, sondern ein bewusst verbissener Rücksturz zum Stil jener 80er-Familienfilme, die nur in der Nische funktionierten. Auf unterkühlte Disney-Flops, als das Studio Anfang der 80er seine Identität suchte und auf Mid-Budget-Projekte, die von Spielberg und Carpenter beeinflusst wurden. Die eiskalte, extrem stylische, dennoch melodische Synthesizer-Musik von David Wingo verstärkt dieses Feeling: Der Score zu «Midnight Special» will keine 80er-Party schmeißen, sondern unter die Haut gehen und seine Hörerschaft vom Geist der 80er besessen machen.
«Batman v Superman: Dawn of Justice» (Hans Zimmer und Junkie XL)
Das Aufeinanderprallen der DC-Comicgrößen Batman und Superman mag zwar der unausgegorene unter den zwei Superheldenkonflikten 2016 gewesen sein. Doch dank der intensiven, überhöhten Klangkulisse von Hans Zimmer und Junkie XL ist «Batman v Superman: Dawn of Justice» aus musikalischer Sicht wesentlich denkwürdiger als Marvels «The First Avenger: Civil War». Auch deshalb, weil alle handlungsrelevanten Figuren markante Themen verpasst bekommen – vor allem stechen Wonder Womans von Kriegstrommeln und einem fetzigen E-Gitarren-Riff geprägtes Motiv, das manische Lex-Luthor-Thema und die tragend-niederschmetternden Reprisen der «Man of Steel»-Superman-Klänge hervor. Subtilität klingt anders, aber dieser akustische Angriff passt perfekt zum Film – und im Gegensatz zu dem hat der Score keine dramaturgischen Schwächen und ungelenke Dialoge, die den Genuss mildern.
«Eddie the Eagle – Alles ist möglich» (Matthew Margeson)
Auch wenn politisch ein ganz anderes Jahrzehnt grüßen lässt: Popkulturell dominierte 2016 (erneut) die 80er-Nostalgie – was sich auch an dieser Hitliste ablesen lässt. Nach der mitunter bedrohlichen «Midnight Special»-Musik ist der Score zur Sportler-Biopic-Komödie «Eddie the Eagle» allerdings ein energischer Stimmungsaufheller: Mit sportlich-feschem Synthie-Sound ist Hans-Zimmer-Schüler Matthew Margeson eine Filmmusik gelungen, die genauso gut aus einer unveröffentlichten 80er-Sportkomödie geklaut sein könnte – und die ideal zur ungewöhnlichen Quasi-Erfolgsgeschichte des britischen Skispringers Michael Edwards alias Eddie the Eagle passt.
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