Wir blicken zurück:
Was blieb also übrig von diesem Schmähgedicht, zu dessen Geschichte man an dieser Stelle nicht mehr viele Worte verlieren muss? Es war eine hart geführte Debatte, wie die Republik wochenlang beschäftigte. Bei den meisten basierte sie leider auf einem mangelnden Verständnis des Witzes an sich – inklusive der Bundesregierung samt Bundeskanzlerin Angela Merkel. Schnell wandte sie sich an den türkischen Ministerpräsidenten und entschuldigte sich vorauseilend für Böhmermanns Schmähgedicht – „bewusst verletzend“ sei das Werk – und bewies damit, in welcher Zwickmühle sie schon nach einem recht harmlosen Beitrag von «extra 3» und der Einbestellung des deutschen Botschafters in der Türkei steckte: Meinungsfreiheit vs. Flüchtlingsdeal. „Und schon geht denen die Düse im Kanzleramt. Und die sagen: ‘Was passiert, wenn Erdogan [den «extra 3»-Song] nicht gut findet? Dann wackelt unser Deal.‘ Böhmermann deckt das auf, indem er noch einen draufsetzt. Deswegen ist es auch gute Satire.“ – so treffend analysierte Serdar Somuncu die Situation bei Anne Will am 10. April.
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Zur Verständnis dieser Satire hat das ZDF darüber hinaus nicht unbedingt beigetragen. Mit der Löschung des Beitrags aus der Mediathek gossen die Verantwortlichen Öl ins Feuer – denn der Witz des Schmähgedichts liegt im Kontext und nicht in den Worten selbst. „Die Parodie entspricht nicht den Ansprüchen, die das ZDF an die Qualität von Satiresendungen stellt.“ Ein Satz, der das ZDF noch lange verfolgen wird. Aber nicht nur diese Aussage begleitet uns bis heute – vielmehr wurden die Inhalte des Gedichts zu einem Running Gag. Sei es Böhmermann selbst, der die Anzeige gegen ihn und seine Sendung immer wieder in eigene Projekte einbaut, oder beispielsweise die «heute-show», in der Oliver Welke nur zu gerne auf die vielzitierte Ziege verweist.
So hat das mangelnde Verständnis über eine Satire und die Auslotung der Grenzen der Meinungsfreiheit aber auch zu persönlichen Konsequenzen für Jan Böhmermann geführt. Professionell waren der Gag und seine Konsequenzen eine Meisterleistung, doch privat hörte der Spaß dann auf. Dass am Ende sogar die Polizei vor seiner Türe stand, weil man um seine Sicherheit und die seiner Familie besorgt war – darauf hätte er bestimmt verzichten können. Und so blieb vom Schmähgedicht nicht nur eine immer wieder nötige Diskussion zur Meinungsfreiheit übrig, sondern auch die Erkenntnis, dass in Deutschland nicht jeder Bürger diesem Grundrecht einen so hohen Stellenwert zurechnet.
Majestätsbeleidigung!
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Was bleibt also vom Schmähgedicht, dass die Republik so lange beschäftigte? In erster Linie ist die Nummer ein satirischer Akt – nicht mehr, nicht weniger. Ob man das nun lustig findet, bleibt jedem selbst überlassen. Doch viele blamierten sich mit dem mangelnden Verständnis über diese Satire – allen voran die Bundeskanzlerin, die durch ihre im Nachhinein bereuten Worte mit eine Staatsaffäre auslöste. Es ist gut zu wissen, dass unser Rechtstaat solch lächerlichen Anzeigen einen Riegel vorschiebt und die Meinungs- und Kunstfreiheit schützt. Doch der fade Beigeschmack bleibt: die Bedrohung für Jan Böhmermann und seine Familie und ein durchaus berechtigter Vertrauensverlust für die Bundesregierung. Das Schmähgedicht – auch neun Monate später mehr als nur ein Running Gag.
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