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Die Zugpferde am Samstagabend: Ein neues altes Raab-Projekt - und Joko und Klaas
Einer der beiden zentralen Slots von Stefan Raab war in den vergangenen Jahren stets die Primetime am Samstagabend, wo alleine «Schlag den Raab» und der kleinere «Star»-Ableger im Jahr 2015 neun Abende abdeckten - hinzu kamen mit Stock Car, Turmspringen Wok-WM und Eisfußball vier sportliche «TV total»-Events und der «Bundesvision Song Contest». Das alles alleine schon rein quantitativ zu kompensieren, war ein Mammutakt, der ProSieben in beachtlicher Art und Weise gelang: Die Zahl der mit Show-Formaten bestückten Samstage ging nur sehr moderat von 23 im Jahr 2015 auf 19 (bzw. 20, wenn man großzügig ist und die Zusammenstellung der «Besten TV-Streiche» hinzu nimmt) zurück, die Zahl der unterschiedlichen Formate reduzierte sich von 13 auf neun (bzw. zehn). Bemerkenswert: Die im Zuge des Raabschieds nicht selten geäußerte Erwartungshaltung, dass Joko und Klaas nun signifikant mehr zu tun bekommen dürften, trat keineswegs ein - die beiden bestückten sogar einen Abend weniger als im Vorjahr (fünf statt sechs), was in erster Linie daran lag, dass ihr «Duell um die Welt» lediglich in Form eines Best-Ofs über die Fernsehgeräte flimmerte, wo hingegen 2015 noch drei frische Ausgaben zu sehen waren.
Für den wichtigsten Anker sorgte dagegen mit «Schlag den Star» eine Show, die sichtbar noch den alten Raab-Spirit in sich trug und konzeptionell weniger verändert als viel mehr enger an das große Vorbild angelehnt wurde: Live sollte sie nun laufen, knackige 15 Spiele umfassen und internationale Musikacts einladen. Was fehlte, war neben dem von Elton einigermaßen adäquat ersetzten Steven Gätjen und einem Normalo-Kandidaten insbesondere: Raab - und das war nicht wenig. Mit durchschnittlich 1,73 Millionen Zuschauern und 8,0 Prozent Gesamt- bzw. 14,9 Prozent Zielgruppen-Marktanteil war man ein vergleichsweise kleines Licht gegenüber «Schlag den Raab», das zuvor in seiner fast zehnjährigen Geschichte durchschnittlich mehr als drei Millionen Menschen begeisterte und fast immer oberhalb der 20-Prozent-Marke rangiert hatte. Und doch überraschte es kaum, als ProSieben die Fortsetzung der Sendung für 2017 verkündete - was auch damit zusammenhing, dass es kaum erfolgreichere Alternativen gab.
Quoten der Show-Serientäter 2016 (14-49)
- «B. Show der Welt» (2): 16,4%
- «Schlag den Star» (6): 14,9%
- «Mein b. Feind» (2): 11,7%
- «Teamwork» (2): 11,6%
- «Deutschland tanzt» (3): 7,5%
Durchschnittliche Werte aller ausgestrahlten Folgen. In Klammern: Zahl der 2016 gezeigten Folgen.
«Deutschland tanzt» reichlich verhalten, liebt aber Völkerball
Und dann wären da auch noch vier Neustarts, die weder in guter alter Raab-Tradition standen noch maßgeblich von den Herrschaften Winterscheidt und Heufer-Umlauf verantwortet wurden. Das ambitionierteste Projekt verantwortete unter anderem Elton bei seinem «Auswärtsspiel», das jedoch Ende September lediglich auf Höhe der Sendernorm rangierte und bei dem die angebliche Luxus-Villa der Kandidaten stärker im Fokus stand als das mit viel Mühe und beachtlichem Aufwand auf die Beine gestellte Projekt. Ein noch größerer Reinfall war dann im September das unglücklicherweise auf gleich drei Abende verteilte «Deutschland tanzt», bei dem das in den vergangenen Jahren nur noch leidlich erfolgreiche «BuViSoCo»-Voting-Prinzip auf eine eher spießig-zähe Promi-Tanzerei ausgelagert wurde. Die Quittung des Publikums für dieses weitgehend alberne und viel zu aufgeblähte Spektakel waren desolate 7,1 bis 8,3 Prozent Zielgruppen-Marktanteil bei zum Schluss hin nicht einmal mehr eine Million Zuschauer. Es war der einzige kapitale Flop des Senders auf diesem Sendeplatz.
Und dann gab es auch noch einen Überraschungserfolg, als man Mitte April die «Völkerball-Meisterschaft» austrug und trotz schlechter Kritiken sehr starke 14,9 Prozent bei insgesamt 1,77 Millionen Zuschauern erzielte - kein Wunder also, dass man auch im April 2017 wieder auf das Live-Event setzt. Weitaus ruhiger ist es dagegen um das «ProSieben-Länderspiel» geworden, das im Juni kurz vor dem Start der Fußball-Europameisterschaft lediglich auf mittelprächtige Einschaltquoten gelangte.
Samstagabend-Fazit: Die Show lebt weiter, doch ihr Glanz erblasst
ProSiebens Top-Filme am Samstag 2016 (14-49)
- «DHdR - Die zwei Türme»: 14,0%
- «Stirb langsam 5»: 11,2%
- «Werner - Eiskalt»: 10,8%
- «Spieglein Spieglein»: 10,1%
- «Gran Torino»: 9,5%
Berücksichtigt wurden nur Filme, die um 20:15 Uhr starteten.
Über einen deutlichen Aderlass gegenüber dem Vorjahr kann dies alles jedoch nicht gänzlich hinwegtäuschen: Trotz der leicht höheren Gesamtzahl von 23 statt 20 berücksichtigten Abenden lief es 2015 mit 8,4 Prozent aller und 16,0 Prozent der jüngeren Konsumenten bei im Schnitt 1,93 Millionen Zuschauern noch klar besser für das Unterhaltungsangebot der Unterföhringer - ein Umstand, von dem nicht zuletzt das RTL-«Supertalent» profitierte, das sich in Durchgang zehn über leicht steigende Einschaltquoten freuen durfte. Ein Großteil des Erfolges deckten damals fraglos die Raab-Formate ab, doch auch an den neun Abenden ohne sie erreichte man noch ziemlich respektable 5,8 und 12,9 Prozent bei 1,47 Millionen. Die Programmverantwortlichen werden sich also recken und strecken müssen, um 2017 zumindest den Status Quo zu manifestieren, der von wenigen handfesten Flops ebenso geprägt war wie von wenigen wirklich neuen Hits.
Lesen Sie auf der zweiten Seite, wie ProSieben auf den Wegfall von «TV total» unter der Woche reagierte und Brainpool ohne seine letzte feste Größe gegen den Bedeutungsverlust ankämpft. Außerdem: Wie hat sich der Raabschied auf die Jahres-Gesamtbilanz von ProSieben ausgewirkt?
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