Warum?
Manuel Weis: Was hat die Leute damals so sehr an «Twin Peaks» begeistert?
Darum!
Björn Sülter: «Twin Peaks» war in verschiedenen Bereichen stilprägend. Man erlaubte sich ein bis dato ungewöhnliches Erzähltempo, verschachtelte Handlungsebenen, undurchsichtige Figuren, skurrile Einfälle und wahnwitzige Sequenzen. In einem wilden Mix aus Klischees und Standartzutaten sowie den bekanntermaßen oft verwirrenden Lynch-Beigaben entstand so das groteske Gemälde einer kranken Kleinstadt, dessen Figuren nie ganz fassbar und dessen Handlung weitab von stringent lag. Donuts, Kaffee, Douglas-Tannen, Holztransporter, rote Ampeln und der verdammt gute Kirschkuchen wiederholten sich in Dauerschleife und wurden zu geliebten Running-Gags. Charaktere wie der Zwerg, der Major oder die Log-Lady sind bis heute unerreicht. Lynch traf den Nerv der Menschen, indem er den größtmöglichen Shake-up wählte und aus einem simplen Mordfall und den folgenden Ermittlungen etwas Neues, Unbekanntes strickte.
Warum?
Manuel Weis: Ich muss gestehen: Wenn man sich die damalige Serie heute anschaut, dann fallen geringeres Erzähltempo und ein zumindest zu Beginn überschaubarer Spannungsbogen auf. Gehe ich recht in der Annahme, dass die damalige Serie heute keinen solchen Hype hinterlassen würde?
Darum!
Was bisher geschah...
Hier geht es zum ersten Teil unserer Serien, die man einfach kennen muss.Hier findet ihr den zweiten Teil der Reihe.
Warum?
Manuel Weis: Nicht allen hat übrigens das Ende der Serie gefallen. Wie stehst du dazu?
Darum!
Björn Sülter: Nicht einmal David Lynch hat das Ende gefallen. Das Network wollte ihn ursprünglich sogar dazu bewegen, den Mord an Laura Palmer bereits am Ende der ersten Season aufzulösen. Schließlich konnte man sich zumindest einigen, ihn mitten in der zweiten Staffel zu klären. Wenn es nach Lynch gegangen wäre, hätte man diesen als McGuffin geplanten Mordfall ohnehin nie aufgelöst, sondern ihn weiterhin als reinen Motor der Figurenzeichnungen behalten. Unter diesen produktionsbedingten Problemen und dem schwindenden Einfluss von Lynch und Kollege Frost geriet die zweite Staffel leider deutlich schwächer als die erste, was sich sowohl bei den Meinungen der Fans, als auch durch die Quoten belegen lässt.
Warum?
Manuel Weis: Showtime bereitet gerade eine Neuauflage vor; genaue Details gibt es aber noch nicht. Es sieht aus, als würde die Serie in den wärmeren Monaten 2017 starten. Was darf man sich – neben einem riesigen Cast – erwarten. Warmer Aufguss oder wieder bahnbrechendes Fernsehen?
Darum!
Björn Sülter: An dieser Stelle bin ich definitiv unsicher. Meine Vermutung ist, dass Lynch versuchen wird, den Spirit der ersten Staffel wieder einzufangen und die Fans damit glücklich zu machen. Dieser Weg könnte zumindest bei diesem Klientel zum Erfolg führen. Dass er die Fans der Ur-Serie absichtlich oder vorsätzlich vor den Kopf stößt, ist eher nicht anzunehmen, schon aber, dass er in einem Anfall von überbordener Kreativität meint, den Schlüssel für einen erneuten Top-Erfolg zu besitzen und Dinge verändert, die wunderbar oder gar nicht funktionieren könnten. Lynch eben. Hit and miss. Meine persönliche Befürchtung ist eher ein lauwarmer Aufguss, der kurz fasziniert, dann aber schnell in der Versenkung verschwinden wird. Leider.
Fazit: «Twin Peaks» ist für viele Fans die ultimative Mutter aller Serien. Und wirklich: Lässt man sich auf den kauzigen Charme der Figuren ein und akzeptiert die wirre und oftmals weit über die Grenzen des Erklärbaren greifende Gedankenwelt des David Lynch, erlebt man eine erzählerische Offenbarung, die in Sachen Atmosphäre, Stil, Humor und Verschrobenheit ihre größten Argumente besitzt. Die Serie stand Pate für eine ganze Generation kreativer Fernsehmacher und ist einer der frühsten Eckpfeiler hochwertiger TV-Serien.
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