Dass eine Serie wie «American Crime Story» es dieser Tage überhaupt ins Programm eines Seriensenders mit mittlerweile qualitativ herausragenden Eigenproduktionen wie im Falle von FX schafft, verwundert keinesfalls. Das Format verbindet nämlich zwei Serienkomponenten, die im dieser Tage hochdiversifizierten US-Seriengeschäft überaus ‚en vogue‘ sind. Zum einen findet sich in «American Crime Story» eine weitere Anthology-Serie. Mit «American Horror Story» machte FX seit 2011 schon großartige Erfahrungen, wobei man sich mit den Schöpfern der Horrorserie zwei Anthology-Experten für die fiktionale Aufarbeitung wahrer Kriminalfälle ins Boot holte. Mit «Fargo» verfügt FX über eine weitere Golden Globe-prämierte Anthologyserie, anderorts sorgten Serien wie etwa «True Detective» für einen Hype um Formate mit wechselnden Narrativen.
True Crime: Nichts wühlt so auf wie wahre Geschichten
Ein weiterer Trend unter US-Serien liegt im Aufschwung des True Crime-Genres. Dass sich Kriminalgeschichten überaus gut verkaufen, wissen US-Sender schon lange, nicht umsonst brachten Formate wie «CSI» oder «Navy CIS» im neuen Jahrtausend etliche Staffeln und viele Ableger hervor. Noch spannender, furchterregender, einfach einnehmender wirken jedoch echte Geschichten auf die Zuschauer. Deshalb werden auch derart viele Film- und Serienproduktionen nicht müde, in ihren Produktionen darauf hinzuweisen, dass man es mit Darstellungen „basierend auf wahren Begebenheiten“ zu tun habe, auch wenn das Attribut „wahr“ häufig sehr großzügig ausgelegt wird. Erst im Dezember 2015 führte Netflix‘ «Making a Murderer» den etablierten US-Sendern vor Augen, welchen Hype True Crime auslösen kann. Wochen bis Monate lang war die zehnteilige Doku-Serie um den hochkontroversen Fall Steven Avery Gesprächsthema Nummer eins unter Serienfans und erhitzte die Gemüter.
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„The People v. O.J. Simpson“, oder: Das beste Rezept für einen True Crime-Hit
Dabei zeigt „The People v. O.J. Simpson“, welche Faktoren wahrer Fälle sich im Bereich des True Crime bestens für eine Verwertung eignen. Schon die Regeln der klassischen Tragödie geben die Leitlinie für hochdramatische Stoffe vor: Der Fall des Helden steht als zentraler Punkt in einer aufwühlenden Geschichte. Als Held, vielleicht sogar als Nationalheld sahen, viele Amerikaner Orenthal James „O.J.“ Simpson, ehemaliger Football-Running Back, später Schauspieler – heute: verurteilter Schwerverbrecher, allerdings nicht für den Mord des 12. Juni 1994, in dem seine Ex-Frau Nicole Brown Simpson und ihr Freund Ron Goldman brutal erstochen wurden. Angeklagt wurde Simspson dennoch. Was folgte, war der wohl am öffentlichsten ausgetragene Gerichtsprozess aller Zeiten, jedoch auch einer der kontroversesten.
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Ein Prozess spaltet die USA
Es ist nachvollziehbar, dass die Fans des Football-Spielers und die Fans des Schauspielers O.J. Simpson die Schuld ihres Idols nicht wahrhaben wollten – so vollzog sich eine erste Teilung in der öffentlichen Meinung zum Fall. Viel schwerer wog jedoch die nachhaltige Wirkung, die der Fall auf das Verhältnis weißer und afroamerikanischer Teile der Bevölkerung hatte. Bereits während des Prozesses wurde dem zuständigen Detective Mark Fuhrman vorgeworfen, den Angeklagten mehrere Male mit dem „N-Wort“ beleidigt zu haben, eine mögliche absichtliche Manipulation der Beweise wurde dem Polizeibeamten später vorgeworfen. Fuhrman zog sich daraufhin aus dem Prozess zurück, es stieg jedoch die Furcht vor öffentlichen, möglicherweise gewalttätigen Unruhen zwischen weißen und afroamerikanischen Einwohnern, ähnlich wie zuvor in 1992, nachdem vier Polizisten einen schwarzen Motorradfahrer zusammenschlugen.
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Gleichzeitig stellt sich die Frage, wie die FX-Serie die erste Staffel mit seinen weiteren Fällen noch toppen kann. Für Staffel zwei wurde bereits angekündigt, dass sich «American Crime Story» mit den Folgen von Hurrikan Katrina beschäftigen will. Zweifellos ein weiteres Ereignis, dass die US-amerikanische Gesellschaft in ihren Grundfesten erschütterte. Staffel drei, die ebenfalls bereits produziert wird, wird sich mit dem Mord an Designer-Legende Gianni Versace auseinandersetzen. Bis zur Veröffentlichung bleibt unklar, ob die beiden kommenden Staffeln eine ähnliche Wirkung entfalten können, zumindest setzen die Showrunner Scott Alexander und Larry Karaszewski nicht nur auf ihre eigenen Talente im Storytelling. Wie bereits im Zuge des O.J. Simpson-Falls stützen sich die Produzenten auf erfolgreiche Buchvorlagen.
Sky Atlantic HD zeigt je eine Episode von «American Crime Story: The People v. O.J. Simpson» ab dem 6. Januar – immer freitags ab 21 Uhr.
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