360 Grad

Liebe Fernsehpreise: Weniger Konsens wagen!

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Meryl Streep hat mit einem dezidierten politischen Statement eine amerikanische Preisverleihung aufgemischt - wie viele vor ihr. In Deutschland wäre etwas Ähnliches undenkbar. Leider.

Nicht erst seit Meryl Streeps Dankesrede bei den Golden Globes am vergangenen Sonntag sind amerikanische Preisverleihungen gerne politisch. Man erinnere sich an Jared Leto, der vor einigen Jahren bei der Oscar-Verleihung auf die desaströsen diktatorischen Zustände in Venezuela zu sprechen kam, an Michael Moores etwas pathetisches „Shame on you, Mr. Bush“, an Sacheen Littlefeather, die 1973 im Auftrag Marlon Brandos seine Trophäe ausschlug und auf die Diskriminierung von Mitgliedern der indigenen Völker Amerikas in den Massenmedien aufmerksam machte.

Solche feurigen, immer überzeugten Exkurse verleihen diesen ansonsten oft sehr mit sich selbst beschäftigten Awards-Shows freilich eine gewisse Relevanz jenseits der brancheninternen Nabelschau und künstlerischen Käseglocke. Und sie verdeutlichen, dass der Ort Hollywood, an dem Kunst und Popkultur in einer Dichte entsteht wie nirgendwo sonst, ein hochpolitischer ist, und seine Überzeugungen mit Rückgrat, Haltung und Entschlossenheit vertritt. Erst recht in den Zeiten von Donald Trump.

In Deutschland tut man sich schwer, eine vergleichbare Veranstaltung zu finden: Dem Grimme-Preis fehlt es an Breitenwirkung, der Deutsche Fernsehpreis hat sich durch desaströse (besonders inhaltliche) Fehlentscheidungen selbst zerschossen und jeder Relevanz beraubt, und führt nun eine Randexistenz als nettes Branchen-Get-Together. Mit dem Deutschen Filmpreis gibt es zumindest einen Award, der durch solide Auszeichnungen und einen gelungenen Widerhall bei einem breiten Publikum auffällt.

Doch ob Grimme, Fernsehpreis oder Lola – all diese Veranstaltungen eint die unbedingte Ablehnung jedweder Kontroverse, sofern sie nicht als selbstironischer Weiterdreh gedacht ist. Eine feurige Rede gegen Frauke Petry, ein dezidiertes, mitreißendes Statement gegen Pegida oder für ein offenes, geeintes Europa: schwer vorstellbar. Es geht doch um Kunst und Unterhaltung, da muss man doch nicht Zwietracht säen, oder sein apolitisches Forum auf etwas verwenden, was Teile des Publikums verschrecken könnte. Selbst einer der trantütigeren Moderatoren wäre in Windeseile auf der Bühne und würde entschärfen, abschwächen, zurechtrücken, den Konsens wiederherstellen. Dabei wäre es ohne so viel interessanter und spannender.

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