Facts zu «Planet Earth II»
- Genre: Natur-Doku
- Produktion: BBC Natural History Unit, BBC Studios, BBC America, ZDF, Tencent, France Télévisions
- Weltpremiere: 6. November 2016 (BBC)
- Höchste Zuschauerzahl einer Natur-Doku im 21. Jahrhundert: 12,26 Mio. (40,9 % Marktanteil im Vereinigten Königreich)
- Drehtage: 2.089
- Reisen: 117 durch 40 Länder
«Planet Earth» – passender hätte der Titel für die vielleicht renommierteste Dokumentation unserer Zeit im Jahre 2006 also nicht sein können, die die Schönheit von Natur-Dokus aufs Eindrücklichste abbildete. Die BBC-Produktion markierte zum Zeitpunkt der Veröffentlichung die teuerste Natur-Dokumentation aller Zeiten, obendrein die erste, die jemals in High Definition gedreht wurde. Elf Episoden, jeweils über ein anderes außergewöhnliches Biotop oder Habitat, über fünf Jahre zusammengetragen - und letztlich ausgezeichnet mit elf Preisen, darunter vier Primetime-Emmys und einem BAFTA-Award. Kein Wunder, dass die BBC, ohnehin erste Adresse im Bereich der Natur-Dokus, knapp ein Jahrzehnt und einen Spielfilmableger zur Serie später, mit «Planet Earth II» eine Fortsetzung verantwortete.
«Planet Earth II» - Altes Genre, neue Maßstäbe
Auch «Planet Earth II» trat an, um neue Maßstäbe im Bereich der Natur-Dokus zu setzen, was zum Teil ein Paradoxon ist. Inhaltlich kann es schließlich nicht um Themen gehen, die nicht schon seit Jahrhunderten oder gar Jahrtausenden in unserer Welt zu beobachten sind. Das Ergebnis, das im Rahmen von «Terra X» derzeit am Sonntagvorabend unter dem deutschen Titel „Eine Erde, viele Welten“ zu begutachten ist, fängt dennoch wie keine andere Produktion die paradiesische Schönheit, aber auch die Rohheit unserer Welt ein. Optisch musste die Serie natürlich wieder eins draufsetzen: Statt HD bemüht man nun 4K, um Faultieren beim Schwimmen oder Affen bei Streifzügen durch Großstädte zuzusehen. Drei Jahre Produktion, 2.089 Drehtage, 117 Reisen durch 40 Länder mit Drohnen, Kamerafallen und Hochgeschwindigkeitskameras stehen für unvergleichlichen Aufwand, den das britische Publikum vor dem Jahreswechsel mit der höchsten Zuschauerzahl einer Natur-Doku im 21. Jahrhundert belohnte, als knapp 12 Millionen Personen einschalteten.
Ob auf phoenix, dem Discovery Channel oder Netflix – Natur-Dokus gibt es zuhauf, schließlich ist das Genre der Dauerbrenner schlechthin im Fernsehen und nicht kleinzukriegen. Die BBC will jedoch auf keinen Fall das Risiko eingehen, dass sich die Fernsehenden an herkömmliche Genrevertreter erinnert fühlen und inszeniert die Natur als Spektakel, untermalt von epochalen musikalischen Arrangements Hans Zimmers. «Planet Earth II» soll in jeder Hinsicht einzigartig sein, so wie auch der titelgebende Planet, der vielleicht als Ausnahme einer unvorstellbar weiten Galaxie steht. Als wunderschöner Zufall.
Eine wichtige Stellung in dieser Komposition von produktionstechnischen Superlativen nimmt erneut Sir David Attenborough ein, so etwas wie das Enfant Terrible der Natur-Dokus. An 192 Produktionen hat der Sprecher und Naturforscher seit 1955 mitgewirkt, meist an Dokumentationen, die der ehemalige BBC-Programmdirektor den Zuschauern mit seinem unverwechselbaren Stimmorgan kommentierte.
Dramatischer als Hollywood es sein könnte
Er unterstreicht die narrativ präzise ausgearbeitete Struktur in sich abgeschlossener Vignetten-artiger Auszüge, die auch als Kurzfilme allein eindrucksvoll wirken würden und ihre Entsprechung in zahlreichen fiktionalen Filmen finden, die allerdings von «Planet Earth II» in Sachen Dramatik locker ausgestochen würden. Ob ein gerade geschlüpftes Echsen-Junges im Überlebenskampf gegen lauernde Schlangen oder der bis auf das letzte Detail durchchoreografierte Angriff ausgehungerter Löwen auf eine Giraffe: Triumph und Katastrophe, das Hochgefühl der geglückten Flucht, Underdogs gegen eine verschwindend geringe Chance auf Erfolg – alles Eckpfeiler einnehmender Erzählungen.
Das sind die Qualitäten, in die sich schon Zuschauer der Serie aus dem Jahr 2006 verliebten. Dieser Tage gibt die BBC ihren Zuschauern im Rahmen der Fortsetzung aber eine ganz andere Nachricht mit auf den Weg. Der Sechsteiler endet unter einer wehmütigen Note, die nicht Hans Zimmer und sein Orchester anstimmen, sondern Attenborough selbst, der zur Kamera tritt. „Tut alles in eurer Macht stehende, um einen Planeten zu schaffen, der nicht nur uns ein Zuhause bietet, sondern allem Leben auf der Erde“, bittet Attenborough inständig und spielt damit auf die Gefahr des Klimawandels an, der viele der dargestellten Habitate ernsthaft bedroht.
Fernsehzuschauer, die etwas Interesse an Dokumentationen mitbringen, werden bereits eine Vielzahl an Natur-Dokus gesehen haben. Während sich einige der Produktionen aufgrund ihrer beruhigenden Atmosphäre auch bestens für einen entspannten Sonntagnachmittag zum Abschalten eignen, bringt «Planet Earth II» nun also auch eine Dringlichkeit mit. Schließlich wird dem Zuschauer klar, warum die Doku die gesamte Klaviatur der Emotionen bespielt – von unwiderstehlicher Ästhetik der Umwelt, zu spannenden und beängstigenden Jagdszenen, zu fast schon überniedlichen Tierchen. «Planet Earth II» hat eine Mission: alles Dargestellte könnte bald schon vorbei sein, wenn die Menschheit so weitermacht wie bisher. Das Genre, das sich nach langer, langer Zeit ungebrochen großem Interesse erfreut, könnte bald ein Ende finden, weil ihm die Schauplätze genommen werden. Noch schreibt die Natur der Erde die schönsten Drehbücher, vielleicht werden auch deren Inhalte aber schon bald zur Fiktion.
Seit dem 1. Januar 2017 zeigt das ZDF im Rahmen von «Terra X: Eine Erde, viele Welten» «Planet Eath II» - jeweils sonntags, ab 19.30 Uhr.
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