Die Handlung
Filmfacts: «Everest»
- Regie: Baltasar Kormákur
- Drehbuch: William Nicholson, Simon Beaufoy
- Darsteller: Jason Clarke, Jake Gyllenhaal, Emily Watson, Sam Worthington, Keira Knightley, Josh Brolin, Robin Wright
- Produktionsjahr: 2015
- Laufzeit: 121 Minuten
- FSK: 12
Winter-Wunderland oder frostige Höllenlandschaft?
Der im Himalaya gelegene Mount Everest ist mit seinen 8848 Metern der höchste Berg der Welt. Entsprechend viele Mythen ranken sich um den Gipfel, der jährlich von mehreren Tausend Menschen zwecks Besteigung besucht wird. Das war nicht immer so. Erst seit sich Mitte der Neunziger mit geführten Mount-Everest-Expeditionen ein ganz neuer Tourismuszweig für die Einheimischen eröffnete, begannen regelrechte Pilgerfahrten zum Fuße des Berges. Ob Profi oder Amateur: Mit dem nötigen Kleingeld kann sich heute so ziemlich jeder sein ganz eigenes Heldenabenteuer erkaufen. Durchaus zu Lasten von Leib und Leben.
Obwohl es unter Bergsteigern schwerere Routen zu meistern gibt, als jene zum Everest-Gipfel, brachte die schiere Masse an Bergtouristen bislang über 200 Opfer hervor, die durch ihre Abenteuerlust ihr Leben ließen. Von einer solch tragisch endenden Mission handelt auch Baltasar Kormikùrs Katastrophendrama «Everest». Dabei geht es dem Regisseur von Actionkrachern wie «Contraband» und «2 Guns» nicht unbedingt darum, Kritik am Bergsteiger-Tourismus im Himalaya zu üben. Stattdessen geht es dem isländischen Filmemacher um den Kampf zwischen Mensch und Natur.
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Die glorreichen 6 Aspekte von «Everest»
Der Cast, den Kormikúr für sein Projekt gewinnen konnte, kann sich wahrlich sehen lassen. Während sich Jake Gyllenhaal («Southpaw») und Jason Clarke («Terminator: Genisys») die Hauptrollen teilen, finden sich in den Nebenrollen Namen wie Robin Wright («A Most Wanted Man»), Keira Knightley («The Imitation Game») und Josh Brolin («Inherent Vice – Natürliche Mängel»). Aus ihren Figuren Ecken und Kanten herauszuholen, vermag leider keiner von ihnen. Das Skript von William Nicholson («Unbroken») und Simon Beaufoy («Lachsfischen im Jemen») legt wenig Wert auf eine ausgearbeitete Charakterprofilierung. Sämtliche Protagonisten unterwerfen sich einer gewissen Schablonenhaftigkeit. Gyllenhaal gibt den Draufgänger, Wright die besorgte Ehefrau, Knightley die noch besorgtere Freundin und Brolin den uneinsichtigen Abenteurer. Einzig Jason Clarke fällt die Aufgabe zu, als hauptsächliche Identifikationsfigur mehr als nur einen Charakterzug von sich zu zeigen. Doch trotz einer derart oberflächlichen Figurenskizzierung funktioniert «Everest» über weite Strecken auch auf der emotionalen Ebene. Eine detaillierte, emotionale Involvierung ins Geschehen geht dem Zuschauer zwar aufgrund der mangelhaften Erklärung darüber ab, welche Beweggründe die einzelnen Menschen haben, überhaupt auf den Berg zu steigen. Aber die Inszenierung des Mount Everest als schier unbezwingbarer Gegner, an dem noch jeder Abenteurer zu seinem Meister gefunden hat, gleicht diesen Schwachpunkt auf inszenatorischer Ebene weitestgehend aus.
«Everest» hält das Interesse des Zuschauers konstant auf einem hohen Level. Dies liegt vor allem an zwei Dingen: Auf der einen Seite beweist der Regisseur ein Händchen für visuelle Ästhetik. Seine Mischung aus den perfekt ausgeleuchteten Studioaufnahmen und den Szenen am Originalschauplatz sorgen für eine immense Authentizität, die «Everest» an den Tag legt. Darüber hinaus geht die Arbeit von Kameramann Salvatore Totino («Illuminati») Hand in Hand mit dem genauen Auge des Cutters Mick Audsley («The Zero Theorem»). Beide sorgen dafür, Kormakúrs Arbeit von einem ausgewogenen Verhältnis aus Nahaufnahmen und Landschaftsschwelgereien geformt wird. So ist der marginal eingesetzte Greenscreen nur in den seltensten Fällen als ein solcher zu erahnen und «Everest» legt immer wieder den rauen Charme einer Dokumentation an den Tag.
Der zweite Grund, weshalb der Katastrophenfilm trotz Drehbuchschwächen nie langweilig gerät, ist ein gewisser Mut zur Drastik. In «Everest» wird der Zuschauer zwar nie zum Voyeur, mit dem Traum von verkappter Bergsteigerromantik will sich Kormakúr hingegen nie befassen. In den Tiefen mangelt es dem Film zwar an Nachdruck in Bezug auf die eingangs erwähnte Tourismuskritik, doch wenn es in Richtung Finale geht, hält sich der Regisseur stur an die Fakten der wahren Ereignisse. Dies geht zu Lasten von gängigem Hollywood-Wohlfühlkino. Sukzessive zu Identifikationsfiguren aufgebaute Charaktere sind bis zuletzt nicht vor einem eisigen Tod gefeit. Das ist mutig, auch wenn selbstredend von Beginn an klar ist, dass einige der liebgewonnenen Figuren ins Gras – pardon: in den Schnee – beißen müssen.
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«Everest» ist auf DVD, Blu-ray und 3D-Blu-ray erschienen und kann via Amazon, iTunes, Google Play, Sky Ticket, Sky Go, Wuaki, Videoload, Videocity, Xbox Video, JUKE, Sony und CHILI als VoD geordert werden.
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