Die Kritiker

«Dimitrios Schulze»: Der neue Liebling räumt auf

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Er ist sympathisch, engagiert und geht nicht immer den legalen Weg: Dimtrios Schulze kämpft für seine Klienten und um die Gunst der Zuschauer. Ob es zum inoffiziellen Nachfolger des legendären Manfred Krug reicht?

Cast & Crew

  • Regie: Cüneyt Kaya
  • Darsteller: Adam Bousdoukos, Kida Khodr Ramadan, Eleonore Weisgerber, Zodwa Selele, Gizem Emre, Burak Yigit, Katharina Hauter u. a.
  • Drehbuch: Fred Breinersdorfer
  • Kamera: Ralf Noack
  • Musik: Francesco Wilking & Patrick Reising
Es war Jurek Becker, der 1986 mit Anwalt Robert Liebling aus Berlin-Kreuzberg eine Figur erschuf, die auf wundervolle Weise mit ihrem Darsteller Manfred Krug verschmolz und in 58 Episoden bis 1998 das Programm des Ersten bereicherte. Robert Liebling war neben seiner Kauzigkeit ein Kämpfer für die Schwachen - immer mit seinen ganz speziellen Methoden und stark verwurzelt im sozial spannenden und doch problematischen Berlin.

Hier fand sich nicht nur der Wandel einer geteilten Stadt hin zu einer vereinten wieder, auch das komplexe Privatleben des Anwalts mit rasch wechselnden Freundinnen und das Verhältnis zu seinen Sekretärinnen und Sozii wurde immer wieder in den Mittelpunkt gerückt.

Die Rolle des Kämpfers für Recht und Gerechtigkeit mit den ganz eigenen Methoden schrieb nun Fred Breinersdorfer unter der Regie von Cüneyt Kaya dem unter anderem aus «Kurz und schmerzlos» (1998), «Lindenstraße» (2014-2015) oder «Sibel & Max» (seit 2015) bekannten Adam Bousdoukos auf den Leib. Statt nach Berlin versetzte er die Handlung inmitten eines anderen Problembezirks: Mannheim-Jungbusch, dem Multikulti-Herz der deutschen Finanzmetropole. Ob es wirklich für ein neues «Liebling Kreuzberg» reicht, oder ob zumindest eine spannende und eigenständige Krimireihe herausgekommen ist, haben wir uns genauer angeschaut.

The story so far


Dimitrios Schulze, genannt Dimi, wird von der Kleinkriminellen Samira um Hilfe gebeten, die wiederholt Schmuck geklaut hat - ausgerechnet im Laden von Dimis Freundin Abeo. Diese ist zwar wenig begeistert von Dimis Engagement für die drogensüchtige Samira, lässt aber doch zu, dass er sie mit diversen Tricks vor der Untersuchungshaft bewahrt und sie stattdessen in die Psychiatrie einliefern lässt. Wenn Samira nun jedoch auch wirklich dort bleiben würde!

Denn eigentlich hat Dimi bereits wieder alle Hände voll zu tun mit einem neuen Fall: Bauleiterin Alexa Livrova wird des versuchten Totschlags beschuldigt - und Dimi glaubt nicht daran, handelt es sich doch bei dem Opfer ausgerechnet um einen verschlagenen Bekannten von Samira. Und als wäre das alles noch nicht genug, wittert Polizist und Dimi-Intimfeind Sultan Cakmak die Chance, den Anwalt an den Pranger zu stellen und erwirkt eine Hausdurchsuchung. Schnell steht sogar Dimis Karriere auf dem Spiel...

Weniger Liebling, mehr Fichte


Zugegeben: Irgendwie klingt das alles weniger nach «Liebling Kreuzberg», als vielmehr nach zwei anderen legendären TV-Charakteren: Dem aus der ProSieben-Reihe «Alles außer Mord» bekannten Uli Fichte alias Dieter Landuris mit seinen täglichen Dramen rund um Fälle, Freundinnen und Kumpel Dr. Frieder Tamm sowie dem aus «Breaking Bad» und «Better Call Saul» bekannten, windigen Anwalt Saul Goodman. Nicht die schlechtesten Inspirationsquellen.

Was der Pilot definitiv richtig macht, ist den zentralen Charakter in eine lebendige Welt zu setzen. Diese setzt sich aus privaten Problemchen rund um Muttis Lebensmittelladen, die nicht ganz alltägliche Wohnsituation mit Schwester, Nichte und eben jeder Mutter, seiner eifersüchtigen Freundin, Ex-Kumpel und Widersacher Sultan und die immer etwas entrückten Fälle zusammen. Auch, dass man alle Hauptfiguren konsequent mit Migrationshintergrund versah, ist der Atmosphäre zuträglich und verdient Anerkennung.

Schade nur, dass trotz allem die Krimianteile fast durchgängig von Klamauk erstickt werden, etwa wenn Dimi seine Werbetexte mit Phrasen wie "Ich bin der Bro, den ihr braucht" oder "Ich bin einer von euch, hab nur Jura studiert" bestückt und rappt. Das ist zwar im Ansatz auch irgendwie wieder ein wenig Saul Goodman, wirkt aber hier eher ungelenk und bemüht und driftet so eher in Richtung eines Helge-Schneider-Films ab. Auch das Drehbuch bleibt über die gesamte Spieldauer hölzern und wenig glaubwürdig. Gevatter Zufall spielt immer wieder eine Rolle und die Motivationen der Charaktere sind nicht plausibel herausgearbeitet. Bei Uli Fichte war dieser Klamauk klare Masche - hier wirkt die Mischung aus ernsthafter Milieu-Studie und Humor aber aufgesetzt und fehlgeleitet.

So scheitert leider erneut der Versuch, deutschen wie internationalen Vorbildern nachzueifern und dabei sogar durchaus Mut zu beweisen, an einer zu klischeehaften und letztlich nicht ausgereiften Konzeption. Potential bietet die Grundidee jedoch durchaus - sofern man für weitere Episoden die Augen vor den offensichtlichen Schwächen nicht verschließt.

Handwerkliche Fragen


In Sachen Machart bewegt sich der erste Auftritt von «Dimitrios Schulze» jedoch in für deutsche TV-Krimis gewohnten und bewährten Bahnen. Regie und Kamera überraschen zwar nicht, fangen die pulsierende Metropole aber durchaus kompetent ein und liefern so einen ganzen Batzen Lokalkolorit frei Haus. Die Schauspielleistungen schwanken nur zwischen passabel und gut - Bousdoukos macht seine Sache zwar solide, kann aber auf eine befremdliche Weise nicht gänzlich überzeugen und verliert im Vergleich klar gegen die genannten deutschen Vorbilder Manfred Krug und Dieter Landuris. Vielleicht liegt es aber auch am Buch, das weder in Hinblick auf Charme oder Witz, noch im Bereich Biss wirklich flächendeckend zu überzeugen weiß. Ambitioniert ist die Produktion durchaus, wirklich nach der Decke gestreckt hat man sich aber allerorten dann doch nicht.

Fazit


Dem neuen Anwalt im Ersten gelingt kein zufriedenstellender Auftakt. Die Figuren besitzen jedoch Ecken und Kanten, das Setting könnte zukünftig für interessante Fälle herhalten und in Sachen Präsentation muss man sich nicht verstecken. So reißt «Dimitrios Schulze» mit seinem Debüt zwar leider keine Bäume aus und landet weit abgeschlagen hinter den kultigen Vorbildern, darf aber gerne für weitere Fälle ins Programm zurückkehren. Manchmal muss eine Idee vielleicht auch einfach mal reifen dürfen.

«Dimitrios Schulze» läuft am Donnerstag, dem 2. Februar 2017 um 20.15 Uhr im Ersten.

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