Filmfacts «Timm Thaler oder das verkaufte Lachen»
- Regie: Andreas Dresen
- Drehbuch: Alexander Adolph; nach dem Roman von James Krüss
- Produktion: Oliver Berben
- Darsteller: Arved Friese, Justus von Dohnányi, Axel Prahl, Charly Hübner, Andreas Schmidt, Nadja Uhl, Fritzi Haberlandt, Jule Hermann, Bjarne Mädel, Steffi Kühnert
- Kamera: Michael Hammon, Niklas J. Hoffmann
- Kostüm: Sabine Greunig
- Ausstattung: Uli Hanisch
- Schnitt: Jörg Hauschild
- Musik: Johannes Repka
- Laufzeit: 102 Minuten
- FSK: ohne Altersbeschränkung
Diese Eindrücke mögen stimmen, aber sie decken nur einen Teil des Gesamtbildes ab. Dresen etwa kann auch fröhlichere Stoffe erzählen. «Sommer vorm Balkon» etwa, während die Tragikomödie «Whisky mit Wodka» 2009 vorführt, dass der Träger des Bundesverdienstkreuzes am Bande durchaus fähig und willens ist, eine opulentere Optik zu kreieren. Und selbst wenn viele Menschen bei der Figur Timm Thaler ausschließlich an die gleichnamige Serie mit ihren 70er-Frisuren und -Klamotten sowie der damaligen Jugendkultur denken: Ursprünglich stammt der Junge, der sein Lachen verkauft hat, aus einem Roman von James Krüss und erlebte seine Abenteuer in den 1920er-Jahren.
Der von Oliver Berben, der wiederum vor allem für seine ZDF-Eventfilme bekannt ist, produzierte Kinofilm «Timm Thaler oder das verkaufte Lachen» ist insofern die ideale Gelegenheit, um ein paar Fehleinschätzungen zu begradigen und seinen Horizont beim Genuss eines wunderschönen Familienfilms ganz nebenher zu erweitern. Während ältere Zuschauer eine neue Interpretation der «Timm Thaler»-Handlung (teils vorlagengetreuer, teils ganz eigensinnig) sowie einen außerhalb seiner Komfortzone agierenden Andreas Dresen bestaunen dürfen, werden Jüngere auf kreative Weise auf die Verführungen der habgierigen, machthungrigen, ausbeuterischen Welt da draußen vorbereitet. Und Zuschauer jeden Alters bekommen einen kurzweiligen Ausflug in eine bildhübsche, märchenhafte Filmwelt geboten …
Eine zeitlose Geschichte …
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Die Wende für Timms Schicksal scheint nah, als ihn ein geheimnisvoller Baron (Justus von Dohnányi) anspricht: Er gibt ihm auf der Pferderennbahn einen Wettschein, bei dem ein Sieg garantiert sei. Timm nimmt das Angebot an, gewinnt tatsächlich, verliert kurz darauf jedoch das Geld – haben ihn etwa der zuvorkommend auftretende Herr Behemoth (Axel Prahl) und die galante Dame Belial (Andreas Schmidt) beklaut? Zum Glück kommt der galante Baron mit einem zweiten Deal auf Timm zu: Er bietet ihm die Fähigkeit an, sämtliche Wetten zu gewinnen, sollte er einwilligen, sein Lachen an ihn zu verkaufen …
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Ist der Deal erstmal abgeschlossen, blüht Friese als Darsteller erst richtig auf: Als eingangs noch immer freundlicher, aber in seinen emotionalen Ausdrucksmöglichkeiten gehemmter, Junge gibt er eine komplexe Performance ab, die schrittweise ins Dramatische übergeht und gen Schluss jüngere Kinogänger sogar einschüchtern dürfte. Justus von Dohnányi derweil ist als übernatürlicher Baron und reichster Mann der Welt eine magnetische Leinwandpersönlichkeit, die sich in ihrer Gemeinheit sichtlich genießt und «Timm Thaler» eine etwas campige Beinote mitgibt, ohne dabei Szene für Szene in dieselbe Kerbe zu schlagen. Auch Jule Hermann (die in «Wendy» recht mau agiert) hinterlässt einen positiven Eindruck, genauso wie Axel Prahl und Andreas Schmidt als diabolische Handlanger-Chaoten mit Herz. Die gute Seele des Films ist jedoch Charly Hübner, der als Hotelangestellter Timm Thalers Geheimnis auf die Schliche zu kommen droht – Dresen und Drehbuchautor Alexander Adolph lassen es zunächst im Unklaren, ob dies für Timm gut oder schlecht wäre, Hübner aber verleiht dessen ungeachtet sämtlichen seiner Szenen einen spitzbübischen Charme.
… und ihre märchenhafte, anachronistische Aufmachung
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Sowohl die Welt, in der sich die Figuren bewegen, als auch ihre Kleidung sind zunächst „dunkelbunt“: Ansprechend abgestimmte Erdtöne, Wärme ausstrahlende Woll- und Tweedkleidung und diverse Holztöne kreieren einen armen, nicht jedoch deprimierenden Anfangspunkt für Timms Geschichte, während sein Ort der Sehnsucht, das prächtige Grand Hotel, mit seinem farblichen Mix aus Gold, Rot, Weiß und Orange sowie ästhetischen Anleihen an das Viktorianische Zeitalter und die 70er eine bewusst zeitlose Vorstellung von Wohlstand vorlebt.
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Fazit: Gute Schauspielleistungen und tolle Produktionswerte machen aus dieser ideenreichen «Timm Thaler»-Adaption einen der besten deutschen Kinderfilme der letzten Jahre.
«Timm Thaler oder das verkaufte Lachen» ist ab dem 2. Februar 2017 in vielen deutschen Kinos zu sehen.
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